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# taz.de -- 210-219 Tag FDLR-Kriegsverbrecherprozess: Der Sekretär weiß alles
> Ein zentraler Ex-Mitarbeiter des militärischen FDLR-Hauptquartiers packt
> aus: von der Vorgeschichte bis zur Verhaftung des Präsidenten.
Bild: Herrschaftsmittel Plünderung: Vor der FDLR geflohene Kongolesen in Niyon…
STUTTGART taz | Zeuge W erscheint in weißem Hemd und schwarzer Stoffhose.
Der Ruander im Stuttgarter Gerichtssaal spricht leise und gestikuliert
viel. Als ehemaliger Angehöriger des Sekretariats des bewaffneten Arms der
ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas)
weiß er sehr viel über die Historie und Struktur der Organisation, deren
Führer Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni vor dem OLG Stuttgart wegen
FDLR-Kriegsverbrechen im Kongo angeklagt sind, und vor allem über die Rolle
und die Arbeit von Sylvestre Mudacumura, Führer des bewaffneten
FDLR-Flügels FOCA (Forcs Combattantes Abacunguzi).
W wird vom 10. bis 19. März 2014 - nach einer Reihe nichtöffentlicher,
ausgefallener oder mit dem Verlesen von Dokumenten gefüllter
Verhandlungstage und einer Pause im Februar - vier Tage lang im Prozess
gegen Murwanashyaka und Musoni vernommen. Wann immer er kann, betont er,
dass Präsident Murwanashyaka über General Mudacumura stand - das Verhältnis
zwischen den beiden und vor allem die Frage, ob Murwanashyaka aus
Deutschland heraus Befehlsgewalt über Mudacumura und damit über
militärische Aktionen der FDLR im Kongo hatte, ist das zentrale Element
dieses Prozesses.
W ist auch eine gute Ergänzung zum vorherigen Zeugen Y, der für die FDLR in
Süd-Kivu Funksprüche annahm und sammelte. W war im FDLR-Hauptquartier
Kalongi in Nord-Kivu unter dem Kommando von General Mudacumura zuständig
dafür, „alle Nachrichten und zu empfangen, die nicht per Funk geschickt
wurden“. Er hatte den FOCA-Laptop, arbeitete online, digitalisierte
Dokumente. Er verfasste auch die Protokolle vom Besuch Murwanashyakas bei
seinen Kämpfern im Kongo 2005.
## Der Präsident steht ganz oben
Murwanashyaka war als Präsident der FDLR „Garant der Organisation“, sagt W
- später führt er aus, Aufgabe des Präsidenten war, „dass es der
Organisation gut geht, für die Diplomatie zuständig zu sein, für die
Organisation zu sprechen und Unterstützung für die FDLR zu finden“.
Mudacumura war demgegenüber als Führer des militärischen Flügels FOCA
„Kommandeur der militärischen Operationen“.
„Also stand Murwanashyaka über Mudacumura?“ fragt der Vorsitzende Richter
Hettich.
„Ja“, antwortet W.
„Konnte Murwanshyaka Mudacumura Befehle erteilen?“
„Laut Verwaltung stand Murwanashyaka über Mudacumura - ja, das war
möglich.“
„Kam es auch vor?“
„Ja, es kam im militärischen Rahmen vor, aber es gab die Regel, dass der
Führer des militärischen Flügels allein Entscheidungen treffen kann, je
nachdem wie er die Situation einschätzt. Er muss es Murwanashyaka
berichten.“
„Kamen militärische Befehle von Murwanashyaka bezüglich Operationen vor?“
bohrt der Richter weiter.
„Ich kann nicht bestätigen“, sagt W. Schließlich sei er nur für
Internet-Botschaften zuständig gewesen, nicht Funk oder Satellitentelefon –
„alles, was er damit machte, konnten wir nicht wissen.“
Auf Nachfrage der Verteidigung führt W später aus: Befehle erteilte
Murwanashyaka nicht allein, sondern wenn er das tun wollte, hielt er ein
Führungstreffen ab - das „Comité Directeur“ der FDLR, bestehend aus je 15
Politikern und Militärs. „Man musste sich über Entscheidungen einigen;
falls das nicht möglich war, wurde abgestimmt.“
## Befehl aus Deutschland: „Heldenhaft kämpfen“
Bei der Detailbefragung durch den Senat bestätigt W, was auch andere Zeugen
ausgesagt haben: Mudacumura konnte erst seinen Einheiten militärische
Befehle erteilen und Murwanashyaka anschließend unterrichten. Aber
Murwanashyaka konnte auch Anweisungen geben, die Mudacumura dann in Befehle
umwandelt.
