# taz.de -- Umstrittene Energiegewinnung wird zulässig: Fracking? Ja, aber! | |
> Niedersachsen will umstrittene Gas-Fördermethode mit Auflagen | |
> ermöglichen. Bürgerinitiativen kritisieren Erlass-Entwurf – und | |
> unterbliebenen Dialog. | |
Bild: Geht bald auch in Niedersachsen - "unter strengen Auflagen": Gasförderun… | |
HAMBURG taz | Die rot-grüne Landesregierung lehnt das Fracking nicht | |
rundheraus ab: Nach einer umfassender Prüfung möglicher Folgen für die | |
Umwelt und einer Beteiligung der Öffentlichkeit soll die umstrittene | |
Gas-Fördermethode in konventionellen Lagerstätten – also Sandstein – „u… | |
strengen Auflagen grundsätzlich möglich“ sein, sagt Niedersachsens | |
Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne). | |
Beim „Hydraulic Fracturing“ wird Gestein in 1.000 bis 5.000 Metern Tiefe | |
unter hohem hydraulischem Druck aufgebrochen und ein Gemisch aus Sand, | |
Wasser und Chemie in die Tiefe gepresst, um gebundenes Erdgas freizusetzen. | |
Eine Genehmigung, so Wenzel weiter, „könnte aber auch versagt werden, wenn | |
Umweltgefahren nicht ausgeschlossen werden können“. | |
Für die Nutzung unkonventioneller Lagerstätten – Schieferstein etwa – gel… | |
damit weiterhin „ein faktisches Moratorium“. Den Einsatz „toxischer | |
Frackfluide“ in solchen tiefen Gesteinsschichten möchte Wenzel ganz | |
verboten wissen – das fordert auch sein Parteifreund und | |
Umweltminister-Kollege in Schleswig-Holstein, Robert Habeck. | |
In Niedersachsen liegt ein Großteil der bekannten deutschen Erdgasvorräte. | |
Am Wochenende hatte zunächst die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet, | |
dass die Landesregierung an einem neuen Erlass mit Auflagen für das | |
Fracking bastelt. Im Kern geht es darin um eine | |
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP): Unternehmen müssen vorab untersuchen, | |
ob und in welchem Ausmaß Pflanzen, Tiere, das Grundwasser und die | |
Landschaft beeinträchtigt werden. Die Angaben werden überprüft, | |
anschließend können Bürger, Behörden und Verbände Einwendungen und | |
Stellungnahmen abgeben. | |
Bislang ist die Öffentlichkeit in den Genehmigungsverfahren praktisch nicht | |
beteiligt. Grundlage der Verfahren ist das Bundesberggesetz von 1980. Zwar | |
gibt es aus Schleswig-Holstein einen Vorstoß zu dessen grundlegender | |
Novellierung – ob es dazu kommt, steht aber in den Sternen. Wenzel zufolge | |
arbeitet die Landesregierung in Hannover schon seit Monaten in einem | |
Dialogverfahren mit Umweltverbänden und Industrie an einem Rahmen für die | |
Anwendung einer verpflichtenden UVP. Das Ergebnis dieses Dialogs solle im | |
Erlass festgeschrieben werden. | |
Umweltschützer haben allerdings eine andere Wahrnehmung: Das | |
Dialogverfahren zum Fracking sei „vorerst gescheitert“. Nach nur zwei | |
Sitzungen habe das Umweltministerium den Prozess abgebrochen, „um hinter | |
verschlossenen Türen behördenintern zu tagen“, kritisiert der Bundesverband | |
Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). Der Entwurf für den Erlass sei dann | |
am 25. Februar an die Teilnehmer der Runde geschickt worden. Bereits eine | |
Woche später habe das Papier offiziell vorgestellt werden sollen. „Damit | |
hat das Ministerium die Bürgerinitiativen vor vollendete Tatsachen | |
gestellt“, sagt Oliver Kalusch vom BBU-Vorstand, „und den Dialogprozess ad | |
absurdum geführt.“ | |
Inakzeptabel ist der geplante Erlass aus Sicht der Fracking-Gegner aber | |
auch inhaltlich. Er falle sogar hinter den Gliederungsentwurf des | |
Wirtschaftsverbandes Erdöl und Erdgasgewinnung zurück, so Kalusch. Gefahren | |
wie Erdbeben, der Zutritt von Methan und Lagerstättenwasser ins | |
Grundwasser, die ungelöste Entsorgungsproblematik und die miserable | |
Klimabilanz blieben völlig ausgeblendet. | |
3 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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