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# taz.de -- Neue Website „The Philosopher’s Mail“: Gedanken zu Paris Hilt…
> Raus aus dem Elfenbeinturm: Bestsellerautor Alain de Botton stellt auf
> „The Philosopher’s Mail“ in Yellow-Press-Optik philosophische Fragen.
Bild: Alle Objektive auf mich: Aufmerksamkeit ist Paris Hiltons Kapital.
Was sollte Paris Hilton eigentlich lesen? Welche Gemeinsamkeiten haben Kim
Kardashians Hintern und die Bilder des Malers Tizian? Wie steht es
eigentlich um die Ehe von Coldplay-Sänger Chris Martin und Schauspielerin
Gwyneth Paltrow?
Mit all diesen Fragen beschäftigt sich der Populärphilosoph Alain de Botton
in seinem neuen Projekt [1][The Philosopher’s Mail] . Die Newsseite soll
populär ausgerichtet sein und und zur gleichen Zeit Themen mit
philosophischen Tugenden vermengen. Deshalb führen die Redakteurinnen und
Redakteure, alle selbst PhilosophInnen, zum Beispiel imaginäre Interviews
mit den Seelen von Angela Merkel oder David Beckham, die dann in
Diskussionen über Stoizismus und Standhaftigkeit enden.
Oder schreiben Artikel, die erklären, was ein Loch in der Socke von Kristen
Stewart mit Freundschaft zu tun hat. Und auch „Kiew ist in Flammen, und
mich interessiert es nicht“ wird zum Erklärstück, warum wir uns nicht für
jede schreckliche Nachricht interessieren und wieso das erst einmal nicht
schlimm ist.
Finanziert wird das Projekt vom Londoner popphilosophischen Institut The
School of Life, das unter anderem Kurse darüber anbietet, „Wie ich mir
weniger Sorgen um Geld mache“. Oder: „Wie finde ich einen Job, den ich
liebe?“ Das mögen nun nicht die großen metaphysischen Fragen sein, aber es
passt zum Konzept von de Botton.
## Es gibt keine Objektivität
Vorausgegangen ist The Philosopher’s Mail das aktuelle Buch von de Botton:
„The News: A User’s Manual“. Nachrichten seien allgegenwärtig, informativ
und nie erleuchtend, meint er. An eine Objektivität im Journalismus glaube
er nicht, stattdessen solle zwischen guter und böser Voreingenommenheit
unterschieden werden. „Bei Nachrichten geht es nämlich nicht mehr nur um
Informationen über die Welt. Es ist ein Weg, täglich zugrunde liegende
Annahmen über das Leben – was ist wichtig, skandalös, normal? – zu formen…
Überhaupt scheint der britisch-schweizerische Philosoph sich zum Ziel
gesetzt zu haben, näher an die „realen“ Leute zu wollen. „Intelektuelle
haben in ihren Elfenbeintürmen schon zu lange gelebt. Sie müssen auf die
Straße und deren Anliegen auf dem Marktplatz vortragen“, sagte er der New
York Times.
Solche Ansprüche sind im akademischen Umfeld verpönt, denn die Trennung
zwischen Hoch- und Populärkultur steht in Gefahr. Aber de Botton will eben
genau diese Trennung aufheben und hat damit in seinen Büchern wie „Art as
Therapy“ oder „Versuch über die Liebe“ angefangen.
Diese Aufhebung beginnt bei The Philosopher’s Mail schon bei der Ästhetik.
De Botton kopierte einfach das Layout der Yellow-Press-Seite The Daily Mail
mit großen Paparazzifotos der Schauspielerin Selena Gomez am Strand im
Urlaub oder von David Cameron auf dem Weg zur Schule mit seiner Tochter.
Schließlich generiert The Daily Mail genau mit solchen Fotos Tausende
Klicks, während das Werk neuer Philosophinnen und Philosophen nur 300
Menschen erreicht – zumindest laut der Rechnung von de Botton.
## Kommentare erwünscht
Allerdings geht es ihm nicht um direkte Interaktionen, denn Kommentare sind
auf der Seite ausdrücklich unerwünscht. Denn Kommentare würden zwar wie
persönliche Tagebücher fungieren, in denen Leute ihre ganze Wut rauslassen,
stünden dann aber für immer für alle lesbar online. Für de Botton ein
Widerspruch, den er auf seiner Seite nicht mitmachen will.
Am Wochenende pausiert The Philosopher’s Mail. Dann steht auf der
Startseite: „Wir sind eine Nachrichtenorganisation mit dem Glauben, dass zu
viele Nachrichten schlecht für dich sind. Wir wollen, dass du regelmäßig
Nachrichten-Sabbats einlegst.“ Die Lesenden sollen rausgehen, Nachrichten
mit ihren eigenen Sinnen erfahren, ein vor 1800 geschriebenes Buch lesen
oder ein ausgiebiges Bad nehmen.
Solche Anmerkungen mögen fast ins Esoterische abdriften, aber The
Philosopher’s Mail ist ansonsten fest im Jetzt verankert, zwischen Ironie
und Authentizität. Dabei versucht Alain de Botton den Lesenden etwas über
die Menschheit beizubringen – sanft und eben nicht mit der Machete.
27 Feb 2014
## LINKS
[1] http://philosophersmail.com/
## AUTOREN
Enrico Ippolito
## TAGS
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