# taz.de -- Konflikt im Osten des Landes: Die Härte der ukrainischen Regierung | |
> Während Kerry und Merkel Russland zu mehr Kooperation bewegen wollen, | |
> droht die ukrainische Führung mit Gewalt. Die Lage im Osten bleibt | |
> unübersichtlich. | |
Bild: Was genau sich hinter diesen Barrikaden in Lugansk abspielt, ist unklar. | |
KIEW/BERLIN dpa/afp/rtr | Die ukrainische Regierung hat den prorussischen | |
Aktivisten im Osten des Landes mit einem gewaltsamen Vorgehen der | |
Sicherheitskräfte gedroht. „Diejenigen, die auf Konflikt setzen, werden die | |
Härte des ukrainischen Staates zu spüren bekommen“, sagte Innenminister | |
Arsen Awakow am Mittwoch vor einer Kabinettssitzung. Einem Fernsehbericht | |
zufolge verlegte die prowestliche Führung in Kiew Militärtechnik in die | |
Stadt Lugansk, wo moskautreue Aktivisten ein Gebäude des Geheimdienstes SBU | |
besetzt hielten. | |
Awakow sagte, der „Anti-Terror-Einsatz“ gegen Separatisten in den Gebieten | |
Donezk, Charkow und Lugansk nahe der russischen Grenze werde fortgesetzt. | |
Zugleich bot er den gemäßigten Kräften einen Dialog an. „Ich denke, dass in | |
den nächsten 48 Stunden eine Lösung für diese Krise gefunden wird“, sagte | |
der Minister. Die Regierung in Kiew und die USA beschuldigen Russland, | |
hinter den Aufrührern in der Region zu stecken. | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warf Moskau mangelnde | |
Kooperationsbereitschaft vor. „Es ist leider an vielen Stellen nicht | |
erkennbar, wie Russland zur Entspannung der Situation beiträgt“, sagte sie | |
am Mittwoch im Bundestag. Insbesondere forderte sie die Führung in Moskau | |
auf, sich mit der neuen ukrainischen Regierung endlich an einen Tisch zu | |
setzen. „Es ist dringend wichtig, dass es internationale Gespräche unter | |
Beteiligung der Ukraine gibt.“ | |
Zugleich appellierte Merkel grundsätzlich an Russland, in der | |
internationalen Politik nicht allein auf die eigenen Interessen zu achten. | |
„Niemand, der erfolgreich sein möchte, kann heute seine eigenen Belange in | |
den Vordergrund stellen. Er verbaut sich selbst seine eigene Zukunft. Das | |
Modell des Interessenausgleichs ist das Modell der Zukunft.“ | |
## Chaos der vergangenen 24 Stunden | |
Auch die USA haben vor einem geplanten Krisentreffen von Russland konkrete | |
Schritte zur Entschärfung des Ukraine-Konflikts angemahnt. Die russische | |
Regierung müsse entsprechende Maßnahmen noch vor den für kommende Woche | |
angesetzten Gesprächen ergreifen, sagte US-Außenminister John Kerry am | |
Dienstag (Ortszeit) bei einer Senatsanhörung in Washington. Kerry machte | |
dabei erneut Russland als Unruhestifter in der Ostukraine aus. | |
Zu den von Kerry eingeforderten Schritten gehört ein Rückzug russischer | |
Truppen aus dem Grenzgebiet zur Ukraine sowie ein Ende der prorussischen | |
Agitation in der Ostukraine. „Es ist klar, dass russische Spezialkräfte und | |
Agenten der Katalysator hinter dem Chaos der vergangenen 24 Stunden waren“, | |
sagte Kerry in Washington. Wegen der teils als zu zaghaft kritisierten | |
Russland-Politik der US-Regierung lieferte Kerry sich während der Anhörung | |
einen verbalen Schlagabtausch mit Senatoren. | |
Kommende Woche wird der US-Spitzendiplomat sich erneut mit seinem | |
russischen Kollegen Sergej Lawrow treffen, um einen Weg aus der Krise zu | |
finden. Dabeisein sollen nach EU-Angaben auch die EU-Außenbeauftragte | |
Catherine Ashton sowie der ukrainische Außenminister. | |
Das Außenministerium in Moskau wies den Vorwurf, Russland konzentriere | |
Truppen an der Grenze zur Ukraine, als „antirussische Kampagne“ zurück. | |
„Die Tätigkeit russischer Streitkräfte bedroht weder die Sicherheit der USA | |
noch die anderer OSZE-Staaten“, teilte das Ministerium mit. „Die USA und | |
die Ukraine haben keinen Grund zur Besorgnis.“ Nötig sei ein konstruktiver | |
Dialog, um die Lage in der Ukraine zu stabilisieren. | |
## Unklarheit über Geiselnahme in Lugansk | |
Es gebe an der Grenze zur Ukraine keine ungewöhnlichen Bewegungen, teilte | |
das Ministerium weiter mit. Zugleich zeigte sich die Behörde besorgt über | |
Äußerungen von Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, in Osteuropa, im | |
Baltikum und in der Schwarzmeerregion unter dem Vorwand der Ereignisse in | |
der Ukraine selbst Truppen zu konzentrieren. | |
Im ostukrainischen Lugansk verstärkten prorussische Aktivisten ihre | |
Barrikaden rund um die besetzte Geheimdienstvertretung. Sie fordern - wie | |
auch Russland - eine Föderalisierung der Ukraine und mehr Rechte für die | |
russischsprachigen Regionen. Mehrere Hundert Menschen hielten sich in dem | |
Geheimdienstgebäude auf. Nach offiziellen Angaben sind dort am Mittwoch 51 | |
Menschen freigekommen. Der Aktion seien Verhandlungen zwischen den Behörden | |
und den Demonstranten vorangegangen, erklärte der Inlandsgeheimdienst SBU. | |
Er hatte am Vortag von einer Geiselnahme gesprochen. Die Opposition wies | |
diese Darstellung zurück. Unklar war zunächst, ob es sich bei den | |
freigekommenen Personen um Demonstranten oder Geiseln handelte. | |
Unterdessen setzt die EU-Kommission eine Unterstützungsgruppe für die | |
wirtschaftlich und politisch angeschlagene Ukraine ein. „Damit wird | |
sichergestellt, dass die ukrainische Regierung alle benötigte Hilfe zur | |
Umsetzung politischer und wirtschaftlicher Reformen bekommt, die zur | |
Stabilisierung des Landes notwendig sind“, sagte EU-Kommissionschef José | |
Manuel Barroso am Mittwoch in Brüssel. Die Expertengruppe soll von | |
EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle koordiniert werden und die Hilfe der | |
EU sowie der Mitgliedstaaten für die Ukraine organisieren. | |
9 Apr 2014 | |
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