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# taz.de -- Kolumne Cannes Cannes: Grace – von hinten oder gerahmt
> „Grace of Monaco“ von Olivier Dahan widmet sich recht bemüht dem
> Hochadel. Das Schicksal der Frau bleibt auf Boulevard-Niveau.
Bild: Melodramen zeigen ihre weiblichen Hauptfiguren gerne in Spiegeln oder ein…
Im äußersten Winkel des Hafens liegt eine große, graue Jacht namens
Mogambo. Sie misst sicher 30 Meter, die Fensterscheiben sind dunkel getönt.
Ihr Name erinnert an „Mogambo“, einen Film von John Ford von 1953, der vor
afrikanischer Kulisse eine Vierecksgeschichte erzählt.
Es gibt darin Berggorillas, ein Elefantenbaby und einen Leoparden, dazu
einen Großwildjäger (Clark Gable), eine Tänzerin (Ava Gardner), einen
Anthropologen (Donald Sinden) und dessen brave, naive Gattin, gespielt von
Grace Kelly, die damals 23 Jahre jung war.
Darüber, ob Kelly und Gable sich am Set näherkamen oder nicht, streiten die
Biografen; in der Fiktion des Films verlieben sich ihre Figuren, am Ende
aber hat die Frau des Anthropologen ein Einsehen und kehrt reuig zu ihrem
Mann zurück, während Clark Gables Haudegen endlich Ava Gardners Tänzerin
verfällt.
Und auch wenn „Mogambo“ den Geist jener eskapistischen Afrikafantasien
atmet, die Abenteuer vorgaukeln, während sie die schwarzen Figuren auf die
Statistenplätze verweisen, so inszeniert Ford doch mit der ihm eigenen
Meisterschaft und in prächtigstem Technicolor.
## Diplomatische Krise
Ein Hauch dieser Meisterschaft hätte dem Eröffnungsfilm gut getan. „Grace
de Monaco“ von Olivier Dahan kreist um Grace Kelly beziehungsweise um die
Frau, die Kelly 1956 durch ihre Heirat mit Fürst Rainier III. von Monaco
wurde: Fürstin Gracia Patricia von Monaco. Der Film setzt in dem Augenblick
ihres Lebens ein, als sie erwägt, zur Schauspielerei zurückzukehren und in
Hitchcocks „Marnie“ die Hauptrolle zu übernehmen. Zu diesem Zeitpunkt – …
ist das Jahr 1962 – befindet sich das Fürstentum in einer diplomatischen
Krise, weil Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle mit einer
Annexion droht.
Grace, die Tochter eines wohlhabenden Unternehmers aus Philadelphia,
fremdelt mit den Usancen des alteuropäischen Hochadels, und sie erwägt,
Hitchcocks Rollenangebot anzunehmen. Doch im konservativen Monaco wird das
gegen sie verwendet; und sie muss sich, so die Zuspitzung in Dahans
Fiktion, entscheiden, welche Rolle sie einnehmen will: die der
Schauspielerin oder die der treuen Ehefrau, der ihren Untertanen ergebenen
Fürstin.
Auch „Grace of Monaco“ erzählt also eine Geschichte von einer Frau, die
sich aus eigenem Entschluss in ihr Schicksal fügt, und Olivier Dahan
bedient dabei genau die Wunschwelten, mit denen die Regenbogenpresse seit
jeher operiert. Er tut dies 2014, nicht 1953, und, wie gesagt, ohne einen
Hauch von Fords Können.
## Die Grimaldis haben nichts verpasst
Nicole Kidman spielt die Fürstin, und sie ist einem überaus bemühten
Kamerakonzept ausgeliefert. In den ersten Momenten des Films macht der
Kameramann Eric Gautier viel Gewese darum, dass man Grace nur von hinten
oder schräg von der Seite sieht; das Gesicht muss partout verborgen
bleiben, bis man es schließlich in einem Spiegel entdeckt.
Man wird den Eindruck nicht los, Dahan habe mal irgendwo gelesen, dass
Melodramen ihre weiblichen Hauptfiguren gerne in Spiegeln zeigen oder
eingerahmt von Türen und Fensterkreuzen. Hinzu kommen leicht schwankende,
die Schärfe variierende Close-ups von Kidmans Gesicht, damit auch niemandem
der feuchte Schimmer ihrer Traurigkeit entgeht.
Das Fürstenhaus von Monaco hat sich im Vorfeld der Filmfestspiele gegen
„Grace of Monaco“ gewandt. Die Grimaldis kündigten an, der
Eröffnungszeremonie fernzubleiben. Versuchen Angehörige von Personen des
öffentlichen Lebens deren Image zu kontrollieren, so ist dies nie
sympathisch. In diesem Fall aber lässt sich den Grimaldis immerhin
zugutehalten, dass sie nichts verpassen.
15 May 2014
## AUTOREN
Cristina Nord
## TAGS
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