| # taz.de -- Zuspitzung der Krim-Krise: Schüsse und scharfe Worte | |
| > Krim-Milizen haben eine ukrainische Marinebasis übernommen. Der Westen | |
| > verurteilt Russlands Annexion der Krim. Erste Sanktionen werden verhängt. | |
| Bild: Ein pro-russischer Soldat in Perewalne. | |
| MOSKAU ap/dpa/afp | Nach der Erstürmung der ukrainischen Marinebasis in | |
| Sewastopol auf der Krim durch prorussische Milizen haben die ukrainischen | |
| Soldaten am Mittwoch das Gebäude verlassen müssen. Das berichteten Reporter | |
| der Nachrichtenagentur afp. Die prorussischen Milizionäre erklärten, sie | |
| hätten den Oberbefehlshaber der Marine festgesetzt. An der Stelle, an der | |
| zuvor eine ukrainische Flagge hing, hissten die Besetzer die russische | |
| Fahne. | |
| Einem ukrainischen Soldaten standen Tränen in den Augen, als er die Basis | |
| verließ und die Fahne sah. Rund 200 prorussische Aktivisten und Vertreter | |
| russischer Streitkräfte hatten das Gebäude zuvor umstellt, Schüsse fielen | |
| nicht. | |
| Angesichts der Lage auf der Krim kündigte die ukrainische | |
| Übergangsregierung in Kiew an, Verteidigungsminister Igor Tenjuch und | |
| Vizeregierungschef Vitali Jarema würden umgehend in die Region reisen. Dazu | |
| sagte der von Kiew nicht anerkannte Krim-Regierungschef Sergej Aksjonow: | |
| „Niemand wartet auf der Krim auf sie. Und niemand wird sie hereinlassen.“ | |
| Die Politiker würden zurückgeschickt, sagte er der Nachrichtenagentur | |
| Interfax zufolge in Moskau. | |
| Zuvor waren wenige Stunden nach der Unterzeichnung eines Vertrages über die | |
| Eingliederung der bislang ukrainischen Halbinsel in die Russische | |
| Föderation am Dienstag bei einem Feuergefecht ein ukrainischer Soldat und | |
| ein Mitglied einer örtlichen Bürgerwehr gestorben. Zwei weitere Menschen | |
| seien verletzt worden, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax unter | |
| Berufung auf eine Polizeisprecherin. | |
| Der Vorfall ereignete sich in einer Fernerkundungs- und | |
| Navigationseinrichtung in Simferopol, der Hauptstadt der Halbinsel. Der | |
| Sprecher der ukrainischen Streitkräfte auf der Krim, Wladilsaw Selesnew, | |
| hatte zuvor auf Facebook geschrieben, eine Basis in der Hauptstadt sei von | |
| bewaffneten Männern gestürmt worden. Dabei sei ein Soldat getötet und ein | |
| weiterer verletzt worden. Die Bewaffneten hätten einen Lastwagen benutzt, | |
| auf dem eine russische Fahne zu sehen gewesen sei. | |
| Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk beschuldigte Russland | |
| daraufhin und sagte, die Attacke auf die Militäreinrichtung zeige, dass der | |
| Streit „durch die Schuld der Russen von der politischen auf die | |
| militärische Bühne gegangen“ sei. Seit drei Wochen sind auf der Krim | |
| Einheiten uniformierter Soldaten ohne Abzeichen unterwegs. Sie geben vor, | |
| Einwohner zu sein, die ihr Land schützen. | |
| ## Nun geht alles ganz schnell | |
| Putin hatte am Dienstag den Anschluss der Krim weiter vorangetrieben. Mit | |
| Vertretern der bislang ukrainischen Halbinsel unterzeichnete er einen | |
| entsprechenden Vertrag. Das russische Verfassungsgericht muss diesen noch | |
| genehmigen, zudem müssen ihn beide Kammern des Parlaments ratifizieren. | |
| Dies gilt jedoch als Formalität. | |
| In einer Rede bestritt Putin, dass Russland nach der Krim noch weitere | |
| Teile der Ukraine eingliedern wolle: „Wir wollen keine Teilung der | |
| Ukraine.“ An der zugespitzten Krise gab Putin dem Westen die Schuld. | |
| Am Mittwochvormittag stufte das russische Verfassungsgericht die | |
| Angliederung der Krim an Russland als legal ein. Der von Präsident Wladimir | |
| Putin unterzeichnete Vertrag sei verfassungsgemäß, urteilte das Gericht. | |
| Demnach fiel die Entscheidung einstimmig. Anschließend sollen die | |
| Staatsduma und der Föderationsrat das von Putin und der moskautreuen | |
| Krim-Führung in Moskau unterzeichnete Dokument ratifizieren. | |