Zum Beispiel kurz vor Beginn der gemeinsamen kongolesisch-ruandischen
Armeeoperation „Umoja Wetu“ gegen die FDLR in ihren Hochburgen im Ostkongo
im Januar 2009: „Ich erinnere mich, dass es FDLR-Anweisungen gab,
heldenhaft zu kämpfen. Das kam vom Präsidenten der FDLR. Aber die
militärischen Anweisungen zu täglichen Operationen kamen von Mudacumura; er
gab dann Bericht an Murwanashyaka.“
Die Anweisung, „heldenhaft zu kämpfen“, wird genauer hinterfragt. „Der
Inhalt der Nachricht war: wir haben seit langem gekämpft, es ist nicht die
erste Operation, wir haben viele Operationen überlebt, diese werden wir
auch überleben, wir sollen heldenhaft kämpfen.“ Diese Botschaft des
FDLR-Präsidenten wurde öffentlich auf einem Platz verlesen.
Es gab im FDLR-Hauptquartier zwei Laptops, die die Miliz Jahre zuvor „aus
Lubumbashi mitgenommen“ hatte. Irgendwann gab es Probleme - „wir mussten in
Uganda ein neues bestellen“. Das kam über Goma und Walikale nach Kashebere,
ein Dschungeldorf in Nord-Kivu. „Mudacumura und ich gingen hin, um es
abzuholen“.
Das FOCA-Kommando befahl FDLR-Kämpfern Plünderungen an der kongolesischen
Zivilbevölkerung, so W - die sogenannten „Opérations de ravitaillement“
(Versorgungsoperationen). Dafür gab es schriftliche Anweisungen und einen
Anteil für das FOCA-Kommando.
## Plünderung heißt „Versorgungsoperation“
„W weiß über diese „Versorgungsoperationen“ (ODR), deren Beginn er auf …
datiert, viel zu sagen. „Es war, als stütze sich die ganze Logistik der
FDLR darauf“, meint er. Jedes Bataillon hatte dafür sein eigenes
festgelegtes Gebiet. Der Tod von Zivilisten war möglich.
„Versorgungsoperationen“, erläutert W, bestanden zum Beispiel darin,
Fahrzeuge von Händlern auf Straßen durch den Wald anzugreifen - wenn die
Fahrzeuge Militärschutz hattem, entwickelten sich Feuergefechte, „Soldaten
starben auf beiden Seiten und auch die Zivilisten, die dort waren“.
Oder „wenn man Medikamente brauchte, machte man Aufklärung, wo
Krankenhäuser oder Gesundheitszentren sind, um Medikamente zu klauen“. Oder
man kaufte kongolesischen Regierungssoldaten die Waffen ab. Oder man
„schützte“ Bergwerke und Märkte und erhob Steuern von den Bergleuten und
Markthändlern.
Die Besteuerung von Märkten durch die FDLR bestand von Anfang an und war
mit den lokalen Dorfchefs vereinbart - „mit den Dorfchefs wurde 50:50
geteilt. Die Hälfte des Geldes ging zur FOCA-Führung, damit Material
gekauft wird wie Hefte, Medikamente, Alkohol“. All diese Operationen
geschahen „nicht im Krieg“, sondern „wenn es Ruhe gab“ - nicht nur unter
Mudacumura, sondern auch unter seinem Vorgänger Paul Rwarakabije, dem
ersten FDLR-Militärchef, der 2003 nach Ruanda desertierte und inzwischen
mehrmals als Zeuge in Stuttgart aufgetreten ist.
„Mussten die Anweisungen nicht von Murwanashyaka genehmigt werden?“ fragt
der Richter.
