# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Ganz Frau und trotzdem frei“ | |
> Verfallen Pärchen in überkommene Rollenmuster? Macht Liebe unemanzipiert? | |
> Nein, es scheint umgekehrt zu sein: Ohne Emanzipation keine Liebe. | |
Bild: Echte Liebe kann es nur zwischen wirklich Freien geben, sagt Katja Kippin… | |
In der Liebe zwischen zwei Frauen oder zwei Männern gibt es kein | |
eingebautes Machtgefälle, schreibt die Begründerin der feministischen | |
Linguistik in Deutschland, Luise F. Pusch in der taz.am wochenende vom | |
15./16. Februar 2014. Die Frage, ob Liebe unemanzipiert mache, stelle sich | |
deshalb nur bei heterosexuellen Paaren. | |
„Die Konventionen der bürgerlich-kapitalistischen, heteronormativen Liebe | |
beruhen auf der Ungleichheit zwischen Männern und Frauen“, fügt Paula Irene | |
Villa, Professorin für Soziologie und Gender Studies, hinzu. Da viele | |
Menschen auf Dauer weniger die Liebe als Sicherheit suchen würden, werde | |
weniger Emanzipation und damit mehr Ungleichheit gelebt, als möglich wäre. | |
Heike Herold, Geschäftsführerin Frauenhauskoordinierung e. V., bemerkt, | |
dass sich zwar viele Menschen eine respektvolle, gleichberechtigte | |
Begegnung auf Augenhöhe wünschen, es jedoch nicht schaffen, sie wirklich zu | |
leben. „Denn häufig bieten die überkommenen Rollenbilder von Männern und | |
Frauen in unserer Gesellschaft dafür wenig Orientierung.“ | |
Dass die Begegnung auf Augenhöhe zwar im öffentlichen Sexismusdiskurs und | |
von dem „staatlichen Gender-Umerziehungsprogramm“ propagiert werde, jedoch | |
mit der Lebensrealität der der meisten Menschen wenig zu tun habe, glaubt | |
dagegen der Dating-Coach Maximilian Pütz. „Auch die moderne, emanzipierte | |
Akademikerin träumt anscheinend von einem reichen, omnipotenten Mann, dem | |
sie sich bedingungslos unterwerfen kann“, bemerkt er angesichts des Erfolgs | |
von „Shades of Grey“. | |
## Punkerinnen, die sich die Tür aufhalten lassen | |
„Es ist Unsinn, sagt die Vernunft; es ist, was es ist, sagt die Liebe.“ | |
Diese Worte von Erich Fried beschreiben für Tim Wilhelm, Frontmann der | |
Münchner Freiheit, die Situation, in der sich emanzipierte Verliebte ab und | |
an wiederfinden. Mit einem Augenzwinkern erzählt er von Punkerinnen, denen | |
es gefällt, wenn Männer ihnen die Türe aufhalten. Denn: „Wer wirklich eine | |
Haltung verinnerlicht hat, ist frei von dem Zwang, diese permanent plakativ | |
zu propagieren.“ | |
Wolfgang Schmidbauer, Deutschlands bekanntester Paartherapeut, betont, dass | |
Unterwerfung und Hingabe von Liebenden als freigewähltes Spiel verstanden | |
werden sollte und Liebe, die abhängig macht, keine Liebe sei, sondern | |
Machtausübung. „Echte Liebe kann es nur zwischen wirklich Freien geben“, | |
findet auch Katja Kipping, Bundesvorsitzenden der Partei Die Linke. Und die | |
Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken zitiert die italienische Sängerin | |
Milva, die 1978 sang: „Du zeigst mir, dass es bei dir möglich ist, ganz | |
Frau und trotzdem frei zu sein.“ | |
Warum sich ausgerechnet in der Liebe Gender-Stereotype hartnäckig halten, | |
wurde auch auf unserer Facebookseite und taz.de eifrig diskutiert. So | |
schreibt zum Beispiel „Friedenstaube“ auf taz.de: „Emanzipation heißt f�… | |
mich, dass ich in jeder Situation selbst entscheiden darf, wie ich mich | |
verhalten möchte. Entweder entsprechend klassischer Rollenmuster – oder | |
eben auch nicht. Wenn ich eine Restauranteinladung am Valentinstag als | |
romantisch und angenehm empfinde, warum dann nicht? An anderen Abenden kann | |
ich ja auch wieder bezahlen.“ | |
Die Streitfrage beantworteten außerdem Starfriseur Udo Walz, „Missy | |
Magazine“- Chefredakteurin Sonja Eismann, Paartherapeut Klaus Heer sowie | |
die die Philologin und taz-Leserin Christiane Settelmeier – in der taz.am | |
wochenende vom 15./16. Februar. | |
15 Feb 2014 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Siebert | |
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