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# taz.de -- BBC-Serie „Peaky Blinders“: Immer cool, nie schmutzig
> Die Serie „Peaky Blinders“ erzählt von einer Gang in Birmingham nach dem
> Ersten Weltkrieg. Sie gibt schon in der ersten Folge zu viel preis.
Bild: Wenn er hoch zu Ross ist, dann verkriecht sich der Pöbel: Clanchef Thoma…
Birmingham im Jahre 1919: Die Straßen des britischen
Industrialisierungsmolochs sind so finster und matschig, dass man sich
fragt, wie es Thomas Shelby und seiner Gang, den „Peaky Blinders“, gelingen
mag, die gesteiften weißen Hemden und die braunen Tweedsakkos stets derart
adrett und sauber zu halten.
Geht es nach der gleichnamigen BBC-Serie, ist die Antwort ganz einfach:
Zwar fußte das Imperium der „Peaky Blinders“ – die es wirklich gegeben
haben soll und die nach den Rasierklingen benannt waren, die sie in die
Spitzen („peak“) ihrer Schiebermützen eingenäht hatten, um jedem Gegner m…
einem Streich das Augenlicht zu nehmen – auf illegalen Wetten,
Schutzgelderpressung und Schwarzmarkthandel. Die strammen Ganoven waren bei
ihren kriminellen Machenschaften aber so unglaublich cool, dass eben
niemals etwas schmutzig wurde.
Schon die Einstiegsszene macht deutlich: Mit Thomas Shelby (Cillian
Murphy), dem Anführer der Familienbande, der soeben erst aus den
Schützengräben Frankreichs im Ersten Weltkrieg hervorgekrochen ist, um nach
Jahren des Krieges sein illegales Imperium in Birmingham wieder aufzubauen,
ist nicht zu spaßen. Wenn er hoch zu Ross die grau in grau gehaltene Straße
entlangreitet, das fast weiblich wirkende Babyface mit den riesigen
wasserblauen Augen regungslos geradeaus gerichtet, dann verkriecht sich der
Pöbel wie flüchtende Ratten in die nahen Baracken.
## IRA und Kommunisten
Ungemach droht den Shelbys dennoch: von rivalisierenden Banden, der IRA,
kommunistischen Revolutionären – und dem allzu ehrgeizigen Polizeiinspektor
Chester Campbell (Sam Neill), der eigens aus Belfast angereist kommt, um im
Auftrag von Winston Churchill das Verschwinden einer geheimen
Waffenlieferung nach Libyen zu untersuchen.
Auch mit der eigenen Familie hat es Thomas Shelby nicht leicht: Die schöne
Ada (Sophie Rundle) macht ihrem Bruder Ärger, weil sie sich – einer
Romeo-und-Julia-Geschichte gleich – in den verhassten Rädelsführer der
Kommunisten verliebt. Tante Polly, die whiskeytrinkende Patin des
Familienclans, redet ihm ständig in die Geschäfte hinein. Und dann ist da
noch die blond gelockte Grace (Annabelle Wallis), die als Kellnerin
ausgerechnet in dem Pub anheuert, das den Peaky Blinders als Hauptquartier
dient, und dem Gangsterboss schöne Augen macht.
Das zu erzählen ist wahrlich kein Spoiler. Vielmehr ist es die Serie
selbst, die schon in der ersten von insgesamt sechs Folgen zu viel
preisgibt, um nicht vorhersehbar zu sein: Grace macht sich als Spionin im
Auftrag des Inspektors an Thomas Shelby heran, der nur auf den ersten Blick
hart und unnahbar erscheint, im stillen Kämmerlein jedoch zur Opiumpfeife
greift, um die Kriegserlebnisse, die ihn und seine heimgekehrten Kameraden
bedrücken, im Rausch zu vergessen. Es ist also nicht die Handlung, die an
„Peaky Blinders“ fasziniert, es sind die Bilder und der Soundtrack, die die
Serie auf eine andere Ebene heben.
## Sexy Wendung
Drehbuchautor Steven Knight („Dirty Pretty Things“) hat die dunkelsten
Stunden der industriellen Revolution komplett wie einen Western verfilmt:
breite Flügeltüren schwingen auf und öffnen die Perspektive in den
Innenraum des Pubs, als betrete man einen Saloon, blank gewichste Stiefel
knirschen im Kies, als erwarte einen in der nächsten Sekunde ein Duell mit
rauchenden Colts, und die geschäftige Kulisse aus Bettlern, Predigern, die
den Jüngsten Tag vorhersagen, und Huren, die ihr Gewerbe auf offener Straße
vollziehen, könnte auch im Wilden Westen spielen, wären da nicht die
ständigen Rauchschwaden aus den Schloten der Fabriken und die gleißenden
Funken, die aus den Schmelzöfen lodern.
All das ist unterlegt mit Musik von The White Stripes, Nick Cave und Tom
Waits, die mal kühl und bedrohlich, mal brutal daherkommt und so der recht
konventionellen Handlung eine sexy Wendung gibt. „He’s a god, he’s a man,
he’s ghost, he’s a guru“, singt Nick Cave in „Red Right Hand“, das zum
Titelsong der Serie wurde – und charakterisiert den Protagonisten Thomas
Shelby damit recht gut.
2 Jun 2014
## AUTOREN
Marlene Halser
## TAGS
Serie
England
BBC
Schwerpunkt Erster Weltkrieg
Schwerpunkt Berlinale
Arte
Breaking Bad
The Sopranos
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