„Er hatte nicht die Anweisung gegeben, da es das Gesetz und die Operationen
schon gab, bevor er Präsident wurde“, antwortet W. Deutlich wird damit, und
er führt es auch weiter aus: Praktiken der im Jahr 2000 gegründeten FDLR
aus vorherigen Zeiten, wo sie noch anders hieß und ihre Soldaten während
des großen Kongokrieges teilweise in der kongolesischen Regierungsarmee
gegen ruandisch unterstützte Rebellen kämpften, waren hinterher weiter
gültig auch ohne spezifischen Befehl der FDLR-Führung.
Man habe nach Gründung der FDLR - als eigenständige Organisation der im
Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Soldaten - darüber diskutiert, mit den
Plünderungen aufzuhören, „aber es gab keine andere Art und Weise und die
Organisation machte so weiter“, so W. Um 2003 habe man gesagt, dass dies
„unseren Namen beschädigt“, aber es sei trotzdem weitergegangen.
## 2000-02: Die FDLR wird gegründet
W erinnert sich gut an die FDLR-Gründungszeit. Die FDLR entstand 2000 als
Fusion der damals in Kongos Regierungsarmee aktiven ruandischen
Hutu-Kämpfer im Westen des Kongo mit denen im Osten, die damals als
Guerilla gegen Ruandas Armee tätig waren. Die Guerilla im Ostkongo hieß
ALIR (Armee zur Befreiung Ruandas), die Soldateneinheiten im Westkongo
hießen ALIR 2 oder auch "Forces Spéciales". Für ALIR gab es theoretisch die
politische Dachorganisation PALIR (Partei zur Befreiung Ruandas); als die
Soldaten im Westen die FDLR gründeten, ging PALIR in ihr auf - ihre
Funktionäre gingen nach Westkongo, wurden Teil der FDLR und "erst dann war
die militärische Fusion".
Ihren militärischen Flügel FOCA gründete die neu entstandene FDLR nämlich
laut W erst später, auf einer Mitgliederversammlung in Kilembwe, an der W
als Sekretär teilnahm und die er auf den 1. Februar 2002 datiert. Über das
Datum ist er sich nicht ganz sicher - es war aber nach dem letzten
Großangriff der Hutu-Guerilla auf Ruanda selbst war, die Operation „Orakel
des Herrn“ im Frühjahr 2001.
„Die Operation war gescheitert und die Soldaten im Osten waren sehr
demotiviert“, erinnert sich W. Dann seien die Einheiten aus dem Weseten
dazugestoßen, die besser ausgerüstet waren: „Sechs Personen im Osten hatten
nur eine Waffe, aber ein Soldat aus dem Westen hatte drei Waffen“.
Die Kämpfer im Westen hatten auch schwere Waffen - die „bekamen wir mit
Hilfe der kongolesischen Armee“. Die Soldaten aus dem Westen „erhielten
Sold von der (kongolesischen) Regierung“, die im Osten überlebten durch
„Versorgungsoperationen“, also Plünderung. Von Anfang an waren also
Spannungen zwischen unterschiedlich ausgestatteten und auftretenden West-
und Ost-Einheiten in der FDLR angelegt.
Kongos Regierung stand damals unter internationalem Druck, sich von den
ruandischen Hutu-Kämpfern zu lösen, und löste dieses Problem, indem er sie
einfach als gut ausgestattete Untergrundarmee im Ostkongo untertauchen
ließ. Paul Rwarakabije, der damalige Militärchef, desertierte 2003 und ging
nach Ruanda, laut W weil er nicht einverstanden war mit Plänen zu einem
erneuten Angriff auf ruandisches Gebiet. Er verriet diese Pläne in Ruanda.
„Die Operation hatte das Ziel, Soldaten der FDLR nach und nach in Ruanda zu
infiltrieren. Aber man stellte fest, dass die Operation kein Geheimnis war
wegen der Rückkehr von Rwarakabije“, erinnert sich W. Das führte zu neuem
Streit: „Die Leute, die früher im Osten waren, fühlten sich nicht richtig
als Teil der Armee; die Leute, die von Westen kamen, haben den Leuten um
Rwarakabije nicht vertraut.“
Auch er selbst sei unter Spionageverdacht geraten, so W. Der aus den
Westeinheiten stammenden General Mudacumura, bislang Stellvertreter
Rwarakabijes, habe schließlich eine Versammlung des FDLR-Oberkommandos
einberufen und sei als einziger Kandidat zum neuen Oberkommandierenden
gewählt worden. Gegenkandidaten gab es keine: „Alle Leute hatten damals
Angst vor Mudacumura“.
