# taz.de -- Krimiserie „Code 37“ auf ZDFneo: Die Revolverheldin | |
> In der belgischen Serie klärt eine taffe Kommissarin Sexualdelikte auf. | |
> Die Vergangenheit der Protagonistin scheint nicht von Gewalt verschont. | |
Bild: Hannah Maes (Veerle Baetens) ermittelt zusammen mit ihrem Kollegen Kevin … | |
Um einen Film zu machen, genügen eine Waffe und ein Mädchen, hat Godard | |
gesagt. So gesehen konnten die Leute vom belgischen Fernsehen nicht mehr | |
viel falsch machen. Ihre neue Krimiserie haben sie um eine junge, | |
wasserstoffblonde Kriminalkommissarin (Veerle Baetens) gestrickt – und ihr | |
einen chromglänzenden Revolver im Dirty-Harry-Format ins Gürtelhalfter | |
gesteckt. | |
Die Polizistin trägt stets kurze Jacken über der engen Jeans – das | |
Magnumkaliber-Schießeisen könnte ein Ganove also ebenso wenig übersehen wie | |
die rasselnden Handschellen in der Hosenschlaufe. Die Accessoires sind eine | |
klare Ansage: Hannah Maes ist taff und jederzeit bereit, es mit jedem Kerl | |
aufzunehmen. Sei es auch nur der neue Nachbar, der gleich bei der ersten | |
Begegnung ihren ausgestreckten Mittelfinger zu sehen bekommt. Zwei davon. | |
Abgesehen von den Filmen der Brüder Dardenne und Felix Van Groeningens sind | |
belgische Filmschaffende hierzulande eine weitgehend unbekannte Größe. Das | |
lässt sich auch von der Krimiproduktion des Landes sagen. Der berühmteste | |
belgische Ermittler heißt Hercule Poirot, ist eine Erfindung Agatha | |
Christies und wird, so der Running Gag, von den Engländern regelmäßig für | |
einen Franzosen gehalten. | |
Pieter Aspe wiederum ist der einzige belgische Kriminalschriftsteller, der | |
ins Deutsche übertragen wird. Im Sommer 2009 hatte das ZDF drei | |
Pieter-Aspe-Verfilmungen im Programm. Das war’s. Bis jetzt. | |
## Abwechslung zur SOKO | |
Nun also zeigt das Zweite eine 13-teilige belgische Krimiserie, wenn auch | |
fürs Erste nur auf ZDFneo. Was sich nach Ansicht der ersten beiden Folgen | |
darüber sagen lässt: Unter dem Eindruck des penetrant heiter bis tödlichen | |
deutschen SOKO-Unwesens ist das eine angenehme Abwechslung. | |
Mit „Code 37“, wie die Serie heißt, bezeichnet die belgische | |
Staatsanwaltschaft Sexualdelikte: sexuelle Gewalt, Vergewaltigung, Inzest, | |
Kinderpornografie, Kindesmissbrauch, Pädophilie, sexuelle Belästigung, | |
sexuelle Diskriminierung, Prostitution. Harter, aktueller Stoff, über den | |
jüngst im Zuge der Edathy-Affäre und Alice Schwarzers Forderungen viel | |
debattiert wurde. In den beiden Folgen geht es um Sexsucht, | |
Sadomasochismus, Voyeurismus, Exhibitionismus. | |
Eine Frau in Reizwäsche liegt stranguliert in einem Genter Hotelbett. Ihr | |
Mann wähnte sie, wie er sagt, auf Geschäftsreise im Ausland. Eine andere | |
Frau wird brutal zusammengeschlagen. Der Mann aus dem Haus gegenüber, der | |
ihr sonst beim Sex zuguckt, hat die Tat beobachtet, beide wollen nicht raus | |
mit der Sprache. | |
Rückblenden zeigen, dass die Kommissarin nicht immer schon wasserstoffblond | |
war. Vor acht Jahren ist in ihrem Elternhaus Schreckliches geschehen, der | |
Zuschauer erfährt erst nach und nach davon. Es ist nicht ihre Art, die | |
Vergangenheit ruhen zu lassen: „Es gibt keine unlösbaren Fälle. Nur | |
Polizisten, die nicht lange genug nachforschen.“ | |
## Fuck the Police | |
Der Kommissarin ist ein Team von drei Männern untergeordnet, und an dieser | |
Unterordnung lässt sie keine Zweifel aufkommen: Bob (Michael Pas) – „Er | |
lässt sich nicht gerne sagen, was er zu tun hat. Besonders nicht von einer | |
Frau.“ Er erzählt außerdem unglaublich schlechte Witze, immer geht es um | |
Sex. Kevin (Gilles De Schrijver) – „Ein Muttersöhnchen. Er wohnt noch bei | |
seinen Eltern.“ Und Charles (Marc Lauwrys) – „Ein schwieriger Fall. Keine | |
Frage, er ist höflich, ein Gentleman. Aber er ist ein Einzelgänger“, | |
urteilt die Kommissarin. | |
Der neue Nachbar (Geert Van Rampelberg) übrigens hat keine Wohnung, dafür | |
ein Hausboot und ein Auto, womit jener ausgestreckte Mittelfinger der | |
Kommissarin zu tun hat. Entgegen oder gemäß dem Aufkleber auf seinem Auto – | |
„FUCK THE POLICE“ – will er ihr trotzdem näherkommen. | |
5 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Jens Müller | |
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