| ## Hillary Clinton warnt vor weiterer russischer Aggression | |
| US-Präsident Barack Obama beriet sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
| über das weitere Vorgehen. Die beiden seien überein gekommen, dass umgehend | |
| internationale Beobachter in den Süden und Osten der Ukraine entsandt | |
| werden müssten, teilte das Weiße Haus mit. Obama und Merkel hätten Putins | |
| Vorgehen verurteilt und vereinbart, dem russischen Staatschef weiter | |
| klarzumachen, dass eine diplomatische Lösung möglich sei. | |
| Obama lud Vertreter der sieben führenden Industrienationen und der | |
| Europäischen Union für kommende Woche zu einem Treffen ein. Bei der | |
| Zusammenkunft am Rande eines Atomgipfels in den Niederlanden solle es um | |
| weitere Maßnahmen gehen, „die die G-7 ergreifen könnten, um auf | |
| Entwicklungen zu reagieren und um die Ukraine zu unterstütze“, kündigte | |
| Obamas Sprecherin Caitlin Hayden an. | |
| US-Vizepräsident Joe Biden verurteilte im Namen der Weltgemeinschaft den | |
| Angriff auf die Souveränität der Ukraine. Die Welt durchschaue das | |
| russische Handeln, sagte Biden am Dienstag in Warschau und kündigte weitere | |
| Sanktionen an. Biden wollte von Polen aus weiter nach Litauen fliegen, um | |
| sich mit Präsidentin Dalia Grybauskaite und dem lettischen Präsidenten | |
| Andris Berzins zu beraten. | |
| Die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton hat vor einer russischen | |
| Aggression gegen weitere Staaten gewarnt. Wenn Präsident Wladimir Putin mit | |
| seinem Vorgehen gegen die Ukraine durchkomme, drohten weiteren Ländern | |
| entweder direkte russische Angriffe oder eine Zukunft als eingeschüchterte | |
| „Vasallen“, sagte Clinton am Dienstag in Montreal. | |
| Die Demokratin gilt als mögliche Kandidatin zur Nachfolge von Präsident | |
| Barack Obama bei der Wahl 2016. Sie hatte jüngst bereits Aufsehen erregt, | |
| als sie Parallelen zwischen Putins Ukraine-Politik und Hitlers Vorgehen | |
| gegen die Tschechoslowakei 1938 zog. Später ruderte sie zurück. | |
| Als Lösungsansatz für die Ukraine-Krise schlug sie eine Doppelstrategie | |
| vor: Wirtschaftliche Anreize sollten mit „dem Geradestehen für unsere | |
| Werte“ verbunden werden, sagte Clinton. Sie sprach von wirtschaftlichen | |
| Sanktionen gegen Russland einerseits und Finanz- und Technologiehilfe für | |
| eine demokratische Regierung der Ukraine andererseits. „Wir brauchen kein | |
| Säbelrasseln oder so etwas“, sagte sie. „Das ist nicht hilfreich.“ | |
| ## Auch Australien verhängt Sanktionen | |
| Auch Australien hat wegen der Annexion der Krim Sanktionen gegen Russland | |
| verhängt. Die Regierung veranlasste am Mittwoch Kontensperrung und | |
| Einreiseverbot für zwölf Funktionäre. Außenministerin Julie Bishop nannte | |
| die Namen der Betroffenen nicht. „Internationales Recht erlaubt nicht den | |
| Diebstahl von Territorium eines anderen Staates auf der Basis eines | |
| Referendums, das weder als frei noch als fair beurteilt werden kann“, sagte | |
| Bishop im Parlament in Canberra. „Ich verurteile die Gewalt gegen die | |
| Ukraine und ihre Bürger auf das Schärfste.“ | |
| Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein legten wegen der Krim-Krise | |
| derweil laufende Handelsgespräche mit Moskau auf Eis. Das teilte der | |
| norwegische Außenamtssprecher Eskil Sivertsen im Namen der Efta mit. Island | |
| bestätigte die Aussetzung der Gespräche. Die vier Mitgliedsstaaten der | |
| Europäischen Freihandelsassoziation hatten mit Russland, Weißrussland und | |
| Kasachstan über Wirtschaftsabkommen verhandelt. | |
| Venezuela hat der russischen Führung dagegen Rückendeckung für ihren | |
| Krim-Kurs gegeben. Die Sanktionen von Europäischer Union und USA angesichts | |
| der Geschehnisse auf der ukrainischen Halbinsel fielen „aus der Reihe“, | |
| sagte Präsident Nicolás Maduro am Dienstag in seiner täglichen | |
