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# taz.de -- Truppenabzug aus Kirgistan: Die Amerikaner packen ein
> Der US-Luftwaffenstützpunkt Manas ist seit Dienstag Geschichte. Darauf
> arbeitet der Kreml schon lange hin. Russland behält seine Militärbasis.
Bild: Ab nach Hause: US-Kommandeur John Mellard bei der Schlüsselübergabe fü…
BISCHKEK taz | Bei einer Zeremonie auf dem Flughafen Manas unweit der
kirgisischen Hauptstadt Bischkek hat der Oberkommandierende des „Transit
Centers“, John Mellard, am Dienstag symbolisch für die Befehlsgewalt einen
goldenen Schlüssel ans kirgisische Militär übergeben.
„Wir verlassen die Basis, aber wir setzen die Kooperation mit Kirgistan
fort“, versicherte die US-Botschafterin Pamela Spratlen vor knapp hundert
Gästen. Die US-Diplomatin bedankte sich bei Kirgistan. Das
zentralasiatische Land habe nach den Terroranschlägen am 11. September 2001
der Bitte der USA entsprochen, eine Luftwaffenbasis zur Verfügung zu
stellen. Die Flüge nach Afghanistan sind eingestellt, jetzt werden
Aufräumarbeiten erledigt und die letzten Soldaten sollen die Basis bis
Mitte des Monats verlassen haben.
Der US-Luftwaffenstützpunkt liegt direkt am Flughafen Manas. Bei ihrer
Landung sahen die Passagiere seit 2011 als Erstes die Transport- und
Tankflugzeuge der US-Luftflotte sowie die Soldatenzelte an der Landebahn.
Kirgistan war bislang das einzige Land, in dem Russland und die USA in
unmittelbarer Nachbarschaft Militärstützpunkte unterhielten. Die US-Basis
war für den Afghanistaneinsatz von zentraler Bedeutung. Über 90 Prozent der
kämpfenden Truppen gelangten über Bischkek nach Afghanistan. Die
US-Bomberflotte über dem Hindukusch wurde von den von Bischkek aus
startenden Tankflugzeugen in der Luft betankt. „Mit dem verbrauchten
Treibstoff hätte man 9.000 olympische Schwimmbecken füllen können“, sagte
US-Oberst Millard.
## US-Basis als gutes Geschäft
Auch für das darbende Gebirgsland an Chinas Grenze war die US-Basis ein
gutes Geschäft. 60 Millionen US-Dollar flossen jährlich als Miete direkt
ins Budget. Drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das pro Kopf 1.150
US-Dollar beträgt, stammen aus den Ausgaben und Investitionen des
US-Stützpunktes. Die notorisch korrupte Elite des Staates bediente sich
ebenfalls an der sprudelnden Geldquelle. Die Söhne zweier Präsidenten
profitierten von den Flugbenzineinkäufen – immerhin knapp 400 Millionen
US-Dollar im Jahr.
Anders als in vielen asiatischen Staaten gab es unter der örtlichen
Bevölkerung aber keine antiamerikanische Stimmung. Massenproteste blieben
aus. Dabei ist die kirgisische Bevölkerung unter den zentralasiatischen
Nachbarn die aufmüpfigste. In den Jahren 2005 und 2010 wurden die
Präsidenten durch Volksaufstände aus dem Land vertrieben. Es vergeht kaum
ein Monat, in dem nicht eine aufgebrachte Menge eine Straße blockiert oder
ein Gebäude besetzt. Kirgistan ist ein bisschen die zentralasiatische
Ukraine. Viel Freiheit, viel Chaos und eine Menge Korruption.
Doch Moskau wollte das Ende der US-Basis. Nach 2001 etablierten die USA
anfangs noch mit Unterstützung des russischen Präsidenten Wladimir Putin in
dem ehemals sowjetischen Raum zwischen Kaspischem Meer und Chinas Grenze in
Usbekistan und Kirgistan zwei Militärstützpunkte. Als im Jahr 2005
usbekische Sicherheitskräfte einen Volksaufstand in der Provinzstadt
Andischan gewaltsam beendeten, musste die US-Basis wegen zu deutlicher
Kritik Usbekistan verlassen.
## Geld genommen, doch die Amerikaner blieben
Seither macht Russland Druck, dass die US-Truppen auch aus Kirgistan
abziehen. 2008 wurden dem damaligen Präsidenten Kurmanbek Bakijew
Millionenkredite und Milliardeninvestitionen in Wasserkraftwerke
versprochen, wenn er die Basis schlösse. Bakijew nahm das Geld, ließ die
Amerikaner aber im Land. 2010 wurde Bakijew weggeputscht. 2012 wiederholte
Putin gegenüber dem jetzigen Präsidenten Almasbek Atambajew sein Angebot.
Der nahm an und hielt diesmal Wort.
Die USA müssen nun noch vor Ende des Abzugs aus Afghanistan ihre
Aktivitäten nach Rumänien verlegen. Die russische Basis soll noch ausgebaut
werden. Putin nötigt Kirgistan, der Ende Mai besiegelten Zollunion
beizutreten, und stellt dafür eine Milliarde US-Dollar in Aussicht.
„Kirgistan hatte mit beiden Basen eine einmalige geopolitische Bedeutung“,
kritisiert der kirgisische Politologe Mars Sarijew. Jetzt werde das Land zu
einem unbedeutenden Hinterhof Russlands. Auch die kirgisische
Oppositionsbewegung bedauert angesichts der Ukrainekrise den Abzug der
Amerikaner. „Es wäre besser, sie blieben“, sagt deren Chef Rawschan
Dschejenbekow.
3 Jun 2014
## AUTOREN
Marcus Bensmann
## TAGS
Kirgistan
USA
Militär
Truppenabzug
Usbekistan
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das so bleiben.
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