# taz.de -- NPD-Klage abgewiesen: Provokation bleibt Provokation | |
> Während einer NSU-Gedenkdebatte im Schweriner Landtag standen NPDler auf | |
> und schwatzten in der Ecke. Dafür wurden sie jetzt zurecht gemaßregelt. | |
Bild: Nichts los, rechtsaußen. | |
KARLSRUHE taz | Die NPD-Fraktion von Mecklenburg-Vorpommern wurde vor einem | |
Jahr für ihr Verhalten während einer Debatte über den NSU-Terror zurecht | |
getadelt. Das entschied an diesem Mittwoch das Verfassungsgericht des | |
Landes in Greifswald. Die Rechtsradikalen waren im Landtag aufgestanden und | |
beiseite getreten, als die Namen der Opfer des NSU-Terrors verlesen wurden. | |
Der Vorfall spielte sich im Dezember 2012 im Schweriner Landtag ab. Die | |
Abgeordneten debattierten über einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen von | |
CDU, SPD, Grünen und Linken. Darin wurde den Angehörigen und Freunden der | |
Terror-Opfer die Solidarität der Landespolitik versichert. Der | |
CDU-Abgeordnete Wolf-Dieter Ringguth sagte: „Wir gedenken heute der Opfer | |
und zum Gedenken gehört das Erinnern, das Erinnern an jeden einzelnen | |
Menschen, der Opfer wurde.“ | |
Als er begann, die Namen der zehn Ermordeten vorzulesen, verließen die | |
Abgeordneten der NPD-Fraktion ihre Plätze und zogen sich in eine | |
Fensternische des Plenarsaals zurück. Gegenüber der Presse erklärte die NPD | |
ihren Protest damit, dass deutsche Opfer von Verbrechen weniger | |
Aufmerksamkeit bekämen als Ausländer. | |
Am nächsten Sitzungstag erteilte Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider | |
(SPD) den Abgeordneten einen nachträglichen Ordnungsruf. „Sie haben durch | |
ihr demonstratives Verhalten in provokativer Weise Ihre Missachtung | |
gegenüber den Opfern der neofaschistischen Terrorbande NSU zum Ausdruck | |
gebracht und damit das Ansehen und die Würde des Hauses verletzt.“ | |
Gegen diesen Ordnungsruf legte der NPD-Abgeordnete Stefan Köster eine | |
Organklage beim Landesverfassungsgericht von Mecklenburg-Vorpommern ein. Es | |
habe sich nicht um eine vorsätzliche Provokation gehandelt, man habe nur | |
„dringende parlamentarische Angelegenheiten“ zu besprechen gehabt. | |
## Rücksichtnahme verlangt | |
Die sieben Greifswalder Verfassungsrichter lehnten die Klage nun einstimmig | |
ab. Die Ordnungsmaßnahme sei nicht zu beanstanden. Zwar habe es sich nicht | |
um eine offizielle Gedenkveranstaltung gehandelt, wie manche Medien | |
berichteten. Der Ernst des Debattenthemas hätte jedoch den Verzicht auf | |
„störend wirkendes Verhalten im Plenarsaal“ erfordert. Das Verhalten der | |
NPDler sei gerade wegen seiner „demonstrativ wirkenden Form“ zurecht | |
beanstandet worden. In dieser Situation sei mehr „Rücksichtnahme“ | |
erforderlich gewesen. | |
Die Richter werteten ausdrücklich nur das äußere Verhalten der | |
Abgeordneten, nicht den möglichen Inhalt ihrer Aktion. Schließlich hätten | |
die NPDler vor Gericht selbst bestritten, dass der Vorfall politisch | |
gemeint war. Hintergrund: Bei Ordnungsrufen gegen | |
parlamentarisch-politische Äußerungen sind die verfassungsrechtlichen | |
Anforderungen strenger – auch um die Freiheit der Minderheit vor Schikanen | |
der Mehrheit zu schützen. | |
Der NPD-Fraktionsvorsitzende Udo Pastörs, der inzwischen zum | |
NPD-Parteivorsitzenden gewählt wurde, war bei der Aktion seiner Kameraden | |
nicht dabei. Er war zuvor schon wegen eines rassistischen Zwischenrufs von | |
der Sitzung ausgeschlossen worden. In einem zweiten Urteil lehnte das | |
Landesverfassungsgerichts eine Klage Pastörs gegen den Ausschluss ab. Er | |
hatte den Beitrag eines aus dem Irak stammenden Abgeordneten der Linken mit | |
den Worten kommentiert: „Blühende Phantasie eines aus dem Orient | |
Zugereisten“. | |
23 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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