# taz.de -- Studie zu Terroristen in Onlinespielen: Das zweite Leben des Osama … | |
> Bin Laden könnte unsterblich werden und Terroristen vernetzen sich in | |
> „Second Life“: Eine Studie machte US-Spionen 2008 Angst vor dem Netz. | |
Bild: Virtueller Bin Laden auf dem Weg zur Weltherrschaft | |
BERLIN taz | Osama Bin Laden könnte ewig leben. Eine Horrorvorstellung. | |
Zumindest für US-Geheimdienste im Jahr 2008. Damals ist Bin Laden noch | |
verschwunden und der Hype um „Second Life“ noch nicht ganz abgeklungen. | |
Eine Studie im Auftrag des Direktors der US-Nachrichtendienste [1][warnt | |
damals] (.pdf, 22 MB), dass Bin Laden in virtuellen Onlinewelten | |
„jahrhundertelang“ weiterpredigen könne. „Stellen Sie sich vor, dass | |
Unterstützer von Dschihadisten einen detaillierten Avatar von Osama Bin | |
Laden erstellen“. | |
Befeuert von einem Medienhype wird „Second Life“, eine dreidimensionale | |
Onlinewelt, 2007 von vielen Menschen für die Zukunft des Internets | |
gehalten. Websites, das würden in Zukunft virtuelle Gebäude sein, und | |
Menschen würden als kleine dreidimensionale Figuren – „Avatare“ genannt … | |
von einem zum anderen spazieren. Sie würden sich in einer virtuellen Welt | |
informieren, unterhalten, einkaufen, spielen. Das war die Fantasie. | |
Und die Terroristen? Mit dem Medienhype kam damals auch die Angst. In | |
Second Life, so wurde kolportiert, würden sie fiese Pläne schmieden, Geld | |
einsammeln, Waffentraining veranstalten – und [2][sogar Gewehre kaufen]. | |
Was diese virtuellen Pixelwaffen anstellen sollten, war schon [3][damals | |
nicht klar]. Dennoch verbrachten Spione aus den USA und aus Großbritannien | |
offenbar [4][einige Zeit in virtuellen Welten] auf der Suche nach echten | |
Terroristen. | |
Osama Bin Laden ist seit 2011 tot. Second Life ist eigentlich schon länger | |
tot. Schon zu Zeiten des Hypes war die Onlinewelt nicht so richtig | |
funktional: Die Grafik ruckelte und das Programm stürzte ab, wenn mehr als | |
50 Menschen sich in derselben Gegend befanden. 2007 kauften Hunderte Firmen | |
noch virtuelles Land und glaubten vorausschauend investiert zu haben. Die | |
Grundstücke lagen [5][zwei Jahre später] weitgehend brach. | |
## Fantasien über Extremisten | |
Ob sich ein Terrorist jemals in Second Life aufgehalten hat, ist nicht | |
sicher. Der Bericht der Geheimdienste jedenfalls ist zum größten Teil | |
Fantasie. Beispielsweise spekulieren die Autoren, dass sich Unterstützer | |
von Dschihadisten am Lincoln-Denkmal in Washington versammeln könnten und | |
mit „iGlasses“ – einer ausnahmsweise präzisen Vorahnung von Google Glass… | |
einen Avatar von Bin Laden auf die Stufen projizieren könnten. Freilich nur | |
für sich selbst sichtbar. | |
Oder – andersherum – könnte in einer virtuellen Welt die Kaaba, das | |
muslimische „Haus Gottes“, nachgebaut und geschändet werden und das | |
wiederum führe möglicherweise zu globalen Protesten von Muslimen. Und | |
beschere Dschihadisten neuen Zulauf. Der Bericht schließt dann selbst auf | |
Seite 59, dass es „wenige Belege dafür gibt, dass militante islamistische | |
oder dschihadistische Gruppen die Möglichkeiten virtueller Welten extensiv | |
ausnutzen“. | |
Nein, die Gefahr lauert woanders. Nämlich links. Konkret wird es nämlich im | |
Anhang 8, in dem eine Vielzahl „extremistischer Präsenzen“ identifiziert | |
wird: Anarchisten, Sozialisten und Gewerkschaften. Die schwedische | |
kommunistische Partei wird genannt, die Anarcho-Syndikalisten und die | |
Gewerkschaft „Avatar Workers Union“. Allerdings kommt der Bericht wenige | |
Zeilen später schon selbst auf den Gedanken, dass einige Gruppen wohl Späße | |
von gelangweilten Second-Life-Nutzern sein könnten. | |
## Nicht nachprüfbar, nicht überwachbar | |
Konkret wird es dann im Anhang 9, indem die Autoren zeigen, was sie können: | |
Virtuelle Welten, so ihre These, könnten genutzt werden, um reale Angriffe | |
zu üben. Wie funktioniert das? Auf mehreren Seiten beschreiben die Autoren, | |
wie ein Angriff auf ein Hotel simuliert werden könnte: Grundriss von Google | |
Maps, andere Details von Street View und Flickr zusammengesammelt, in einem | |
3D-Programm modelliert und mit einer Schwarzkopie des Ego-Shooters Unreal | |
Tournament den Angriff simulieren. | |
Ob das jemand jemals so gemacht hat, ist nicht nachprüfbar. Aber möglich | |
ist es. | |
10 Jan 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.fas.org/irp/eprint/virtual.pdf | |
[2] http://www.theaustralian.com.au/news/features/virtual-terrorists/story-e6fr… | |
[3] http://www.salon.com/2008/02/25/avatars_2/ | |
[4] http://www.nytimes.com/2013/12/10/world/spies-dragnet-reaches-a-playing-fie… | |
[5] http://www.zeit.de/digital/games/2009-12/second-life-untergang | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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