| # taz.de -- NSU-Aufarbeitung in Berlin: Und noch ein Spitzel | |
| > Der Berliner Polizeichef räumt indirekt ein, einen weiteren V-Mann mit | |
| > NSU-Bezug geführt zu haben. Genaues sagt er nicht: Es bestehe | |
| > „Vertrauensschutz“. | |
| Bild: Hat schon wieder ein Problem: der Berliner Polizeipräsident Klaus Kandt. | |
| BERLIN taz | Wieder geraten die Sicherheitsbehörden im NSU-Komplex in | |
| Erklärungsnot. Am Montag räumte der Berliner Polizeipräsident Klaus Kandt | |
| indirekt ein, dass sein LKA einen weiteren V-Mann mit NSU-Bezug führte: | |
| Nick G., einst ein stramm militanter Neonazi. | |
| Der 36-Jährige, ein bulliger Glatzkopf, gibt sich heute als Aussteiger. Im | |
| Dezember hatte er selbst in einem Internetvideo von einem Treffen mit zwei | |
| Berliner LKAlern Ende Oktober in Thüringen erzählt. Polizeichef Kandt sagte | |
| im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses, er kenne G.s Video seit Freitag. | |
| Auch räumte er ein, dass LKA-Beamte in Thüringen waren. Dass sie dort mit | |
| G. einen früheren V-Mann besuchten, bestätigte er nicht. Vielsagend aber | |
| sprach er von einem noch bestehenden „Vertrauensschutz“, den man aufzuheben | |
| versuche. „Dann können wir offen darüber reden.“ | |
| Der Fall ist heikel, weil G. als aggressiver Neonazi galt, der mehrere | |
| Jahre in Haft saß, weil er etwa einem Schwarzen ein Ohr abriss. Für die | |
| Berliner offenbar kein Hindernis, ihn anzuwerben. Zum anderen berichtet G. | |
| in dem Video, die LKAler hätten mit ihm über seinen damaligen | |
| Gesinnungsgenossen Carsten S. gesprochen. Auch der war in den Neunzigern | |
| eine Neonazigröße, später V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes | |
| alias „Piatto“. Zusammen mit Nick G. wurde er für einen geplanten | |
| Rohrbombenanschlag auf Antifa-Mitglieder verurteilt. | |
| Brisant: Carsten S. unterhielt auch Kontakte ins NSU-Umfeld, berichtete | |
| davon auch den Behörden. So schilderte er 1998, dass das untergetauchte | |
| NSU-Trio Waffen suche und einen Überfall plane. Auch benannte er einen | |
| Kontaktmann zum Trio. Den Fahndern aber half das nicht. | |
| ## Schweigen über den V-Mann? | |
| Nick G. behauptet nun, die Berliner LKAler hätten ihm aufgetragen, nicht | |
| über Carsten S. vor Untersuchungsausschüssen auszusagen. Auch hätten diese | |
| ihm versichert, Akten mit Verweisen auf „Piatto“ und ihn „so gut es ging�… | |
| geschwärzt zu haben. | |
| Polizeichef Kandt wies das am Montag zurück: Keine Maßnahme seiner Behörde | |
| habe das Ziel gehabt, „einen Untersuchungsausschuss zu behindern“. Sein | |
| Staatsschutz-Chef, Oliver Stepien, deutete an, dass das Treffen dazu | |
| gedient habe, Nick G. über eine „Gefährdung“ zu informieren. | |
| Grüne, Linke und Piraten sprachen im Ausschuss dennoch von einer „erneuten | |
| Bombe, die geplatzt ist“. Seit vergangenem August haben die Abgeordneten | |
| Einsicht in V-Mann-Akten der Berliner Polizei. Bereits im Herbst 2012 | |
| musste die Berliner Polizei zugeben, jahrelang einen NSU-Bekannten als | |
| Spitzel geführt zu haben: den Sachsen Thomas S. Der war kurz mit Beate | |
| Zschäpe liiert, half dem Trio beim Untertauchen und brachte ihm später ein | |
| Kilo TNT. Seinen V-Mann-Führern erzählte er dies nicht, gab nur einen | |
| Hinweis auf einen vermeintlichen Kontaktmann der Abgetauchten. Selbst | |
| dieser Tipp versandete. | |
| ## Ermittlungsversagen immer größer | |
| Mit Nick G. würde die Zahl der V-Männer im NSU-Umfeld weiter steigen – und | |
| damit das Ermittlungsversagen, dass trotz der Zuträger die NSU-Mordserie | |
| nicht gestoppt wurde. | |
| Die Berliner Abgeordneten haben nach dem Wirbel um Thomas S. seit | |
| vergangenem August Einsicht in V-Mann-Akten der Berliner Polizei, insgesamt | |
| 40 Aktenordner. Die Grüne Clara Herrmann nannte für Nick G. im Ausschuss | |
| auch eine interne Führungsnummer: „VP 598“. Polizeipräsident Kandt wollte | |
| dies nicht kommentieren. Er will die Parlamentarierer am Donnerstag genauer | |
| informieren – vertraulich. | |
| 27 Jan 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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