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# taz.de -- „Empörte“ gewinnen in Burgos: Sieg über ein korruptes System
> Umbaupläne für eine Straße in Burgos haben halb Spanien in Aufruhr
> versetzt. Nun musste der Bürgermeister das Projekt stoppen.
Bild: Anwohner beim Protest gegen den Umbau der Victoriastraße in Burgos.
MADRID taz | Spaniens „Empörte“ haben einen Grund zum Feiern. Am
Freitagabend trat der Bürgermeister von Burgos, Javier Lacalle, vor die
Presse und verkündete das Aus für den umstrittenen Umbau einer vierspurigen
Straße zum Boulevard im Arbeiterviertel Gamonal. Die Menschen aus dem
Gamonal waren eine Woche lang zu Tausenden auf die Straße gegangen, um zu
verhindern, dass die Baumaschinen ihre Arbeit aufnehmen. Der Umbau sollte 8
Millionen Euro kosten. „Wir haben den endgültigen Baustopp beschlossen“,
erklärte das konservative Stadtoberhaupt. Das sei im Sinne des friedlichen
Zusammenlebens geschehen.
„Der Stadtteil hat andere Notwendigkeiten als den Umbau einer Straße“,
hatten sich die Anwohner immer wieder beschwert. Die Stadtverwaltung
versuchte daraufhin, mit Bereitschaftspolizei den Widerstand zu brechen.
Vergebens. Als es auch in anderen Städten zu Solidaritätskundgebungen und
Scharmützeln mit Sondereinsatzkommandos kam, gab Lacalle nach.
Im Gamonal und in zahlreichen spanischen Städten gingen daraufhin erneut
Tausende auf die Straße, um den Erfolg zu feiern und den Rücktritt des
Bürgermeisters sowie die Einstellung der Verfahren gegen festgenommene
Demonstranten zu fordern. Die Polizei schritt abermals mit Gewalt ein.
Das Projekt sah neben dem Umbau zum Boulevard mit einem Mittelstreifen mit
Bäumen ein unterirdisches Parkhaus vor. Wer bisher kostenlos am Straßenrand
seinen Wagen abstellte, sollte künftig für einen Stellplatz zur Kasse
gebeten werden. Doch was die Menschen im Gamonal am meisten aufbrachte,
sind die fehlenden Investitionen im Sozialbereich. So soll ein Kindergarten
stillgelegt werden, weil 13.000 Euro für die Reparatur des Gebäudes
fehlten.
## Verflechtung von Politik und Industrie
Für die Protestierenden ist es der Sieg über ein durch und durch korruptes
System. Mit dem millionenteuren Umbau war der Bauunternehmer Antonio Miguel
Méndez Pozo beauftragt worden, obwohl er nicht das billigste Gebot
abgegeben hatte. Der 69-Jährige ist kein Unbekannter in Burgos und in der
Region Castilla-León. Méndez Pozo ist ein Beispiel für die Verflechtung von
Politik und Bauindustrie. Er wurde 1994 als erster Bauunternehmer wegen
Korruption zu sieben Jahren Haft verurteilt. Nach nur sieben Monaten kam er
wieder auf freien Fuß und machte weiter wie gehabt.
Méndez Pozo hat sich neben seinen Baufirmen ein Imperium von 62 Unternehmen
aufgebaut. Ihm gehören eine Nachrichtenagentur und sieben Lokalzeitungen.
Außerdem ist er mit 50 Prozent am regionalen Fernsehen von Castilla-León
beteiligt.
Mit seinem lokalen Zeitungsmonopol setzt er gezielt Politiker unter Druck.
Gute Verbindungen zu den regionalen Parteizentralen beider großen Parteien
taten ein Übriges. Selbst der ehemalige spanische Regierungschef José María
Aznar gehört zu seinem engen Freundeskreis. Jüngst wurde bekannt, dass
Méndez Pozo 2007 damit scheiterte, in Albacete Äcker in Bauland
umzuwandeln. Der sozialistische Bürgermeister, der ihm das verweigert
hatte, wurde kein Jahr später von der regionalen Parteizentrale zum
Rücktritt gezwungen.
Die Krise ging auch am Imperium Méndez Pozo nicht spurlos vorbei. Seit Ende
des Baubooms haben die Unternehmen Schulden von insgesamt 1,3 Milliarden
Euro angehäuft. In Burgos soll eines seiner Unternehmen jetzt als
Entschädigung für den Baustopp eine halbe Million Euro erhalten.
20 Jan 2014
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Protest
Schwerpunkt Korruption
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