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# taz.de -- Vermögenssituation in Deutschland: Die soziale Kluft bleibt
> Das Vermögen der Deutschen ist extrem ungleich verteilt, konstatiert eine
> Studie. Besonders benachteiligt sind Frauen und Ostdeutsche.
Bild: Entweder sehr wenig oder sehr viel: die Vermögenslage der Deutschen.
BERLIN taz | Die Vermögen in Deutschland sind so ungleich verteilt wie in
keinem anderen Euroland. Das zeigt eine neue Studie des Deutschen Instituts
für Wirtschaftsforschung (DIW).
Demnach besitzen die Bundesbürger derzeit ein Nettovermögen von 6,3
Billionen Euro. Dies ergibt pro Kopf rund 83.000 Euro – im Durchschnitt.
Faktisch aber verfügt das reichste eine Prozent der Bevölkerung über ein
persönliches Vermögen von mindestens 800.000 Euro. Zu dem obersten Zehntel
gehört heute, wer mindestens 217.000 Euro sein Eigen nennt. Gleichzeitig
besitzt ein Fünftel aller Erwachsenen gar kein Vermögen. Bei rund sieben
Prozent der Bundesbürger sind die Schulden sogar größer als der Besitz.
Die DIW-Studie vergleicht das Jahr 2012 mit den Jahren 2002 und 2007. Dabei
kommt heraus: Vor allem die Arbeitslosen mussten ihre Ersparnisse deutlich
reduzieren. 2002 verfügten sie noch über ein durchschnittliches Vermögen
von 30.000 Euro, zehn Jahre später waren es nur noch etwa 18.000 Euro.
„Zwei Drittel aller Arbeitslosen haben sogar keinerlei Vermögen“, sagt
Studienautor Markus Grabka. Schuld seien die Hartz-Gesetze, denn seither
dürfen Langzeitarbeitslose nur noch ein kleines Schonvermögen besitzen, um
Anspruch auf staatliche Unterstützung zu haben.
## Männer reich, Frauen arm
Bemerkenswert ist auch, wie groß der Unterschied zwischen den Geschlechtern
ist: Während Männer auf ein durchschnittliches Vermögen von 97.000 Euro
kommen, besitzen Frauen nur 77.000 Euro pro Kopf.
Groß ist auch die Differenz zwischen den alten und neuen Bundesländern:
Erwachsene in Westdeutschland besitzen im Schnitt ein Vermögen von 94.000
Euro, im Osten sind es nur etwas mehr als 41.000 Euro. Allerdings geht
diese Vermögensschere zwischen Ost und West erst in späteren Lebensjahren
auf: Bis zu einem Alter von etwa 35 Jahren sind Ost- und Westdeutsche noch
ähnlich gestellt. Doch dann macht sich unter anderem bemerkbar, dass viele
Westdeutsche deutlich mehr erben – und in den alten Bundesländern oft
bessere Jobs finden.
Wie ungerecht das Vermögen in Deutschland verteilt ist, lässt sich an zwei
Kennziffern erkennen. Der sogenannte Median misst den Vermögenswert, der
die reichere Hälfte von der ärmeren Hälfte trennt. In Deutschland liegt
dieser Median bei nur 17.000 Euro. Die unteren 50 Prozent der Bundesbürger
haben also fast gar kein Vermögen, der Besitz konzentriert sich stattdessen
bei der reicheren Hälfte.
## Ungerechte Gesellschaft
Wie groß der Abstand zwischen Arm und Reich ist, misst die zweite
Kennziffer: der „Gini-Koeffizient“. In einer egalitären Gesellschaft würde
er bei 0 liegen, in einer ganz ungerechten Gesellschaft bei 1. Deutschland
erreicht einen Wert von 0,78.
Der Gini-Koeffizient ist damit in den letzten zehn Jahren stabil geblieben
– die Ungleichheit hat sich also nicht verschlimmert. Aber sie ist bereits
extrem, wie der Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt.
Frankreich liegt bei 0,68, was etwa dem Durchschnitt der europäischen
Staaten entspricht. Italien hat einen Wert von 0,61, die Slowakei weist
sogar nur 0,45 aus.
Das DIW ist nicht das einzige Institut, das die Vermögenssituation der
Deutschen erhebt. Im vergangenen Jahr veröffentlichte die Bundesbank eine
Haushaltsbefragung, die zu ähnlichen Ergebnissen kam: Sie ermittelte beim
deutschen Nettovermögen einen Gini-Koeffizienten von 0,75. Diese
Überschneidung sei kein Zufall, erklärt DIW-Forscher Grabka: „Ich saß im
Beratergremium der Bundesbank. Wir haben darauf geachtet, dass die
Ergebnisse kompatibel sind.“
26 Feb 2014
## AUTOREN
Sascha Frischmuth
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Vermögen
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