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# taz.de -- Russische Medienstrategie in Ukraine-Krise: Hier spricht der Kreml-…
> Ausländische Journalisten können in Russland relativ ungestört arbeiten.
> Denn der Kreml weiß: von ihnen hat er nichts zu befürchten.
Bild: Entscheidet, was läuft: Russlands Präsident Wladimir Putin.
MOSKAU taz | Moskau hat gelernt. Als Russland 2008 in Georgien
einmarschierte und die separatistischen Republiken Abchasien und
Südossetien aus der Kaukasusrepublik heraustrennte, stand dem militärischen
Erfolg ein mediales Desaster gegenüber. Vor allem jenseits der russischen
Grenze war der Kreml nicht in der Lage, seine Sicht der Dinge zu
vermitteln.
Seither hat er versucht, das zu ändern. Nicht nur die Armee wurde
reformiert, auch die Mitarbeiter an der Informationsfront wurden geschult.
Mit dem englischsprachigen Sender Russia Today, einem Heer von bezahlten
Bloggern, russischen Journalisten und wohlmeinenden Experten in den
Gastländern erreichte die russische Imagemaschine eine erstaunliche
Effektivität. Sie macht den Berichten heimischer Medien spürbar Konkurrenz.
In Russland führt das zu einer größeren Gelassenheit. Die Ukrainekrise hat
sich auf die Arbeit der ausländischen Korrespondenten in Russland bislang
nicht ausgewirkt. Waren im Vorfeld zu den Olympischen Spielen in Sotschi
TV-Korrespondenten beim Drehen häufiger behindert worden, so ist es zurzeit
erstaunlich ruhig. Doch mit offenen Armen werden Korrespondenten nicht
empfangen. Denn grundsätzlich gilt: ein ausländischer Journalist muss etwas
mit Spionage zu tun haben und kann nicht nur der Redaktion verpflichtet
sein.
An die Unabhängigkeit des Journalisten glaubt in Russland nur eine
verschwindende Minderheit. Denn in Russland ist es anscheinend immer noch
häufig Praxis, Korrespondenten ins Ausland zu schicken, die auch noch auf
der Gehaltsliste eines anderen Auftraggebers stehen.
## Berichterstatter waren schon den Zaren suspekt
Das Misstrauen gegenüber ausländischen Journalisten hat jedoch nichts mit
Präsident Putin oder der kommunistischen Vergangenheit Russlands zu tun.
Schon unter den Zaren begegnete man Berichterstattern als Kurieren anderer
Dienste. Dass es dem Image schadet, wenn ein Journalist im Westen der Nähe
zum Geheimdienst verdächtigt wird, stößt in Russland nicht auf Verständnis.
72 Prozent gaben in einer Umfrage des FOM-Instituts im April an, dass sie
Verständnis hätten, wenn im Interesse des Staates Nachrichten unterdrückt
würden, 54 Prozent halten auch gezielte Falschinformationen für
gerechtfertigt. Das kommt einer Einladung zur Manipulation gleich.
Davon machen die russischen Medien reichlich Gebrauch. Die
Propagandaschlacht um die Ukraine haben sie in Russland längst gewonnen: In
Kiew herrsche eine faschistische Junta glaubt der Zuschauer, Drahtzieher
sind die Bürokraten in Brüssel, Barack Obama und der CIA. 88 Prozent der
Bürger informieren sich über die staatlichen TV-Sender. Fakten und
Überprüfbares liefern diese nur zufällig. Die Propaganda ist inzwischen
total und ersetzt Information.
Ein und derselbe Zeuge wird in „Nachrichtendokumentationen“ in drei
verschiedenen Rollen dargestellt. Dieser Schnitzer wurde sogar bemerkt, tat
der Glaubwürdigkeit der TV-Teams aber keinen Abbruch. Die Technik der
reinen Erfindung erweist sich als sehr effektiv und dies nicht nur beim
Zuschauer. Eine fiktive Darstellung auf der Nachrichtenebene zu widerlegen,
ist komplizierter als einzelne verdrehte Fakten zu berichtigen.
Ende der Woche zeichnete Präsident Wladimir Putin nun die verdientesten
Mitarbeiter an der Informationsfront aus. 300 wurden für ihre „hohe
Professionalität und Objektivität bei der Berichterstattung über die
Ereignisse in der Republik Krim“ geehrt.
## Orden für Chefredakteure
Orden für die „Verdienste um das Vaterland“ gingen an die Chefredakteure
der großen Sender, darunter auch an den Generaldirektor des Kanals NTW,
Wladimir Kulistikow, und die Chefredakteurin des Auslandssenders Russia
Today, Margarita Simonjan.
Der Chefpropagandist des Kreml und Leiter der neuen Superbehörde „Rossija
segodnja“ Dmitrij Kisseljow, war schon vorher mit einem Orden bedacht
worden. Die Geiselnahme der Beobachter-Mission in der Ukraine letzte Woche
kommentierte er in seiner wöchentlichen Sendung amüsiert: „Es werden wieder
Fritze (Spitzname für Deutsche, Anm. d. Red.) gejagt. Wir haben deutsche
Spione gefasst.“ Nun stelle sich die Frage, ob der Westen einen Blitzkrieg
gegen Russland anstrebe oder einen langen Kampf.
Medial hat der talentierte Propagandist längst einen asymmetrischen
Informationskrieg um die Deutungshoheit im Westen eröffnet. Er könnte ihn
sogar gewinnen.
6 May 2014
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
## TAGS
Medien
Ukraine-Krise
Russland
Schwerpunkt Pressefreiheit
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russland
Propaganda
Russland
Odessa
Ukraine
Wladimir Putin
Schwerpunkt Pressefreiheit
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