# taz.de -- Kolumne Anstoßpunkt: „Wir sind Koma!“ | |
> GroKo und Tiefschneeunfallberichterstattung: Es gibt viele gute | |
> Argumente, warum die Fußball-Bundesliga auf die Winterpause verzichten | |
> sollte. | |
Bild: Der wahre Fan des F1-Rekordweltmeisters trägt sein Idol auf der Haut | |
Na, das war ja mal eine Winterpause. Kaum stellte die Bundesliga ihren | |
Spielbetrieb ein, stimmte die SPD-Basis dafür, mit der CDU eine große | |
Koalition zu bilden, worauf die Bild-Zeitung sich selbst zur Apo erklärte | |
und gleich darauf den Beweis antrat, was sie damit meinte: Die nicht enden | |
wollende, Titelseiten füllende Suche nach der Helmkamera eines beim | |
Skifahren verunglückten Im-Kreis-Fahrers. Fast schon sehnsüchtig wartete | |
man auf die Schlagzeile: „Wir sind Koma!“ | |
Was aber nicht passierte, weil nämlich die Frau dieses Benzinvergeuders die | |
Presse darum bat, die nicht enden wollende, Titelseiten füllende | |
Belästigung ihrer Familie einzustellen, worauf die Presse nicht enden | |
wollend und Titelseiten füllend darüber berichtete, dass die Frau die | |
Presse darum bat, die nicht enden wollende, Titelseiten füllende | |
Belästigung ihrer Familie einzustellen. Es gibt Amöben, die mehr Empathie | |
besitzen als Gehaltsempfänger der Bild-Zeitung. Wobei alles, was mit dem | |
Namen Axel Springer verbunden ist, eigentlich gar nicht mehr existieren | |
dürfte, wenn eine Apo auch tatsächlich ein erfolgversprechendes Modell | |
wäre. | |
Glücklicherweise muss aber die Familie dieses | |
Allrad-getriebenen-Steueroptimierers über gute Kontakte in die deutsche | |
Politik verfügen, denn welches Gebäude befindet sich in Berlin zwischen | |
Reichstag und Bundeskanzleramt? Richtig – die Schweizer Botschaft. Und so | |
muss wohl ein Alphorn geblasener Hilferuf bei Angela Merkel auf offene | |
Ohren gestoßen sein, die anscheinend versprach, die Schlagzeilen der | |
Titelseiten umgehend auf ähnlich sportive Weise zu füllen, wie besagter | |
Gaspedaldurchtreter es geschafft hat. | |
Zugegeben, dass eine große Koalition der Bundeskanzlerin das Leben zur | |
Hölle machen würde, war mir ja von vornherein klar. Und dass dann Horst | |
Seehofer endlich die Frage klärte, wie er anreist, wenn er in Berlin sein | |
uneheliches Kind besucht („Wer betrügt, der fliegt“) und Ronald Pofalla die | |
Bilanz der deutschen Bahn als schwarze Null aufhübschen wollte, sorgte dann | |
ebenfalls nicht enden wollend für gefüllte Titelseiten. | |
## Leider nur ein Skiunfall | |
Aber erst als ich nur drei Wochen nach Unterzeichnung des | |
Koalitionsvertrages die Nachricht vernahm: „Angela Merkel gestürzt“ war ich | |
über die Courage von Sigmar Gabriel zu diesem frühen Zeitpunkt doch | |
angenehm überrascht. Bis sich dann leider herausstellte, dass es sich um | |
einen Unfall beim Skilaufen handelte, und das, obwohl Frau Merkel niemals | |
zuvor mit einem Auto im Kreis fuhr. Auf die Auswertung der Helmkamera | |
wartete man dabei leider vergebens. | |
Regierungssprecher Steffen „Ich-rede-wie-ich-heiße“ Seibert verkündete da… | |
auch sogleich, dass Angela Merkel voll handlungs- und kommunikationsfähig | |
sei. Was nach acht Jahren im Bundeskanzleramt ja auch langsam mal Zeit | |
wurde. Früher half ein Klaps auf den Hinterkopf, unsere Bundeskanzlerin | |
brauchte dazu einen Bruch des Beckens. Die Titelseite: „Merkel aus Koma | |
erwacht!“ blieb uns die Bild-Apo allerdings schuldig. | |
Was aber auch nicht mehr nötig war, denn dann folgte das nicht enden | |
wollende, Titelseiten füllende Outing eines ehemaligen professionellen | |
Balltreters. Was einen befreundeten Homosexuellen dazu verleitete, mir zu | |
sagen: „Ob ein Fußballspieler schwul ist, kann dir als Hete doch am Arsch | |
vorbei gehen.“ Worauf ich erwiderte: „Stimmt. Die Frage ist nur, wie weit.�… | |
Entscheidend ist nämlich nicht, wie viele Fußballer homosexuell sind, | |
sondern wie viele Fußballfans homophob. | |
## Erotische Phantasien | |
Unter der Gürtellinie verortete Chöre, um einen Gegner zu verunsichern, | |
gehören auf jedem Fußballplatz zum Repertoire der gehobenen Fankultur. Dass | |
z.B. ein Ball abschlagender Torwart ein Enddarmausgang und onanierendes | |
Kind einer Prostituierten sei, lässt dabei jedoch weniger Rückschlüsse auf | |
die tatsächliche Privatsituation besagten Schlussmannes zu, als vielmehr | |
auf die erotischen Phantasien der Absender. | |
Man durfte bei Letztgenannten auch ein anscheinend latentes Bedürfnis nach | |
intimen Parkplatzkontakten mit Manfred Amarell vermuten, als aus dem | |
Fanblock lautstark zu hören war, man wüsste, wo dessen Auto steht. Freud | |
hätte seine Freude gehabt. | |
Ich warte jetzt noch darauf, dass endlich Thomas Hitzlsbergers Helmkamera | |
gefunden wird. Vielleicht geht aber auch Sebastian Vettel demnächst noch | |
Ski fahren. Ist Ronald Pofalla eventuell schwul? Cristiano Ronaldo hetero? | |
Oder Horst Seehofer monogam? Nichts Genaues weiß man nicht, außer eines: | |
Wenn uns all diese Titelseiten ohne Winterpause erspart geblieben wären, | |
wird es höchste Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, die Bundesliga ab | |
sofort durchspielen zu lassen. Bis dahin, Glück auf! | |
HG Butzko ist Kabarettist, Kleinkunstpreisträger und im Nebenberuf | |
fußballbekloppt | |
30 Jan 2014 | |
## AUTOREN | |
HG Butzko | |
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