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# taz.de -- Homosexualität in der Türkei: Von der Gesellschaft ausgeschlossen
> Die Regierung will Homo- und Transsexuelle in Sondergefängnissen
> unterbringen. Damit würden sie noch stärker stigmatisiert als ohnehin
> schon.
Bild: TeilnehmerInnen der letzten Gay-Pride in Istanbul im Jahr 2013
ISTANBUL taz | Nach der gewonnenen Kommunalwahl Ende März macht die
Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan deutlich, dass sie
weiter an der Durchsetzung ihres religiös-konservativen Gesellschaftsbildes
arbeiten will. Vor dem Parlament erklärte Justizminister Bekir Bozdag
jetzt, er beabsichtige, für Schwule, Lesben und Transsexuelle ein
Sondergefängnis einzurichten. Kritik der Opposition wies er zurück: Ein
solches Gefängnis sei keine Diskriminierung, sondern diene dem Schutz der
Betroffenen.
Bekannt wurde das Vorhaben, weil ein Abgeordneter der oppositionellen CHP,
Veli Agbaba, in mehreren Gefängnissen Schwule besucht hatte, um sich über
ihre Situation zu informieren und dabei von den Plänen erfahren hatte. Wie
Agbaba vor dem Parlament erklärte, sei die Situation nicht heterosexueller
Gefangener bereits jetzt hochproblematisch, weil sie innerhalb der
bestehenden Gefängnisse isoliert und von Gemeinschaftsräumen sowie vom
Hofgang ausgeschlossen würden.
Diese Sondersituation müsse dringend geändert werden, damit diese
Gefangenen nicht doppelt bestraft würden. Auch ein Sprecher des
Homosexuellenvereins SPOD, Efe Songün, kritisierte den Plan der Einrichtung
von Sondergefängnissen heftig: „Das stigmatisiert Menschen und legitimiert
Hassverbrechen und Diskriminierung.“
Gefangene werden in der Türkei bei Haftantritt nach ihrer sexuellen
Orientierung gefragt und müssen sich dazu äußern. Zurzeit sind 79 Menschen
inhaftiert, die sich offen dazu bekennen, schwul oder lesbisch zu sein. Die
tatsächlich Anzahl ist sicher wesentlich höher, weil viele Betroffene Angst
haben, sich angesichts der Verhältnisse in den Gefängnissen zu ihrer
Homosexualität zu bekennen.
## Weitere Ausgrenzung
Obwohl es im Rahmen der Gezi-Proteste im letzten Sommer einer starke
Aufwertung von Schwulen und Lesben gegeben hat, gilt Homosexualität
innerhalb der türkischen Mehrheitsgesellschaft nach wie vor als ein großes
Stigma, obwohl sie kein Straftatbestand ist.
Auch wenn die Bedrohung Homosexueller im Gefängnis sicher vielfach Realität
ist, dient der Vorschlag der Schaffung von Sonderknästen nicht in erster
Linie dem Schutz der Betroffenen, sondern der weiteren Ausgrenzung von
Homosexuellen aus der Mehrheitsgesellschaft. Für Erdogans
islamisch-konservative AKP ist Homosexualität eine „unnatürliche“, gegen
den Willen Gottes verstoßende Neigung.
15 Apr 2014
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Transgender
Schwerpunkt Türkei
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Homosexualität
Diskriminierung
Gefängnis
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Türkei
Homosexualität
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Joachim Gauck
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Deniz Yücel
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