# taz.de -- Marsch nach Brüssel: Flüchtlinge überwinden Grenzen | |
> Am Samstag wollen bis zu 100 Berliner Flüchtlinge mit bundesweiten | |
> Mistreitern nach Brüssel aufbrechen. Der Protest in Berlin soll | |
> währenddessen weitergehen. | |
Bild: Flüchtlinge am Dienstag am Brandenburger Tor. | |
„Oranienplatz ist überall!“, rufen die Flüchtlinge, die am Dienstagmittag | |
vor der Vertretung der Europäischen Union am Pariser Platz protestieren. | |
Mit einer Kundgebung machen sie dort auf ihr nächstes Projekt aufmerksam: | |
Am Samstag wollen sie gemeinsam mit dem Bus von Berlin nach Straßburg | |
fahren, dort beginnt am Sonntag der „Marsch für die Freiheit“. Einen Monat | |
lang werden die Flüchtlinge dann zu Fuß von Straßburg nach Brüssel wandern, | |
Ende Juni folgt dort eine Aktionswoche. | |
„Indem wir gemeinsam die Ländergrenzen überschreiten, zeigen wir, dass wir | |
die europäische Asylpolitik nicht akzeptieren“, sagt Mitorganisator Adam | |
Bahar. Der 32-jährige Flüchtling kam vor zwei Jahren nach einer Odyssee | |
durch acht Länder in Berlin an. In seinem Heimatland Sudan hatte er als | |
politischer Aktivist Angst um sein Leben. | |
Bahar und seine Mitstreiter erwarten für den Marsch mehrere hundert | |
Teilnehmer. Allein aus Berlin sollen mindestens zwei Reisebusse mit rund 50 | |
bis 100 Flüchtlingen nach Straßburg fahren. Seit drei Monaten laufen die | |
Vorbereitungen in Zusammenarbeit mit anderen europäischen | |
Flüchtlingsgruppen. „Grenzkontrollen und Asylbestimmungen sind europäische | |
Fragen“, sagt Bahar. „Deshalb wollen wir unsere Forderungen jetzt auf der | |
europäischen Ebene stellen.“ | |
Der Marsch bedeutet allerdings auch, dass wichtige ProtagonistInnen des | |
Berliner Flüchtlingsprotests die Stadt erst einmal verlassen. Viele der | |
OrganisatorInnen gehören zu den Oranienplatz-BesetzerInnen der ersten | |
Stunde und wurden zu Gesichtern der Bewegung: Patras Bwansi, Napuli Langa, | |
Turgay Ulu oder Adam Bahar sind bekannte Namen in Berlin. Mit Baumbesetzung | |
und Hungerstreik hatte diese Gruppe dafür gesorgt, dass sowohl Zirkuszelt | |
als auch Infostand nach der Räumung des Oranienplatzes wieder aufgestellt | |
wurden. „Der Protest der Flüchtlinge in Berlin wird auch im nächsten Monat | |
weitergehen“, gibt sich Turgay Ulu dennoch überzeugt. „Es gibt genug | |
Menschen, die hierbleiben.“ | |
Trotzdem ist der Marsch auch ein Zeichen dafür, dass sich der | |
Flüchtlingsprotest von seinem fixen Ort in Kreuzberg entkoppelt – wie auch | |
die aktuelle Mahnwache vor der Gedächtniskirche zeigt (siehe Text unten). | |
„Der Oranienplatz ist wichtig für uns, aber er ist nicht alles“, sagt | |
Bahar. „Wenn der Senat glaubt, er hätte gewonnen, weil er den Platz räumen | |
ließ, dann täuscht er sich.“ Die Menschen würden mittlerweile „zuhören … | |
sich für unsere Situation interessieren“, so Bahar. Der Marsch sei Teil | |
dieses Erfolgs: „Eine so große Aktion könnten wir niemals alleine schaffen | |
– das geht nur, weil die Flüchtlinge in so vielen Ländern anfangen, sich zu | |
organisieren.“ | |
Als einer der Vertreter vom Oranienplatz war Bahar auch an den | |
Verhandlungen mit Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) beteiligt. Doch | |
das Abschlusspapier unterzeichnete er nicht: „Wir haben gar nichts | |
bekommen. Es ging nur darum, den Platz räumen zu können“, sagt er. Die | |
anderen aus der Organisationsgruppe des Marschs teilen diese Haltung: Auch | |
wenn er nachvollziehen könne, warum viele das Abkommen akzeptierten, sagt | |
Turgay Ulu, sei es aus seiner Sicht vor allem ein Versuch, den Protest zu | |
ersticken. Die Flüchtlinge, die nun mit auf den Marsch kommen, stehen | |
größtenteils nicht auf der Liste des Senats, die eine Überprüfung des | |
Einzelfalls verspricht – oder sie lehnen die damit verbundene Registrierung | |
aus politischen Gründen ab. | |
„Wir haben mit dem Oranienplatz den Flüchtlingen in Europa gezeigt, dass | |
man kämpfen kann“, sagt Bahar. Das wollen sie nun auch in Brüssel tun. | |
14 May 2014 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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