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# taz.de -- Vorwahlen in den USA: Erzkonservativ und doch zu links
> Überraschung bei den Republikanern: In den parteiinternen Vorwahlen
> unterliegt Fraktionschef Eric Cantor seinem Tea-Party-Herausforderer.
Bild: Galt sogar als möglicher erster jüdischer US-Präsident: Eric Cantor.
NEW YORK taz | Die radikal rechte Basis der US-Republikaner triumphiert:
Bei den Vorwahlen in Richmond, Virginia, hat Tea-Party-Kandidat David Brat
am Dienstag einen haushohen Sieg gegen den Chef der stärksten Fraktion im
Repräsentantenhaus, Eric Cantor, davongetragen.
In dem sicheren republikanischen Wahlkreis kann der bislang weitgehend
unbekannte Unterstützer der Tea-Party, der seinen Wahlkampf mit Slogans
gegen „Amnestie für Illegale“ und Staatsschulden bestritten hat, davon
ausgehen, dass er bei den Halbzeitwahlen im November problemlos ins
Repräsentantenhaus kommt.
Für das „moderate“ Establishment der Republikanischen Partei ist die
Niederlage ihres Kandidaten ein Schock. Für die republikanische
Parteispitze war der 52-jährige Cantor bislang ein Hoffnungsträger. Er
hatte seinen Wahlkreis in Virginia siebenmal in Folge gewonnen und bei
früheren Primaries bis zu 79 Prozent der Stimmen der Basis bekommen.
Cantor ist einer der bestvernetzten Männer in Washington. Er galt als
möglicher nächster Sprecher des Repräsentantenhauses. In republikanischen
Kreisen war er zudem als erster jüdischer Präsident der USA im Gespräch.
## Gegen Abtreibung – für Waffen
Im Repräsentantenhaus ist Cantor ein strammer Konservativer. Er tritt für
Freihandel und gegen staatliche Konjunkturprogramme ein, strebt eine noch
stärkere Beziehung zwischen den USA und Israel an und fordert die
Streichung sämtlicher Hilfen für die palästinensische Führung.
US-intern hat er für die Kürzung zahlreicher Sozialleistungen gesorgt, aber
zugleich einem milliardenschweren Rettungsprogramm zugestimmt, das den
Großbanken nach der Finanzkrise von 2008 aus der Patsche geholfen hat.
Cantor ist gegen positive Diskriminierung zugunsten von AfroamerikanerInnen
und anderen Minderheiten. Er lehnt Schwangerschaftsabbruch ab und
verteidigt das Recht auf Schusswaffen. Von den üblichen Verdächtigen – der
Schusswaffenlobby NRA und der Organisationen der radikalen Lebensschützer –
sind seine Kampagnen deswegen großzügig unterstützt worden.
Doch der radikal rechten Basis im ehemaligen Plantagen-Gebiet im Herzen von
Virginia, drei Autostunden südlich von der US-Hauptstadt, war Cantor zu
links. Nachdem er noch bei den vorausgegangenen Repräsentantenhauswahlen im
Jahr 2012 die Unterstützung der Tea Party bekommen hatte, bekämpfte sie ihn
dieses Mal als Repräsentanten des verhassten Washington.
„Er hat nicht verstanden, dass in seinem Wahlkreis die ABC-Mentalität
herrscht: alles außer Cantor“, sagte der Anhänger der Tea-Party Larry
Nordvig am Dienstagabend. Nachdem Cantor trotz der Unterstützung des
Partei-Establishments und trotz eines mehr als eine Million Dollar hohen
Budgets gegen seinen nur mit 200.000 Dollar ausgestatteten Herausforderer
verloren hatte, schrieb die örtliche Tea Party am Dienstagabend auf ihrer
Webseite: „Unterschätze nie die Macht einer Graswurzelbewegung“.
## Gegen die „lockere Einwanderungspolitik“
Der Mann, der den Fraktionschef der Republikaner zu Fall gebracht hat, ist
von seinem eigenen Erfolg überrascht. Brat, der Wirtschaftswissenschaften
unterrichtet, hat in seiner Kampagne die Kritik an Washingtons Haushalt und
die „lockere Einwanderungspolitik“ von Cantor in den Vordergrund gestellt.
Cantor ist einer der führenden RepublikanerInnen, die in den vergangenen
Monaten nach Wegen gesucht haben, die Situation von Millionen von
Papierlosen in den USA zu verbessern.
Der bislang größte Erfolg der oft totgesagten Tea Party dürfte die seit
Jahren immer wieder verschleppte Einwanderungsdebatte – bereits George W.
Bush war mit einem Reformversuch gescheitert – noch weiter komplizieren.
Sie wird die Spaltung der Republikanischen Partei vertiefen. Und sie könnte
auch dafür sorgen, dass moderate republikanische WählerInnen sich bei den
Halbzeitwahlen im November zurückziehen. Die Spitze der Demokratischen
Partei versteht den Rechtsruck der RepublikanerInnen in Virginia als
Chance.
11 Jun 2014
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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