| # taz.de -- Kolumne Wutbürger: Unter Smartphone-Zombies | |
| > Es heißt, Frauen über 50 würden aussortiert. Privat und im Beruf. Dabei | |
| > ist es längst unser aller Schicksal. Weil jeder nur noch auf sein Telefon | |
| > starrt. | |
| Bild: Nur noch Augen fürs Smartphone – in diesem Moment auch Boris Becker, d… | |
| Bascha Mika beschreibt in ihrem neuen Buch die Diskriminierung von älter | |
| werdenden Frauen in unserer Gesellschaft. Kaum fünfzig geworden, drohe | |
| ihnen das Schicksal, nicht nur im Beruf, sondern auch im Privaten | |
| aussortiert zu werden. | |
| Die Männer suchten sich gerne eine jüngere Frau, um mit ihnen eine neue | |
| Familie gründen zu müssen – die ältere Frau bliebe als schwer | |
| vermittelbarer Problemfall zurück. Ab einem bestimmten Alter, so Bascha | |
| Mika, sinke ihr Marktwert rapide. Schlimmer noch: Sie werde quasi | |
| unsichtbar. | |
| Da ich noch nie zu den Frauen gehörte, bei der die Kneipe kopfstand, wenn | |
| ich reinkam, fällt mir das nicht so auf. Ich muss vielmehr feststellen, | |
| dass sich das „unsichtbar werden“ inzwischen demokratisiert hat. | |
| So geil kann gar niemand aussehen, dass irgendeiner dieser | |
| Smartphone-Zombies auch nur für einen Moment seinen Blick von seinem | |
| Bildschirmchen heben würde. Das bestätigt auch eine Umfrage, nach der viele | |
| Nutzer lieber auf Sex als auf ihr Smartphone verzichten würden, und diese | |
| Spezies breitet sich aus wie eine Seuche. | |
| Das wäre an sich egal, ich lege keinen besonderen Wert darauf, auf meine | |
| Beischlafqualität hin taxiert zu werden. Aber auf meinem Weg zur Arbeit bin | |
| ich ständig mit diesen Autisten konfrontiert – und das ist nicht lustig. | |
| Diese Leute sind so absorbiert von ihren Geräten, dass sie ihre Umwelt | |
| komplett ausblenden. | |
| Manche von ihnen sind sogar ganzkörperverkabelt und quatschen laut vor sich | |
| hin. Mit starrem Blick aufs Display rempeln sie jeden an, stehen blöde im | |
| Weg rum, verstopfen die Treppen und bleiben auch gern in der geöffneten Tür | |
| der Bahn stehen, wenn gerade alle rauswollen. | |
| Da ich inzwischen längst im Kampfmodus bin, bekommen diese Endgerätenutzer | |
| von mir jetzt öfter einen Ellbogen-Check. Damit sie mal aufwachen. Schön | |
| wäre es, wenn endlich jemand vor Schreck sein Scheißteil fallen ließe. Ich | |
| war’s dann nicht, denn ich bin ja inzwischen unsichtbar. | |
| 8 Feb 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| ISABEL LOTT | |
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