| # taz.de -- Europas Flüsse: Zu viele Pestizide im Wasser | |
| > Ackergifte und Kläranlagen verseuchen Europas Flüsse überraschend stark, | |
| > zeigt eine Studie. Artenvielfalt und Trinkwasser sind bedroht. | |
| Bild: Der Schein trügt wohl: Idylle an der Donau. | |
| BERLIN taz | Chemikalien wie Pestizide belasten Gewässer in ganz Europa | |
| stärker als angenommen. Das fanden Forscher des Leipziger | |
| Helmholtz-Instituts für Umweltforschung und der Universität Koblenz-Landau | |
| zusammen mit Wissenschaftlern aus Frankreich und der Schweiz heraus. Bisher | |
| war man davon ausgegangen, dass Schadstoffbelastung ein lokales Problem | |
| sei. | |
| Die Studie zeigt jedoch, dass Chemikalien von kleineren Gewässern in große | |
| Flüsse wie Donau und Rhein weitergetragen werden. Hauptverursacher der | |
| Belastung in den untersuchten Flüssen sind Landwirtschaft und städtische | |
| Kläranlagen. | |
| Die Belastung mit Chemikalien ist den Forschern zufolge so hoch, dass die | |
| von den EU-Staaten bis 2015 in der Wasserrahmenrichtlinie angepeilte | |
| Verbesserung der Wasserqualität nicht erreicht werde. „Für etwa 80 Prozent | |
| der Flüsse wird versucht, Ausnahmeregelungen zu erwirken, weil die | |
| Richtlinien mit den derzeitigen Maßnahmen nicht zu erreichen sind“, sagte | |
| Werner Brack, Co-Autor der Studie, der taz. | |
| Für die Untersuchung analysierten die Wissenschaftler behördliche Daten zu | |
| 223 Chemikalien aus 4.000 Messstellen. Demnach ändern Schadstoffe in rund | |
| der Hälfte der Gewässer die Artenzusammensetzung. Bei etwa 15 Prozent | |
| könnten sogar akut toxische Effekte auftreten, also ein Teil der Organismen | |
| als direkte Folge der Schadstoffbelastung sterben. Zwar habe sich die | |
| Wasserqualität seit den 1970er Jahren verbessert, aber „die Lage ist | |
| trotzdem deutlich schlechter, als wir gedacht haben“, so Brack. | |
| ## Forderungen der Wissenschaftler | |
| Um die negativen Folgen für die Umwelt zu reduzieren, fordern die | |
| Wissenschaftler, dass weniger Pestizide verwendet, Abwässer besser geklärt | |
| und Randstreifen neben Flüssen und Bächen nicht landwirtschaftlich genutzt | |
| werden. Außerdem müsse die EU mehr Schadstoffe in die Liste der für die | |
| Wasserqualität besonders gefährlichen Stoffe aufnehmen, so Brack. „Das | |
| Problem ist aber, dass viele aktuell verwendete Chemikalien bei der | |
| Überwachung der Gewässer gar nicht berücksichtigt werden.“ Damit | |
| umweltschädliche Chemikalien nicht mehr einfach durch ähnliche Stoffe | |
| ersetzt werden könnten, müssten ganze Stoffgruppen als gefährlich | |
| eingestuft werden. | |
| Flussexpertin Julia Mußbach vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) fordert, | |
| dass bestehende Regeln zur Pestizidverwendung konsequenter durchgesetzt | |
| werden müssten – beispielsweise, um Abdrift zu mindern. | |
| Gewässerrandstreifen sollten 5 bis 20 Meter betragen. | |
| Auch Michael Lohse, Pressesprecher des Deutschen Bauernverbands, hält diese | |
| Streifen für wichtig. „Allerdings muss es praktikabel bleiben“, fügte er | |
| hinzu. „Wenn sie in einem klein strukturierten Gebiet nur | |
| Gewässerrandstreifen haben, bleibt kein Feld mehr übrig.“ | |
| In Deutschland erfüllen laut einer Studie des Umweltbundesamtes aus dem | |
| Jahr 2013 nur 10 Prozent der Flüsse und Bäche die Kriterien für einen | |
| ökologisch guten Zustand. Die übrigen 90 Prozent erreichten die Ziele der | |
| EU-Wasserrahmenrichtlinie im vergangenen Jahr nicht. | |
| 17 Jun 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Annika Waymann | |
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