# taz.de -- Schwedisches Gericht zu Assange: Wikileaks-Gründer bleibt Flüchtl… | |
> Der Haftbefehl gegen Assange bleibt bestehen. Denn in Schweden dürften | |
> gegen den Willen des Wikileaksgründers DNS-Proben genommen werden. | |
Bild: Assange als Schmerzensmann vor der ecuadorianischen Botschaft in London. | |
STOCKHOLM taz | Richterin Lena Egelin hatte vorsichtshalber einen | |
Dolmetscher geladen. Für den Fall, dass die Hauptperson doch noch selbst | |
zum Haftprüfungstermin in Stockholm erscheinen würde. Doch Julian Assange | |
verließ erwartungsgemäß auch am Mittwoch sein selbstgewähltes Exil, die | |
Botschaft Ecuadors in London, nicht | |
Die Botschaft wird nun vermutlich noch länger sein Aufenthaltsort bleiben, | |
denn nach mehrstündiger Verhandlung verkündete die Amtsrichterin am | |
Mittwoch um 18 Uhr die Entscheidung: Der von den Assange-Anwälten gestellte | |
Antrag auf Aufhebung des Haftbefehls gegen den Wikileaks-Gründer wird | |
abgelehnt. Dass dieser Haftbefehl auch nach dreieinhalb Jahren weiterhin | |
Bestand haben soll, begründete das Gericht mit drohender Fluchtgefahr. | |
Das Gericht schloss sich damit im Ergebnis der [1][Argumentation der | |
Staatsanwaltschaft] an. Diese hält eine persönliche Anhörung Assanges zu | |
den gegen ihn erhobenen Vorwürfen – Vergewaltigung in einem und sexuelle | |
Nötigung in zwei Fällen – für unerlässlich, um das Ermittlungsverfahren z… | |
Abschluss zu bringen. Das fragliche Verhör könne nur in Schweden erfolgen, | |
weil man in der ecuadorianischen Botschaft kein Recht habe, gegen Assanges | |
Willen DNS-Proben zu nehmen. Diese seien zwingend, weil man sie mit im | |
Ermittlungsverfahren gesammeltem DNS-Material abgleichen müsse. | |
Weil Assange entsprechenden Ladungen nicht nachgekommen sei, habe der | |
Haftbefehl und der dann von der britischen Justiz aufgrund Assanges | |
Aufenthaltsort in Großbritannien vollstreckte europäische Haftbefehl | |
erlassen werden müssen. An dieser Sachlage habe sich bis heute nichts | |
geändert. | |
## Verletzung internationaler Konventionen | |
Die schwedischen Rechtsanwälte von Assange argumentierten demgegenüber, ein | |
so lange bestehender Haftbefehl, der schon aufgrund des politischen Asyls, | |
das Assange von Ecuador erhalten habe, praktisch sowieso nicht vollstreckt | |
werden könne, verletze schwedisches Recht und internationale Konventionen. | |
Die Weigerung, Assange in London zu verhören, habe im Ergebnis zu einem | |
Stillstand des Ermittlungsverfahrens geführt. Auffallend war, dass die | |
Anwälte nicht konkret auf die von der Staatsanwaltschaft aufgeworfene Frage | |
der Entnahme möglicher DNS-Proben eingingen und diese stattdessen | |
beschuldigten, den Haftbefehl offenbar nur deshalb aufrechterhalten zu | |
wollen, um Assange dazu zu zwingen, seinen Asylschutz aufzugeben. Das sei | |
eines Rechtsstaats wie dem schwedischen „unwürdig“. | |
Sie wiederholten auch die Befürchtungen ihres Mandanten von Schweden | |
womöglich an die USA ausgeliefert und dort wegen diverser Enthüllungen von | |
Geheimdokumenten durch Wikileaks wegen Geheimnisverrats angeklagt und | |
verurteilt zu werden. Nicht das schwedische Rechtswesen sei zu kritisieren, | |
sondern Assange selbst. „Wenn sich jemand unwürdig verhält, dann er“, | |
erklärte schon vor dem Gerichtstermin Elisabeth Massi Fritz, die Anwältin | |
einer der beiden Schwedinnen, die mit ihren Aussagen bei der Polizei im | |
August 2010 das Verfahren ins Rollen gebracht hatten. | |
## Sonderbehandlung für Promis? | |
„Sollen Promis eine Sonderbehandlung bekommen und das Recht haben, mit der | |
Justiz umzuspringen, wie es ihnen passt?“, fragt Fritz. „So funktioniert | |
ein Rechtsstaat nicht.“ Es sei allein Assange, der die Ermittlungen | |
blockiere und seine Anwälte verfolgten nur ein Ziel: Dass dieser fliehen | |
könne und sich nie für die Taten, die ihm in Schweden vorgeworfen würden, | |
strafrechtlich verantworten müsse. | |
Gegen die Ablehnung der Haftbefehlsaufhebung wollen Assanges Anwälte die | |
Berufungsinstanz, das Stockholmer Oberlandesgericht, anrufen. Eine | |
Entscheidung dort könnte schon in der kommenden Woche fallen. Würde der | |
schwedische Haftbefehl aufgehoben, verlöre auch der europäische seine | |
Grundlage und für die Londoner Polizei bestünde keine Veranlassung mehr die | |
jetzige aufwändige Bewachung der Botschaft Ecuadors fortzusetzen. | |
Ob es Assange dann gelingen würde Großbritannien umgehend zu verlassen, ist | |
allerdings fraglich: Bei der britischen Justiz erwartet ihn auf jeden Fall | |
noch ein Verfahren, weil er durch die Flucht in die ecuadorianische | |
Botschaft gegen gerichtliche Auflagen verstossen hat. Err war 2010 nur | |
gegen Kaution und mit Meldeauflagen aus der Untersuchungshaft entlassen | |
worden. | |
16 Jul 2014 | |
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[1] http://www.aklagare.se/Upload/Media/Case%20B%2012885.pdf | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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