# taz.de -- Ortstermin BND-Hauptquartier: Parkplatz 007 | |
> Der BND weiht Teil eins seines fast eine Milliarde Euro teuren | |
> Hauptquartiers in Berlin ein. Man verspricht, ein Geheimdienst „zum | |
> Anfassen“ zu werden. | |
Bild: Tadaaaaa: „Ganz normale Büromöbel“. Was haben Sie jetzt erwartet? | |
BERLIN taz | Vortäuschen gehört in der Agentenbranche zum Kerngeschäft – so | |
gesehen machen die Herrschaften vermutlich alles richtig an diesem | |
Montagmorgen. „Wir wollen mehr Transparenz“, versichert der Chef des | |
Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler. „Wir werden erstmals richtig | |
greifbar – ein BND zum Anfassen!“ Und ein Presserundgang durch die neue | |
bombastische BND-Zentrale in Berlin-Mitte soll diese kühne Behauptung wohl | |
untermauern. | |
Sieben Jahre nach Baubeginn und drei Tage vor dem Start des | |
NSA-Untersuchungsausschusses im Bundestag weiht der Auslandsgeheimdienst | |
einen ersten Seitentrakt seines opulenten neuen Hauptquartiers ein. | |
Bisherige Nettobaukosten: 912 Millionen Euro. Samt aller Nebenkosten für | |
den Umzug aus Bayern dürfte das Projekt am Ende mindestens 1,3 Milliarden | |
Euro verschlingen. | |
Das eigentliche Hauptgebäude ist nach wie vor eine Großbaustelle. Und von | |
4.000 BND-Mitarbeitern, die eines Tages mitten in Berlin arbeiten sollen, | |
ziehen dieser Tage auch nur 170 um – in ein Nebengebäude mit Parkhaus, | |
Großküche und Lagerhallen. Die meisten von ihnen kommen auch nicht etwa aus | |
der bisherigen BND-Zentrale im bayerischen Pullach, sondern arbeiten | |
ohnehin schon in einer Zweigstelle im Süden Berlins. | |
Aber: Der BND-Chef preist bereits den „Beginn einer neuen Ära“. Und | |
Kanzleramtschef Peter Altmaier schwärmt, wie toll es doch sei, dass | |
demnächst in den umliegenden Cafés die Geheimdienstleute mit den gemeinen | |
Bürgern zusammensitzen und „ganz selbstverständlich übers Wetter reden“ | |
könnten. | |
## Statt Namen lange Strichcodes | |
Dem Berliner Agentennachbarschaftsidyll steht natürlich genau wie der neuen | |
Transparenz die Geheimdienstpraxis entgegen. Gleich zum Start des Rundgangs | |
kündigt Kai Croppenstedt, Leiter der BND-Abteilung Umzug, an: „Mitarbeiter | |
werden Ihnen heute mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht begegnen. Dafür haben | |
wir gesorgt.“ Die Enttarnung wäre allerdings zumindest für Laien schwierig, | |
denn auf den Türschildern in dem neuen Eckgebäude stehen statt Namen lange | |
Strichcodes, wie man sie von Joghurtbechern oder Keksschachteln kennt. | |
Fotografieren: unerwünscht. | |
Der BND-Umzugschef öffnet eine Tür, dahinter: ein kleiner, kahler Büroraum | |
mit zwei Schreibtischen und jeweils zwei Computern darauf – einem für die | |
interne und einem für die externe Kommunikation. „Ganz normale Büromöbel�… | |
schwärmt Croppenstedt. Nur der unscheinbare graue Schrank sei kein | |
Standard. Er pocht dagegen. Soll heißen: bruchfest. Darin könnten die | |
Mitarbeiter „VS“-Unterlagen aufbewahren – also als geheim eingestufte | |
„Verschlusssachen“. Eine Kategorie, in die beim BND erstaunlich vieles | |
fallen dürfte. | |
Es geht ein paar Treppen hoch und wieder runter bis in den dreigeschossigen | |
BND-Keller. Die Kameraleute dürfen Regale mit Verlängerungskabeln filmen | |
und die majestätische Notstromanlage im Keller. Unten im Hof erwartet die | |
Besucher schließlich noch ein besonderer Hingucker: der | |
Mitarbeiterparkplatz mit der Nummer 007. | |
Unklar bleibt nach der Besichtigungstour, was demnächst 4.000 | |
Geheimdienstler hinter 14.000 Fenstern in rund 3.300 Büroräumen auf einer | |
Fläche viermal so groß wie jene des Bundeskanzleramts eigentlich machen | |
werden. Beziehungsweise: was dabei an sinnvollen Beiträgen für die | |
Gemeinschaft herauskommen könnte. | |
Das neue BND-Hauptquartier wirft derlei Fragen durch seine schiere Größe | |
plastischer denn je auf. Für den Geheimdienst bedeutet das: Er ist | |
gefordert, sich anders als früher zu erklären und zu beweisen. Das immerhin | |
kann nicht schaden. | |
31 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Astrid Geisler | |
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