# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Europäische Armee ist eine Vision“ | |
> Dass die EU-Staaten gemeinsame Streitkräfte bilden, torpediere die | |
> „Zivilmacht“ Europa, findet der Linke Jan van Aken. Franz Josef Jung | |
> sieht das anders. | |
Bild: Bundeswehrsoldat in Mali: „Deutschland unterstützt bereits die Bemühu… | |
Der ehemalige Verteidigungsminister und CDU-Bundestagsabgeordnete Franz | |
Josef Jung spricht sich für eine gemeinsame europäische Armee aus, hält | |
deren Umsetzung zurzeit allerdings für wenig realistisch. „Eine europäische | |
Armee ist eine Vision“, schreibt Jung in der taz.am wochenende vom 25./26. | |
Januar, „für die aber derzeit die politische Grundlage fehlt.“ Er halte ein | |
europäisches Engagement in Mali und Zentralafrika für richtig. „Deutschland | |
unterstützt bereits die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, Mali | |
zu stabilisieren“, stellt Jung fest. | |
Erst in dieser Woche hatte die Bundesregierung beschlossen, Frankreich bei | |
seinem Einsatz in Mali militärisch zu unterstützen, damit das Nachbarland | |
Kräfte für den Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik gewinnen kann. | |
Dass Deutschland selbst Truppen nach Zentralafrika entsendet, sei nicht | |
vorgesehen, stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag noch | |
einmal klar. | |
Bisher kooperieren die europäischen Staaten militärisch etwa über | |
multinationale Einrichtungen wie die EU Battlegroups, die seit 2005 | |
einsatzbereit gehaltene Eingreiftruppe, oder das Europäische | |
Lufttransportkommando. | |
Der Linken-Abgeordnete Jan van Aken lehnt eine europäische Armee ab. Der | |
Bundestagsabgeordnete und ehemalige Biowaffeninspektor der UN, fürchtet | |
dadurch eine weitere Militarisierung der EU. „Wer wie ich ein friedliches | |
Europa, eine 'Zivilmacht Europa' will, braucht zivile Kapazitäten, um der | |
gewaltsamen Eskalation von Krisen vorzubeugen und die Ursachen gewaltsamer | |
Konflikte zu beseitigen“, schreibt van Aken im aktuellen sonntaz-Streit. | |
Eine friedensorientierte EU-Außenpolitik brauche Fachkräfte zur | |
friedlichen, gewaltfreien Vorbeugung und Lösung von Konflikten, durch einen | |
Europäischen Zivilen Friedensdienst etwa. | |
Hilmar Linnenkamp vom politischen Thinktank Stiftung Wissenschaft und | |
Politik (SWP) sieht in der Einrichtung einer europäischen Armee die Gefahr, | |
„dass 28 eigenständige Verteidigungsminister und Regierungschefs | |
unweigerlich Verschwendung in skandalösem Umfang zulassen.“ Die Wege aus | |
diesem Dickicht von Macht und Interessen seien mühselig, stellt der frühere | |
Vizechef der Europäischen Verteidigungsagentur fest. | |
## Effektive gemeinsame Streitkräfte | |
Für Linnenkamp sind nationale Armeen Symbole der Souveränität von Staaten, | |
Garanten der Unabhängigkeit und Zeichen von Macht. Er vergleicht ihre | |
Funktion mit der nationaler Währungen. „Europa, jedenfalls eine Avantgarde | |
der Union, hat sich seit dem Zusammenbruch des dollardominierten | |
Weltwährungssystems Anfang der 1970er Jahre Schritt für Schritt auf eine | |
europäische Währung zu bewegt.“ | |
Inzwischen repräsentiere der Euro gemeinschaftliche Solidarität und Macht, | |
es habe allerdings 30 Jahre wechselhafter Anstrengungen gebraucht, dieses | |
zentrale Instrument gesicherter Stabilität zu schaffen. Kaum schneller | |
werde es zu einer europäischen Armee vorangehen. | |
Gemeinsame Streitkräfte könnten manches einfacher und effektiver machen, | |
argumentiert dagegen Norbert Frei, Professor für Neuere und Neueste | |
Geschichte an der Universität Jena. „An die Stelle von Ad-hoc-Kooperationen | |
in humanitären Krisenfällen und 'Koalitionen der Willigen' träte ein | |
demokratisch institutionalisierter außen- und verteidigungspolitischer | |
Willensbildungsprozess“, schreibt er im sonntaz-Streit. Der könne sich auf | |
das Zusammenwachsen und die globale Wahrnehmung Europas positiv auswirken. | |
Dass eine gemeinsame Armee einen Gewinn für die Demokratie bedeutet, daran | |
zweifelt taz-Leser Friedemann Bretschneider: „In einer nur unzureichend | |
demokratisierten EU wäre die Armee somit gewissermaßen ein | |
'unkontrollierter Staat in einem unkontrollierten Staat' - eine wahrlich | |
wenig behagliche Vorstellung.“Deshalb glaubt er, dass diese höchstens am | |
Ende eines langen europäischen Demokratisierungsprozesses stehen könnte. | |
Die Streitfrage beantworteten außerdem Rainer Arnold, | |
Verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Angelika Beer | |
von den Piraten, Jan van Aken, Abgeordneter der Linkspartei, war | |
UN-Biowaffeninspektor, Ronja Kempin, Außenpolitikexpertin der Stiftung | |
Wissenschaft und Politik und taz-Leser Julian Schraven und Bastian Stein – | |
[1][//Der:in der taz.am wochenende vom] [2][25][3][./][4][26][5][. Januar.] | |
25 Jan 2014 | |
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## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
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