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# taz.de -- Fifa will „Blackfacing“ untersuchen: Rassismus ins Gesicht gesc…
> Deutsche Fans malten sich vor dem WM-Spiel gegen Ghana schwarz an. Der
> Fall löste weltweit Empörung aus. Die Fifa verspricht, Ermittlungen
> aufzunehmen.
Bild: Unter Rassismusverdacht: deutsche Fans in Fortaleza
BERLIN taz | Zwei Männer mittleren Alters auf einem Foto am Rande des
Spiels zwischen Deutschland und Ghana. Bierbäuchig, bierselig, kurze Hosen.
So weit, so gewöhnlich. Doch [1][das Bild] verbreitete sich rasant im
Internet, nachdem es von seinem Fotografen geteilt wurde.
Nutzer und Medien nahmen daran Anstoß, das europäische
Antidiskriminierungsnetzwerk Fare forderte die Fifa auf, Untersuchungen
einzuleiten. Der Verband versprach dem Folge zu leisten. Der Grund: Die
runden, tumb grinsenden Gesichter der Bierbäuchigen sind schwarz bemalt.
Das erinnere, so der Vorwurf von Fare, an das sogenannte Blackfacing, eine
ursprünglich schauspielerische Praxis, die Mitte des 19. Jahrhunderts in
den USA populär wurde. In den nördlichen Staaten veranstalteten Weiße
Shows, in denen sie sich zur Erheiterung der Zuschauerschaft schwarz
schminkten und die Sklaven parodierten: trunken, schwachsinnig, naiv, immer
fröhlich, immer singend.
Psychoanalytiker sahen darin später vor allem eine Bestätigung der
Zuschauerschaft in ihrer exklusiven, privilegierten „Whiteness“, in ihrem
Weißsein. In den letzten Jahren gab es in Deutschland immer wieder Debatten
über schwarzbemalte Weiße: über Günther Wallraff etwa, der 2009 undercover
als Schwarzer durch Ostdeutschland reiste, oder im letzten Jahr über eine
„Wetten dass ..?“-Stadtwette, in der sich möglichst viele Augsburger wie
Jim Knopf verkleiden und anmalen sollten.
Zuschauer, die dem zweiten Gruppenspiel des DFB in Fortaleza beiwohnten,
berichteten jedenfalls von gleich mehreren angemalten deutschen Anhängern
und von anderen, die sich anstellten, um mit den Schwarzgesichtigen ulkige
Erinnerungsfotos zu schießen.
## Eine Handvoll Harmloser?
Bezweifler dieser Berichte hinterfragen, weshalb sich denn gerade
Deutschlandfans die Gesichter verrußen sollten und, wie im Fall der
Fotografierten, „Ghana“ auf die T-Shirts schreiben sollten. Wie überhaupt
das Thema mal wieder viel zu groß gemacht werde, nur weil eine Handvoll
Harmloser ihren Spaß haben wollten. Blackfacing sei ja ein
US-amerikanisches Kulturphänomen, den Deutschen sei der Kontext nicht
bewusst, also eben: alles nur ein Spaß.
„Ist es nicht“, widerspricht Tahir Della, Vorsitzender der Initiative
Schwarze Menschen in Deutschland. „Fast immer wird argumentiert, dass
Blackfacing in Deutschland historisch gesehen harmlos sei. Aber es hat
immer einen klaren rassistischen Hintergrund, auch wenn das von den
Angemalten nicht zwangsläufig intendiert ist.“
Man stehe nun mal, ob gewollt oder nicht, in der Tradition einer
rassistischen Praxis. Die Fifa müsse deshalb den Vorwürfen nachgehen, die
Bemalten müssten aufgeklärt und gegebenenfalls aus den Stadien verbannt
werden. Die Aufklärung der Zuschauer fordert auch eine Sprecherin des
Fare-Netzwerks.
Dies sei eine maßgebliche Aufgabe der Fifa, die zwar ständig von „null
Toleranz“ gegenüber Diskriminierung spreche und aufwendige Medienkampagnen
inszeniere, von der aber allzu oft nur „Lippenbekenntnisse“ kämen. Gegen
Portugal sei auch ein deutscher Fan mit Reichskriegsflagge im Stadion
gewesen.
## Ungenügend aufgearbeitete Kolonialgeschichte
Von der Disziplinarkommission hieße es nach solchen Vorfällen stets, man
werde die „Vorgänge prüfen“ – Resultate jedoch seien eine Seltenheit. A…
der Brasilianer Wagner Carvalho, künstlerischer Leiter des Berliner
Kulturprojektes Ballhaus Naunynstraße, ist wütend: „Die Ereignisse zeigen,
dass die deutsche Mehrheitsgesellschaft sich überhaupt nicht die Frage
stellt, was diese Form von Rassismus bedeutet und dass Kolonialgeschichte
in Deutschland nicht ausreichend aufgearbeitet worden ist“, klagt Carvalho.
Er kritisiert, dass gerade im Fußball dafür keine Sensibilisierung
vorhanden sei. „Die Fifa“, fordert er, „sollte hier keine Toleranz zeigen,
sondern im Gegenteil hart durchgreifen.“ Dabei gehören Klischees durchaus
ins vorgefasste Bild der bunten Spiele, wie die Fifa sie inszeniert.
Besonders gern zeigt man in den Übertragungen solche Fans, die dem globalen
Klischee der Nation am ehesten entsprechen: Die Schweizer mit Käse auf dem
Kopf, die Mexikaner mit Sombreros, als Frau Antje verkleidete Niederländer,
Deutsche – na klar – im Dirndl. Oder den schamanenhaft weißgeschminkten
Schwarzen mit Dreadlocks, der in den Ghana-Spielen ständig in Zeitlupe zu
sehen war. Das Weltpublikum nickt mit dem Kopf und sieht sich in seinen
Vorurteilen bestätigt – ganz wie im 19. Jahrhundert in den Shows der
schwarzbemalten weißen Schauspieler.
Mitarbeit: Justus Hagemann
24 Jun 2014
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## AUTOREN
Christoph Farkas
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