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# taz.de -- Studierendenproteste in Venezuela: Polizei räumt Protestcamps
> Über 240 Menschen wurden festgenommen, ein Polizist unter ungeklärten
> Umständen erschossen. Die Camps in der Hauptstadt sind weg.
Bild: Vertreibung vor dem Morgengrauen: Die Nationalgarde räumt alles ab.
CARACAS taz | Die Aktionen kamen überraschend. Gegen 3.30 Uhr am frühen
Donnerstagmorgen begannen staatliche Polizeieinheiten zeitgleich mit der
Räumung von vier Protestcamps in der venezolanischen Hauptstadt Caracas.
Darunter auch das Camp vor dem Gebäude, in dem die Vereinten Nationen ihren
Sitz haben.
Augenzeugenberichten zufolge erfolgten die Räumungen schnell und
konsequent. Nach Angaben der Polizei wurden 243 Personen festgenommen,
darunter 18 Minderjährige. Informationen zu möglichen Polizeiübergriffen
gibt es nicht. Die zum Großteil im Schlaf überraschten Studenten und
Jugendlichen leisten kaum Widerstand. Das war auch nicht anders zu
erwarten, zumal sie ihren Protest selbst als absolut gewaltlos definierten.
Die Aktionen kamen so überraschend, dass herbeigerufene UnterstützerInnen
erst nach vollendeten Tatsachen an den Orten der Räumung eintrafen. Über
Handy hatten einige der Geräumten kurz zuvor gewarnt, das ihnen die Polizei
den Besitz von Schusswaffen oder sonstigen illegalen Waffen unterschieben
werde. Später trat Innenminister Miguel Rodríguez Torres mit einer breite
Präsentation der bei der Räumung der Campamentos vorgefundenen Sachen an
die Öffentlichkeit, darunter Waffen, Tränengasgranaten, Molotowcocktails,
Drogen sowie US-Dollars und Klopapier.
Wie viele Studenten und Jugendliche letztlich festgenommen und auf
verschiedene Polizeiposten verbracht wurden ist noch unklar. Nach den
Worten der Menschenrechtsanwältin Elenis Rodríguez werden sie derzeit
medizinisch untersucht und auf mögliche Vorstrafen überprüft. Im Laufe des
Freitags soll entschieden werden, wer freigelassen und wer dem Haftrichter
vorgeführt werden soll. Eine ihrer größten Befürchtungen sei, dass sie als
Terroristen angeklagt werden könnten.
## 24jähriger Polizist erschossen – aber von wem?
##
Oppositionelle StudentInnen und Jugendliche hatten am 24. März erstmals an
der Avenida Francisco de Miranda vor dem Sitz der UNO in Caracas ein
Protestcamp errichtet. Sie forderten die UNO auf, eine unabhängige
Kommission nach Venezuela zu entsenden um die Menschenrechtsverbrechen
während der seit Februar anhaltenden Proteste zu untersuchen, bei denen
mittlerweile 42 Menschen ums Leben kamen. Weitere Gruppen waren dem
Protestbeispiel gefolgt und errichteten an weniger emblematischen Orten
Protestcamps.
Nach den Räumungen versuchten kleinere Unterstützergruppen mit
Straßenblockaden zu protestieren. Das massive Polizeiaufgebot verhinderte
jedoch jeglichen Protest. Bis zum Abend waren die Aufräumarbeiten soweit
abgeschlossen, das beispielsweise vor dem Sitz der UNO nichts mehr an die
über 300 Zelte erinnerte, die hier noch tags zuvor gestanden hatten. Von
Sitz der UNO in Genf aus kritisierte ein Sprecher vor allem die
Unsicherheit über den Verbleib der Festgenommenen und forderte die
Regierung auf, friedliche Protestanten nicht zu kriminalisieren.
Im Verlauf der Aktionen wurde ein 24-jähriger Polizist durch einen Schuss
in den Hals getötet, zwei weitere 24-Jährige ebenfalls durch Schüsse
verwundet. Wer die Schüsse abgefeuert hat sowie der genaue Verlauf der
Ereignisse ist jedoch unklar. Nach ersten Informationen wurde auf eine
Gruppe von Polizisten geschossen, die an der Räumung der Camps beteiligt
war und in der Nähe der Centro Plaza im Stadtteil Chacao auf weitere
Einsatzbefehle wartete. Dagegen sprach Präsident Nicolás Maduro am Abend
von „mörderischen Scharfschützen der venezolanischen Rechten,“ die auf die
Polizisten in der Avenida Francisco de Miranda geschossen hätten, während
sie die Reste einer Straßenbarrikade beseitigt hätten.
Zumindest das Camp vor der UNO muss der Regierung von Nicolás Maduro eine
enormer Dorn im Auge gewesen sein. Dass sie den Räumungsbefehle gegen die
vier Protestcamps in der Hauptstadt erteilte, zeigt, dass sie sich vor
einem erneuten Aufflammen der Proteste keine Sorgen macht. Tatsächlich
kommt es derzeit nur noch in der Umgebung der privaten Universitäten von
Caracas zu einzelnen Protestaktion. Wo Maduro tatsächlich der Schuh drückt,
brachte Oppositionsführer Henrique Capriles auf den Punkt: „Die Strategie
der Regierung ist es, mit Festnahmen und Verfolgung das wirtschaftliche
Desaster und Debakel übertünchen“.
9 May 2014
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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Nicolás Maduro
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