# taz.de -- Die Wahrheit: Musik, zwei, drei! | |
> Weil ihre Terrorsekte Boko Haram immer häufiger mit der Band Procol Harum | |
> verwechselt wird, haben die Islamisten nun ein massives Groupie-Problem. | |
Bild: Rockfans sind verwirrt: Spielt da jetzt Boko Harum oder Procol Haram? | |
Die britische Popgruppe Procol Harum hat es nicht leicht, seit in Nigeria | |
die islamistische Terrorgruppe Boko Haram ihr Unwesen treibt, Kirchen | |
schändet, Schönheitssalons in die Luft sprengt, Andersgläubige massakriert | |
und Schulmädchen entführt und versklavt. | |
„Rock band Procol Harum blamed for abducting Nigerian schoolgirls in | |
terrorist group mix-up“, meldete unlängst der britische Daily Star und | |
zitierte getwitterte Kommentare schockierter Fans: „Wow! What happened to | |
Procol Harum? Whiter Shade of Pale was a great song, but it doesn’t excuse | |
terrorism“, „I still can’t believe Procol Harum kidnapped all those girls… | |
„It’s shocking that Procol Harum’s records are still being played after | |
what they did in Nigeria.“ | |
Wie aus nigerianischen Quellen verlautet, hat die Verwechslungsgefahr sich | |
inzwischen auch für Boko Haram zu einem massiven Problem ausgewachsen. Der | |
Anführer der Terrorgruppe, Abubakar Shekau, wird der Flut der eingehenden | |
Briefe kaum noch Herr. Es handelt sich dabei hauptsächlich um | |
Autogrammwünsche glühender Procol-Harum-Verehrer, die ihn als neues | |
Bandmitglied begrüßen. | |
## „Manche Absender wollen nur wissen, wann Procol Harum wieder auf Tournee | |
geht“, sagt Nkem Okereke*, ein altgedienter Warlord, der noch bis vor | |
Kurzem zum innersten Zirkel der Terrorgruppe gehörte und sich jetzt als | |
Rentner in Lagos niedergelassen hat. „Oder sie empfehlen Abubakar Shekau | |
irgendwelche Plektren oder Hammond-Orgeln oder auch Gitarrensynthesizer. | |
Also Sachen, auf die er nicht nur nicht steht, sondern die er bekämpft! Und | |
das macht ihn natürlich fuchsteufelswild …“ | |
## Ein Brief | |
Einen Brief, der Shekau „förmlich bis aufs Blut gereizt“ haben soll, hat | |
Okereke mitgebracht: „Sehr geehrter Herr Shekau! Es freut mich, Sie als | |
neues Mitglied meiner Lieblingsband begrüßen zu dürfen, und ich wünsche | |
Ihnen viele geile Gigs! Von den Gründungsmitgliedern ist ja leider nur noch | |
Gary Brooker dabei. Könnten Sie Herrn Brooker bei Gelegenheit einmal | |
fragen, wie die Zeilen ,The room was humming harder / As the ceiling flew | |
away‘ zu verstehen sind? Ich (Jahrgang 1953) zerbreche mir darüber bereits | |
seit meinem vierzehnten Lebensjahr den Kopf. Mir ist klar, dass der Texter | |
Keith Reid der bessere Ansprechpartner wäre, doch er hat mir nie | |
geantwortet. Wie Sie sicherlich wissen, erklärte Reid 1994 in einem | |
Interview, dass der Song ’A Whiter Shade of Pale‘ aus der Perspektive eines | |
nervösen Verführers geschrieben sei, der sich auf einer Party so viel Mut | |
antrinke, dass es zu Wahrnehmungsstörungen komme (vgl. Wikipedia). | |
Ich frage mich jedoch, ob der subjektive Eindruck, dass ein Zimmer heftiger | |
oder stärker summe oder brumme, während die Decke davonfliege, nicht | |
vielmehr auf den Konsum bewusstseinserweiternder Drogen zurückzuführen sei. | |
Hierbei denke ich vor allem an psilocybinhaltige Pilze, mit denen ich | |
einige der besten Erfahrungen meines Lebens gemacht habe, sowohl beim Sex | |
als beim Tanzen. Ich wäre Ihnen jedenfalls außerordentlich verbunden, | |
lieber Herr Shekau, wenn Sie sich bei Gary Brooker danach erkundigen | |
könnten, ob Keith Reid 1966/67 mit Magic Mushrooms experimentiert hat. Da | |
ich hier keine nigerianischen Briefmarken zur Hand habe, kann ich kein | |
Rückporto beilegen. Schreiben Sie mir bitte an meine E-Mail-Adresse | |
([email protected]). | |
Mit sehr freundlichen Grüßen, Ihr Torsten-Karl Krutschnik.“ | |
Die Nerven des Bandenführers Shekau lägen mittlerweile blank, sagt Okereke. | |
„Zumal per Post vermehrt auch eindeutige Angebote junger Frauen dabei sind. | |
Für einen Mann wie Abubakar, der die körperliche Liebe immer nur im Dunkeln | |
praktiziert hat, sind das Anfechtungen, die einer nervlichen Zerreißprobe | |
gleichkommen. Stellen Sie sich vor: Zwei- bis dreimal die Woche kommt der | |
Briefträger ins Terrorcamp mit einem Waschkorb Fanpost aus aller Welt, von | |
Trinidad bis Kamtschatka, und aus den Umschlägen quellen Ihnen Selfies | |
entgegen, von willigen Groupies, die nach einer Nacht mit dem Neuen von | |
Procol Harum lechzen! Wie soll man unter solchen Umständen gewissenhaft | |
Autobomben zusammenbasteln? Diese fatale Namensähnlichkeit, die gibt der | |
ganzen Gruppe noch den Rest. Im Mai haben wir Abubakar heimlich nach Paris | |
zur Psychoanalyse ausgeflogen, weil wir dachten, dass er dann wenigstens | |
wieder Todesurteile leserlich unterschreiben könnte, aber das hat auch | |
nichts geholfen…“ | |
Im Krieg gegen den Terror wäre ein Bravo-Starschnitt des vermeintlichen | |
Procol-Harum-Neulings vermutlich das Mittel, das ihm und seiner Bande ein | |
für alle Mal den Rest geben würde. Hier zum Schluss noch seine aktuelle | |
Autogrammadresse: Mr. Abubakar Shekau, Fandango Street # 12, 600252 | |
Gezumbure, Nigeria. | |
* Name geändert | |
2 Jul 2014 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Henschel | |
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