## 2003-05: Militärchef Mudacumura festigt seine Macht
Der neue starke Mann Mudacumura festigte seine Macht. Seine gewählte
Amtszeit wurde von zwei auf fünf Jahre verlängert, mehrere
Bataillonskommandeure aus dem Osten wurden durch Westler ersetzt, „damit
sie die Mehrheit sind“. Daraufhin gab es diverse Krisen und Abspaltungen in
der FDLR, unter anderem die Gründung der als gemäßigter auftretenden RUD
(Sammlung für Einheit und Demokratie) sowie „eine Frau, die eine eigene
bewaffnete Gruppe hat - sie hatte eine neue Partei gegründet und es gab
zwei Kommandeure die zu ihr gehen wollten“.
Diese Frau, bestätigt W, war Victoire Ingabire, die mittlerweile als rein
zivile Oppositionsführerin auftritt und in Ruanda im Gefängnis sitzt, nach
Jahren im niederländischen Exil. Ingabires Unterstützer sagen gerne,
Behauptungen von Verbindungen zum militärischen Hutu-Exil seien reine
Verleumdung und sie werde ausschließlich politisch verfolgt.
Bei er RUD-Gründung ging es unter anderem um Meinungsverschiedenheiten in
Bezug auf die Einnahmen aus Plünderungen, die nach wie vor weitergingen.
„Die Politiker aus Europa wollten ODR beenden, ich glaube es war 2004-05.
Aber die ODR wurden nie beendet, da die Soldaten im Wald sagten: die
Politiker in Europa wissen nicht, wie hart das Leben hier ist.“
Es habe eine Versammlung des FDLR-Comité Directeur in Europa unter Vorsitz
Murwanashyakas gegeben mit dem Ergebnis einer Anweisung, die Plünderungen
zu beenden. „Mudacumura machte daraus eine Nachricht an seine Untergebenen,
damit diese ihre Meinung dazu sagen. Sie antworteten, dass der CD etwas
anderes suchen muss.“ Mudacumura teilte dies seinem Präsidenten in
Deutschland per Telegramm über Satellitentelefon mit. Anders gesagt: Der
Präsident in Deutschland war machtlos, wenn der Militärchef im KOngo
anderer Meinung war.
Ein weiterer Befehl der Führung in Deutschland aus jener Zeit, den die
Führung im Kongo nicht umsetzte, betraf die Auslieferung von Ruandern, die
das UN-Völkermordtribunal für Ruanda im tansanischen Arusha per Haftbefehl
suchte: „Der Präsident sagte, dass jene, die in Arusha gesucht werden,
ausgeliefert werden. Das wurde nicht akzeptiert und umgesetzt.“
## 2009: Die Zivilbevölkerung wird zum Feind
W zeichnet insgesamt das Bild der FDLR vor Ort im Kongo als regelmäßig
außer Kontrolle agierenden Struktur, die Aufrufe zur Mäßigung aus
Deutschland ignorierte. Er bestätigt, was manche andere Zeugen bestritten
haben - dass nach Beginn von „Umoja Wetu“ im Janaur 2009, als die FDLR aus
vielen ihrer Hochburgen im Ostkongo kurzzeitig verjagt wurde, Warnungen per
Flugblatt an die Zivilbevölkerung ergingen, nicht mit „dem Feind“ - also
mit Kongos Armee - zusammenarbeiten, und dass entsprechend auch Vergeltung
in Form des Anzündens von Dörfern geübt wurde.
Er erinnert sich, wie bereits andere Zeugen, an den diesen Aktionen
zugrundeliegenden Befehl der FDLR-Führung, eine „humanitäre Katastrophe“
unter der Zivilbevölkerung anzurichten. Dieser Befehl - von dem in diesem
Prozess strittig ist, ob er von Präsident Murwanashyaka aus Deutschland kam
oder nicht - sei im Kongo im FDLR-Generalstab erarbeitet worden, „von einem
Dienst, der für Kämpfe zuständig ist“, und dann zu Mudacumura geschickt
worden. „dort wurde es beraten und an die Einheiten geschickt“.
