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# taz.de -- Kommentar Türkei Grubenunglück: Eine neue Dimension der Wut
> Die Ereignisse in der Türkei hätten andere Regierungschefs längst zum
> Rücktritt gebracht. Nicht so Erdogan. Der wird immer wütender.
Bild: In der Türkei prügelt nicht mehr nur die Polizei. Sogar Ministerpräsid…
Es sind oft Bilder, einzelne Schnappschüsse, die eine dramatische Situation
auf einen Punkt verdichten. Im letzten Sommer, als sich die Proteste um den
Istanbuler Gezipark zu einem landesweiten Aufstand ausweiteten, war es das
Foto von der Frau in Rot: Eine zierliche Frau in einem roten Sommerkleid
läuft allein durch den Park und wird von der Polizei mit Tränengas
angegriffen. Ein völlig grundloser Akt der Aggression, der das Vorgehen der
Polizei gegen friedliche Protestler für jeden Betrachter deutlich machte.
Im Konflikt um die tödliche Kohlenmine in Soma hat nun das Foto des
tretenden Erdogan-Beraters Yusuf Yerkel das Potenzial, zum Symbol einer
Regierung zu werden, die angesichts Hunderter Toter nicht trauert, sondern
die Trauernden auch noch mit Füßen tritt.
Dass Erdogans Polizei prügelt, ist seit dem Mai 2013, als die Proteste im
Gezipark begannen, schon fast wöchentliche Routine. Jede noch so kleine
Ansammlung protestierender Menschen rund um den zentralen Taksimplatz wird
seitdem brutal niedergeknüppelt.
Jetzt, ein Jahr später, sind wir leider noch einen Schritt weiter. Es ist
nicht mehr nur die Polizei. Jetzt legen ein enger Berater Erdogans und nach
etlichen Berichten aus Soma sogar der Ministerpräsident selbst Hand an.
Yusuf Yerkel tritt einen Demonstranten zusammen. Tayyip Erdogan soll
angeblich einen Mann, der gegen sein Auto getreten hat, geohrfeigt haben.
Bei Erdogan und seiner engeren Mannschaft liegen die Nerven blank. Nach den
Geziprotesten kamen Korruptionsvorwürfe und diskreditierende
Tonbandaufnahmen, jetzt folgte die schlimmste Arbeitskatastrophe der
Türkei, weil Erdogan und seine Regierung Profit und Wachstum vor Sicherheit
und menschenwürdige Bezahlung setzen. Es sind Ereignisse, die andere
Regierungschefs längst zum Rücktritt gebracht hätten, nicht so den
türkischen Ministerpräsidenten. Der wird stattdessen mit jedem Ereignis
wütender.
Doch sein Volk lässt sich nicht mehr einschüchtern. Im ganzen Land wurde am
Donnerstag demonstriert – das Bild vom tretenden Regierungsberater ist
geradezu ein Mobilisierungsfaktor. Die schroffe Zurückweisung jeder
Verantwortung für die Tragödie in Soma wird jetzt zum Katalysator für die
Demonstrationen zum Jahrestag der Geziproteste. So wird aus drohender
Resignation neue Wut.
15 May 2014
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Recep Tayyip Erdoğan
Schwerpunkt Türkei
Gezipark
Soma
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