| # taz.de -- Parlamentswahl im Kosovo: Ruhige Atmosphäre als größter Erfolg | |
| > Im jüngsten Staat Europas hat eine ganz normale Wahl stattgefunden. Die | |
| > Partei des Ministerpräsidenten Hashim Thaçi gewinnt erneut. | |
| Bild: Gefeiert wie ein Popstar: Wahlsieger Hashim Thaçi in Priština. | |
| SPLIT taz | Die bisherige regierende Partei, die Demokratische Partei | |
| Kosovos (PDK), kann mit dem Ergebnis der Parlamentswahlen am Sonntag im | |
| Kosovo sehr zufrieden sein. Mit 31 Prozent der abgegebenen Stimmen hat | |
| Ministerpräsident Hashim Thaçi seine Position im politischen System des | |
| Landes gefestigt. Auch die größte Oppositionspartei, die Demokratische Liga | |
| (LDK), hat mit 26 Prozent den Erwartungen entsprochen. | |
| Dass die Partei Selbstbestimmung (Vetevendosje) mit 13,6 Prozent die | |
| Wahlprognosen bestätigte, ist ebenfalls keine Sensation mehr. Erwartet | |
| worden war auch der Umstand, dass der ambitionierte Thaçi-Gegner Ramush | |
| Haradinaj mit seiner AAK unter zehn Prozent fiel. Auch die Partei des | |
| Milliardärs Pacoli schaffte es nicht mehr ins Parlament. | |
| Aufhorchen lässt allerdings die Überraschung, dass die erst Ende Februar | |
| gegründete Partei Initiative für Kosovo, die zwei prominente Kämpfer der | |
| früheren Kosovobefreiungsarmee UCK ins Leben riefen, auf gut fünf Prozent | |
| kam. Denn bei den Parteigründern handelt es sich um innerparteiliche Gegner | |
| von Hashim Thaçi, dem sie angesichts der Installierung eines | |
| Kriegsverbrechertribunals Nachgiebigkeit gegenüber den Forderungen der | |
| Serben vorwerfen. Dabei dürfte auch eine Rolle spielen, dass sie selbst | |
| offenbar in den Fokus der Ermittler geraten sind. | |
| Die Wahlbeteiligung ist mit 43 Prozent auf einen Tiefststand gefallen. | |
| Trotzdem sehen viele die Wahlen als positiv an. Der größte Erfolg bei den | |
| Parlamentswahlen sei, dass „die sie in ruhiger Atmosphäre, ohne Störungen | |
| und ohne Unregelmäßigkeiten abgelaufen sind“, sagt der Kosovoalbaner und | |
| politische Analytiker Ardian Arifaj. Vor allem sei auf dem gesamten | |
| Territorium der Republik gewählt worden. „Das ist ja nicht | |
| selbstverständlich, noch vor einem Jahr bei den Gemeindewahlen ist es zu | |
| militanten Auseinandersetzungen in Nordkosovo gekommen. Doch jetzt sind in | |
| den Serbengebieten des Nordens überraschend viele Wähler zu den Urnen | |
| gegangen.“ | |
| Nemanja Jovanovic, ein Serbe aus Gračanica, ebenfalls politischer | |
| Analytiker, bestätigt, dass im Norden sogar mehr Wähler als in den | |
| Serbengebieten des Südens teilgenommen haben. Die Wahlbeteiligung bei den | |
| Serben läge zwischen 40 bis 50 Prozent. Die Serben könnten somit mit bis zu | |
| zehn Sitzen im Parlament rechnen. | |
| ## Nationalen Spannungen minimiert | |
| Die Lage im Land scheint sich zu normalisieren. Die militanten serbischen | |
| Gruppierungen, die noch vor Jahresfrist Terror gegen Wahlwillige ausübten, | |
| sind jetzt offenbar an die Leine gelegt worden. Aus Belgrad kommt keine | |
| Unterstützung mehr. Die nationalen Spannungen zwischen Serben und Albanern | |
| sind damit nicht gelöst, doch sie sind minimiert. Und das freut natürlich | |
| die Politiker in Brüssel und in Berlin. Denn die 2011 von Kanzlerin Angela | |
| Merkel vorgegebene Linie, Serbien erst dann in den Verhandlungsprozess mit | |
| der EU zuzulassen, wenn Nordkosovo in den Kosovostaat integriert wird und | |
| sich die Lage im Lande generell entspannt, konnte durchgesetzt werden. | |
| Hashim Thaçi, dem es gelungen ist, die zweitgrößte Stadt Prizren für die | |
| PDK zu gewinnen und sogar in Peja/Peć, der Hochburg von Ramush Haradinaj, | |
| zur zweiten Kraft aufzurücken, geht ohne Zweifel gestärkt aus den Wahlen | |
| hervor. Seine Politik der Kooperation mit der EU und den USA, seine | |
| Gesprächsbereitschaft gegenüber Serbien und die Konsolidierung der | |
| Beziehungen zu den Nachbarn Albanien, Montenegro und Mazedonien, ist bei | |
| den Wählern offenbar gut angekommen. Thaçi hat zudem versprochen, in den | |
| nächsten vier Jahren 200.000 neue Jobs zu schaffen. An diesem | |
| ambitionierten Versprechen wird er sich messen lassen müssen. | |
| 9 Jun 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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