Er bestätigt auf Nachfrage der Verteidigung allerdings auch, dass es einen
„permanenten Befehl“ des FOCA-Kommandos gab, Zivilisten gut zu behandeln -
„dass die Zivilisten weniger Kraft haben als die Soldaten, dass die
Soldaten mehr Kraft haben, da sie Waffen haben, daher sollten die
Zivilisten geschützt werden und man sollte keine Dinge von ihnen nehmen“.
Wie die anderen „permanenten Befehle“ auch wurde dieser per Schreibmaschine
geschrieben und später von W im Computer gespeichert.
Widerrufen wurde er nie. Befolgt allerdings offenbar auch nicht. Gegen Ende
seiner Vernehmung sagt W: „Die Kongolesen haben mit Ruanda
zusammengearbeitet. Ab diesem Zeitpunkt sind die Zivilisten unsere Feinde
geworden.“
„Jeder Zivilist wurde also als Feind betrachtet?“ fragt Murwanashyakas
Verteidigerin Ricarda Lang.
„Ja, so war es“, sagt W.
## Die „Strafaktion“ von Busurungi
W erinnert sich auch an die Planung des Angriffes der FDLR auf Busurungi im
Mai 2009 - das größte der Miliz zugeschriebene einzelne Massaker in der
deutschen Anklage. Ein Offizier der Reservebrigade habe den Angriff vorab
mit den ausführenden Einheiten als „Sandkastenspiel“ durchgespielt.
„Die Reservebrigade schickte einen Bericht an das FOCA-Kommando, dass
Soldaten aus Busurungi ruandische Flüchtlinge (im Nachbarort Shario)
getötet haben, unter anderem Familienangehörige der Reservebrigade“,
schildert W den Vorlauf. Danach „erteilte der FOCA-Kommandeur den Befehle
für eine Opération Punitive (Strafaktion), damit die Leute, die Flüchtlinge
getötet haben, bestraft werden“.
Der Befehl wurde auf einer Versammlung des Generalstabs vorbereitet und von
Mudacumura unterzeichnet. „Der Befehl war, eine Operation durchzuführen,
aber die Taktik, zum Beispiel die Unterscheidung zwischen Soldaten und
Zivilisten, musste der Kommandeur der Reservebrigade vorbereiten.“
Die politische Führung - also in Deutschland - spielte bei dieser
Versammlung „keine Rolle“. Sie wurde über die Tötung der Flüchtlinge
informiert, machte aber keine Vorgaben an den Generalstab. „Ich sehe nicht,
as die Politiker sagen konnten, es sei denn sie schickten Material“, sagt
W. „Die Politik kennt nicht die Taktik, um Operationen durchzuführen“.
## 2009-10: Die Miliz schrumpft zusammen
Bis Mai 2010 arbeitete W als Sekretär, obwohl das FDLR-Hauptquartier in
Kalongi wegen „Umoja Wetu“ 2009 aufgegeben werden musste. Die
kongolesisch-ruandische Operation schwächte die Miliz offenbar
empfindlicher als damals bekannt wurde. Vor Umoja Wetu habe die FDLR 8900
Soldaten gehabt und 670 Offiziere, so W aufgrund der Zahlen der
FDLR-Verwaltung. „Bei Umoja Wetu gingen 1700 Soldaten weg oder starben und
es gab 2009 nur 200 Rekrutierungen“, erinnert er sich - also ein Rückgang
um 1500. Die Verhaftung Murwanashyakas in Deutschland im November 2009
demotivierte die Miliz weiter.
2010 „sind weitere 1000 desertiert, darunter ich“. Danach habe die
FOCA-Führung Maßnahmen getroffen, um Desertionen zu erschweren: Verdächtige
mutmaßliche Deserteure sollten getötet werden; diesen Befehl las er noch
selbst.
Als Murwanashyaka in Haft geriet, stand zur Debatte, einen neuen
Präsidenten für die FDLR zu wählen, erinnert sich W. „Aber Mudacumura war
dagegen. Er sagte, Mandela habe auch 27 Jahre im Gefängnis gelebt.“
9 May 2014
## AUTOREN
Bianca Schmolze
Dominic Johnson
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