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# taz.de -- Kündigung gegen Raucher unwirksam: Noch eine Zigarette mit Herrn A…
> Der berühmteste Raucher nach Altkanzler Helmut Schmidt wird wohl doch
> nicht aus seiner Wohnung fliegen. Der Grund: ein Formfehler bei der
> Kündigung.
Bild: Mieter Friedrich Adolfs in seiner Wohnung bei seiner Lieblingsbeschäftig…
DÜSSELDORF taz | Als Friedhelm Adolfs am Donnerstagmorgen das Düsseldorfer
Landgericht verlässt, steckt er sich erst mal eine Zigarette an. „Ich bin
sehr zufrieden“, sagt der 75-Jährige. Er wird sich wohl keine neue Bleibe
suchen müssen. Die zu seiner Unterstützung gekommenen Raucheraktivisten
klopfen ihm auf die Schulter.
Der Kampf gegen die Kündigung seiner Wohnung hat aus dem einsamen Witwer
den zweitprominentesten Glimmstängelfan Deutschlands gemacht – nach Helmut
Schmidt. Adolfs hat sich einen Button mit dem Konterfei des Altkanzlers an
die graue Anzugjacke geheftet. „Wir sind Helmut“ steht darauf. „Der qualmt
ja auch weiter“, sagt der hagere Mann mit dem angegilbten Vollbart. „Der
lässt sich das auch nicht verbieten.“
Keine halbe Stunde verhandelte die 21. Zivilkammer des Landgerichts über
seine Berufung gegen das Räumungsurteil der Vorinstanz. Ende Juli 2013
hatte das Amtsgericht festgestellt, dass dem passionierten Raucher zu Recht
die Wohnung fristlos gekündigt worden sei.
Das sieht das Landgericht offensichtlich anders. Nach derzeitigem
Beratungsstand halte die Kammer die Kündigung aus formellen Gründen für
unwirksam, sagte der Vorsitzende Richter Ralf Wernscheid. Sein endgültiges
Urteil will das Gericht am 13. März verkünden.
## Platz für lukrativen Wohnraum
Seit mehr als vierzig Jahren lebt Adolfs in einer kleinen Parterrewohnung
im Düsseldorfer Zooviertel. Im Januar 2013 hatte ihm seine Vermieterin
Brunhilde L. fristlos gekündigt und die Räumungsklage eingereicht. Die
Begründung: Der frühere Hausmeister habe „die Grenzen des vertragsmäßigen
Gebrauchs“ erheblich überschritten und „das Gebot der gegenseitigen
Rücksichtnahme“ verletzt. Aus seiner Mietwohnung sei „permanent ein im
gesamten Treppenhaus wahrnehmbarer unerträglicher und
gesundheitsschädlicher Zigarettenrauch“ herausgeströmt.
Adolfs bestreitet die Vorwürfe. Er würde ausreichend lüften. Außerdem sei
er schon immer starker Raucher gewesen. Bis zum Tod seiner Frau hätten sie
sogar gemeinsam kräftig gequalmt, ohne dass sich jemand daran gestört habe.
Sie starb vor wenigen Jahren an Krebs. Adolfs hält die Kündigungsbegründung
für vorgeschoben. Nach seiner Überzeugung soll er entmietet werden, um
Platz für einen lukrativen Büroraum zu machen.
In der ersten Instanz vor dem Amtsgericht war vieles schiefgelaufen für den
alten Mann. Seine damalige Anwältin wirkte überfordert. Das machte es
Amtsrichter Tobias Rundel leicht, sich der Auffassung der Vermieterseite
anzuschließen. Adolfs Rauchverhalten stelle „eine ebenso erhebliche wie
gänzlich überflüssige Verletzung des Mietvertrages“ dar, befand er.
Bei der Berufungsverhandlung, in die Adolfs mit einem neuen Anwalt gezogen
ist, zeigte sich der Vorsitzende Richter Ralf Wernscheid weit weniger
überzeugt von dieser Argumentation. Es sei fraglich, ob der Beweisvortrag
der Klägerin ausreichend sei, sagte er.
## Lieber Fenster auf
Darauf käme es allerdings gar nicht an. „Zwischen Abmahnung und Kündigung
verging mehr als ein Jahr“, stellte Wernscheid fest. Das sei eine zu große
Zeitspanne. Deshalb halte die Kammer sowohl die fristlose als auch die
fristgemäße Kündigung für unwirksam. Dieser Aspekt hatte in der Vorinstanz
keine Berücksichtigung gefunden.
Bis Mitte Februar hat die Vermieterseite Zeit für eine Stellungnahme.
Adolfs Anwalt Martin Lauppe-Assmann ist nach der Verhandlung überzeugt,
dass sein Mandant gewinnen wird. Ausgestanden sei der Fall aber wohl nicht.
„Es besteht die Gefahr, dass er erneut gekündigt wird“, warnt
Lauppe-Assmann. Er empfiehlt: „Immer Fenster auf!“.
30 Jan 2014
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
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