| Radiosendung. Stattdessen müssten derlei Probleme „auf diplomatischem Weg“ | |
| gemäß dem Völkerrecht geklärt werden. | |
| „Sie wollen Russland umzingeln, um es zu schwächen, zu zerstören“, sagte | |
| Maduro weiter. Er warf dem Westen vor, mit zweierlei Maß zu messen, weil | |
| die Loslösung des Kosovo von Serbien vor wenigen Jahren befürwortet worden | |
| war, die Aufnahme der Krim in die Russische Föderation aber vehement | |
| abgelehnt wird. Venezuela und Russland sind durch millionenschwere | |
| Wirtschaftsverträge miteinander verflochten. | |
| ## Rheinmetall liefert Russland Gefechtsübungszentrum | |
| Ungeachtet des aktuellen Konflikts zwischen Russland und der Ukraine will | |
| das deutsche Rüstungsunternehmen Rheinmetall ein hochmodernes | |
| Gefechtsübungszentrum an Russland liefern. „Rheinmetall kommt seinen | |
| vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem russischen Vertragspartner für | |
| das Trainingszentrum nach“, sagte ein Unternehmenssprecher der Neuen | |
| Osnabrücker Zeitung vom Mittwoch. | |
| Derzeit sehe Rheinmetall keine Hindernisse für eine termingerechte | |
| Lieferung. In der Anlage können dem Bericht zufolge pro Jahr 30.000 | |
| Soldaten ausgebildet werden. Das Zentrum zur Schulung von Panzereinheiten | |
| und Infanterie solle noch 2014 bei Mulino im Wolgagebiet in Betrieb gehen. | |
| Das Volumen des Auftrages beträgt demnach 100 Millionen Euro. Die Anlage | |
| sei mit modernen Simulations- und Auswertungssystemen ausgerüstet und soll | |
| nach Unternehmensangaben die weltweit modernste ihrer Art sein. | |
| 19 Mar 2014 | |
| ## TAGS | |
| Krim | |
| Russland | |
| Ukraine | |
| Hillary Clinton | |
| Venezuela | |
| Australien | |
| Joe Biden | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Rheinmetall | |
| Ukraine | |
| Russland | |
| Ukraine | |
| Krim | |
| Krim | |
| Krim | |
| Krim | |
| Gregor Gysi | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Rheinmetall und Rüstung für Russland: Gruß aus Nischni-Schnöggersburg | |
| Verstößt Deutschlands größter Rüstungskonzern gegen das Waffenembargo? | |
| Rheinmetall baut in Russland ein Gefechtsübungszentrum. | |
| Streit um die Krim: Für Merkel gibt es G8 nicht mehr | |
| Behörden teilen auf der Krim russische Pässe aus, der ukrainische | |
| Marinechef ist wieder frei. Angela Merkel droht Russland mit Sanktionen und | |
| G8-Ausschluss. | |
| Nach russischer Annexion der Krim: Milizen erobern Militärbasen | |
| Prorussische Milizen übernehmen ukrainische Stützpunkte auf der Halbinsel | |
| Krim. Es gibt erste Tote durch Heckenschützen. Die EU berät sich ab | |
| Donnerstag. | |
| Deutschland für Assoziierungsabkommen: Ukraine und EU kommen sich näher | |
| In der Krim-Krise sendet Deutschland ein Signal an Russland und will das | |
| Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine ratifizieren. Ban Ki Moon | |
| reist nach Kiew. | |
| Weitere Verschärfung der Krimkrise: Russland schafft Fakten | |
| Prorussische Milizen haben zwei ukrainische Militär-Stützpunkte auf der | |
| Krim angegriffen und den Marinechef festgesetzt. Deutschland will | |
| OSZE-Beobachter schicken. | |
| Russischer Journalist über Krimkrise: „Putin hat keine expansive Ideologie“ | |
| Der russische Außenpolitik-Experte Fjodor Lukjanow glaubt, dass die EU Kiew | |
| vor eine unmögliche Wahl gestellt hat. Die Folgen sind irreversibel. | |
| Putins Rede zur Krim: Der Sammler russischer Erde | |
| Putin spricht von „Wiederherstellung der Einheit“ und wirft dem Westen | |
| Doppelmoral vor. Die Abgeordneten der Duma jubeln. | |
| Sanktionen in der Krim-Krise: Die Chefs sind noch entspannt | |
| Für die bisherigen Sanktionen gegen Russland zahlt die deutsche Wirtschaft | |
| nichts. Für Russland könnte es langfristig teuer werden. | |
| SPD und Linke streiten über Krim: Genervt und ausgeladen | |
| Das SPD-Netzwerk lädt Gregor Gysi von einem lang geplanten Diskussionsabend | |
| aus – wegen der Haltung der Linken zur Ukraine. Gysi giftet zurück. |