# taz.de -- Ein Jahr nach Ende des Freihafens: Barrierefreier Handel brummt | |
> Ein Jahr nach Auflösung des Zollsondergebiets mitten in Hamburg ziehen | |
> alle Beteiligten eine positive Bilanz. Die Globalisierung hat Bismarcks | |
> Rezepte überholt. | |
Bild: Als erster abgebaut: Der Freihafenzaun am Spreehafen auf der Veddel wurde… | |
So viel Einigkeit war selten im Rathaus. „Die Auflösung des Freihafens vor | |
einem Jahr ist eine Erfolgsgeschichte“, verkündete der parteilose | |
Wirtschaftssenator Frank Horch – und die neben ihm sitzenden VertreterInnen | |
von Zoll, Spediteursverband, Hafenwirtschaft und Handelskammer nickten mit | |
den Köpfen. „Dieser Schritt war richtig“, sagte Hans Fabian Kruse von der | |
Handelskammer. Der Verkehr im Hafen fließe besser und rascher, | |
Zollformalitäten seien erheblich reduziert worden oder ganz entfallen, die | |
Unternehmen könnten ihre Logistik besser planen: „Alle | |
Wirtschaftsbeteiligten“, so Kruse, „haben mehr Flexibilität.“ | |
Zum 1. Januar war der Freihafen in Hamburg nach 124 Jahren aufgelöst worden | |
(siehe Kasten). Als erster wurde der Drahtgitterzaun am Spreehafen | |
entfernt, seitdem haben die Bewohner der Veddel wieder Zugang zum Wasser. | |
Weitere der kilometerlangen Zäune werden schrittweise entfernt, ebenso die | |
Kontrollstellen. Die an die ehemalige deutsch-deutsche Grenze erinnernde | |
Atmosphäre rund um den abgesperrten Hafen löst sich zusehends auf. | |
Seit Mitte der 1990er-Jahre wurde offensichtlich, dass der Sonderstatus aus | |
Zeiten, in denen Europa und auch Deutschland engmaschig von Zollgrenzen | |
durchzogen wurde, sich im Zeitalter der Globalisierung überlebt hatte. Denn | |
Zölle spielen im internationalen Warenverkehr nur noch eine untergeordnete | |
Rolle. Und in Hamburg werden mittlerweile rund 90 Prozent der Importe für | |
den Weitertransport in andere EU-Länder umgeschlagen. Die Güter bleiben | |
damit innerhalb des gemeinsamen Zollgebiets eine Gemeinschaftsware. | |
Deshalb hatte der damalige schwarz-grüne Senat 2009 beschlossen, die | |
Freizone zum 1. Januar 2013 gänzlich aufzuheben. 2003 war bereits die | |
Speicherstadt aus dem Freihafengebiet herausgelöst worden, um den Bau der | |
Hafencity zu ermöglichen. | |
Der Freihafen geht zurück auf das Jahr 1881, in dem auf Druck von | |
Reichskanzler Otto von Bismarck Hamburg ins deutsche Zollgebiet eintreten | |
musste. Nur ein kleines Areal wurde ausgenommen: der Freihafen mit der | |
Speicherstadt im Zentrum. Für deren Bau waren in den 1880er-Jahren die | |
dicht besiedelten Quartiere auf den Inseln Grasbrook, Wandrahm und | |
Kehrwieder plattgemacht worden. Binnen zwei Jahren wurden etwa 1.000 Häuser | |
abgerissen und rund 20.000 Menschen, zumeist ärmliche Hafenarbeiter, | |
zwangsweise umgesiedelt – Gentrifizierung nach Kaufmannsart. Die neuen | |
Arbeitersiedlungen lagen etwa in Barmbek und auf dem Dulsberg und sorgten | |
für lange Arbeitswege. 1910 wurde der Freihafen nach Waltershof erweitert. | |
Die Aufhebung der Zollgrenzen sollte dem wirtschaftlichen Wachstum dienen. | |
Und der Beschleunigung internationaler Logistikketten nach dem Vorbild des | |
Containerterminals Altenwerder der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), | |
der nie Teil des Freihafens war. Dort sind seit Betriebsaufnahme 2002 die | |
Containerbrücken direkt mit dem Zoll verbunden. Sobald ein Container | |
abgestellt wird, geht eine Meldung mit allen relevanten Daten digital an | |
den Zoll. Binnen weniger Minuten erhält der Importeur Steuerbescheid und | |
Transportfreigabe. | |
Dieser Umstellungsprozess sei „in jeder Hinsicht geglückt“, sagt Colette | |
Hercher, Präsidentin der Bundesfinanzdirektion Nord, alle Beteiligten seien | |
zufrieden. Und das sei wichtig gewesen, um die „Wettbewerbsfähigkeit des | |
Hafens gegenüber den Konkurrenten an der Nordsee zu sichern und | |
auszubauen“, glaubt Senator Horch. Und wieder nickten alle. | |
18 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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