# taz.de -- Sanktionen gegen Russland: „Primitiver Versuch“ der USA | |
> In der Ukraine-Krise verschärfen USA und EU ihre Sanktionen gegen | |
> Russland deutlich. Moskau warnt vor negativen Folgen für US-Unternehmen. | |
Bild: Ein eindeutig antirussisches Transparent in Kiew. | |
KIEW/DONEZK rtr/dpa/ap/afp | Die ukrainische Regierung hat der russischen | |
Luftwaffe vorgeworfen, am Mittwoch ein ukrainisches Militärflugzeug im | |
Luftraum über der Ukraine abgeschossen zu haben. Das Kampfflugzeug vom Typ | |
Suchoi-25 sei von einer russischen Rakete getroffen worden, als es „seinen | |
Dienst über dem Gebiet der Ukraine“ erfüllte, erklärte der Nationale | |
Sicherheits- und Verteidigungsrat am Donnerstag. Demnach konnte sich der | |
Pilot rechtzeitig mit einem Schleudersitz in Sicherheit bringen, bevor die | |
Maschine abstürzte. Er sei unverletzt gerettet worden. | |
In den Gebieten Lugansk und Donezk seien einzelne Stadtteile und | |
Ortschaften wieder unter Kontrolle der Aufständischen, teilten die | |
prorussischen Kräfte am Donnerstag mit. Die Regierungstruppen seien | |
zurückgedrängt worden. Eine Bestätigung dafür gab es in Kiew zunächst | |
nicht. | |
Bei den Kämpfen habe es erneut zahlreiche Tote und Verletzte gegeben, | |
teilten beide Seiten mit. Konkrete Zahlen lagen zunächst nicht vor. „Wir | |
wissen, dass es Verluste gibt. Die Kämpfe dauern an. Unsere Leute halten | |
sich. Aber es ist sehr schwer“, sagte Andrej Lyssenko vom Rat für Nationale | |
Sicherheit und Verteidigung der Ukraine. | |
Das Innenministerium in Kiew rief die Bürger in Donezk und Lugansk erstmals | |
auf, sich selbst gegen die Aufständischen zur Wehr zu setzen. Es verwundere | |
ihn, dass sich in einer Millionenstadt wie Donezk, in der „starke Männer, | |
Bergarbeiter, mutige Menschen“ leben, niemand den bewaffneten | |
Eindringlingen entgegenstelle, sagte Berater Sorjan Schkirjak. Er hoffe, | |
dass sich der Widerstand von Patrioten im Inneren bilde, um der Armee bei | |
der Befreiung der Stadt Donezk zu helfen. | |
## „Schikane“ | |
## | |
Die USA verhängen die schwersten Sanktionen gegen Russland seit Beginn des | |
Konflikts. Russland bezeichnet die neuen Maßnahmen als „Schikane“. Das | |
Außenministerium in Moskau nennt die Strafmaßnahmen am Donnerstag als | |
„primitiven Versuch“, die Verantwortung für das Chaos in der Ostukraine | |
abzuwälzen. Kremlchef Wladimir Putin erklärte, die USA schadeten damit vor | |
allem sich selbst und die bilateralen Beziehungen seien in Gefahr. | |
Washington und auch die EU hatten am Mittwoch neue Wirtschaftssanktionen | |
gegen Moskau beschlossen. Die US-Maßnahmen zielen vor allem auf den | |
lukrativen Energie- und Verteidigungssektor Russlands und treffen auch | |
einige Banken. Grund für die Schritte sei Moskaus Versagen, die Spannungen | |
in der Ukraine zu entschärfen, teilten die USA mit. | |
Die neuen Sanktionen stellen eine deutliche Ausweitung der Maßnahmen dar, | |
die bisher auf einige Einzelpersonen und Unternehmen beschränkt waren. | |
Betroffen sind nun unter anderem die staatliche Bank für Außenwirtschaft, | |
die Gazprombank und der Ölkonzern Rosneft, wie aus der Liste des | |
Finanzministeriums hervorgeht. Die Sanktionen hindern die Einrichtungen am | |
Zugriff auf den US-Kapitalmarkt. Zudem werden acht russische | |
Rüstungskonzerne sanktioniert, die Kleinwaffen, Mörsergranaten und Panzer | |
produzieren. | |
## Finanzsektor sanktioniert | |
Bei einem Sondergipfel in Brüssel zogen die Staats- und Regierungschefs der | |
EU kurz darauf nach und nahmen ebenfalls den Finanzsektor des Landes ins | |
Visier: Die Europäische Investitionsbank darf keine neuen | |
Finanzierungsabkommen mit Moskau mehr abschließen. Zudem soll der neuen | |
Vertretung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in | |
Russland kein Geld zur Verfügung gestellt werden. | |
Überdies baten die Staats- und Regierungschefs der EU am Mittwochabend um | |
eine Bestrafung von Menschen oder Firmen, die „russische | |
Entscheidungsträger unterstützen, die für die Annexion der Krim und die | |
Destabilisierung der Ostukraine verantwortlich“ seien. Dies könnte vor | |
allem russischen Oligarchen oder Mitgliedern des inneren Machtzirkels von | |
Kremlchef Putin zusetzen. | |
Es sind die bisher schärfsten Sanktionen der USA und der EU gegen Russland | |
seit der Eskalation der Ukraine-Krise mit der russischen Eingliederung der | |
Halbinsel Krim im Frühjahr. Bisher hat Brüssel gegen 72 Einzelpersonen | |
Kontensperrungen und Reiseverbote verhängt. Zudem wurden in EU-Ländern | |
geparkte Vermögenswerte zweier auf der Krim ansässiger Firmen eingefroren. | |
Der Westen wirft Russland vor, die Separatisten in der Ostukraine bei ihrem | |
Aufstand gegen die Zentralregierung in Kiew zu unterstützen. | |
## Nachteil für US-Unternehmen | |
Präsident Putin verurteilte die neue Sanktionsrunde der USA. Die | |
Strafmaßnahmen brächten einen Wettbewerbsnachteil für jene US-Unternehmen | |
mit sich, die in Russland arbeiten wollten, sagte er bei einer Reise in | |
Brasilien. Dabei bezog er sich vor allem auf den Energiekonzern ExxonMobil, | |
der ein mehrere Milliarden Dollar schweres Abkommen mit Rosneft | |
abgeschlossen hat. Rosneft-Chef Igor Setschin kritisierte die Maßnahmen als | |
„unbegründet, subjektiv und gesetzeswidrig“. Sein Unternehmen spiele in der | |
Ukraine-Krise keine Rolle. | |
„Sie untergraben die Position ihrer Energiefirmen“, fügte Putin an die USA | |
gerichtet hinzu. „Sie haben einen Fehler gemacht, und beharren nun auf | |
einem weiteren.“ Die Strafen gehen nicht soweit, dass ganze russische | |
Wirtschaftssektoren abgeschnitten werden. Wie US-Regierungsvertreter der | |
Nachrichtenagentur AP sagten, will sich das Weiße Haus einen solchen | |
Schritt für eine mögliche russische Invasion der Ukraine oder ähnliche | |
provokative Aktionen vorbehalten. | |
17 Jul 2014 | |
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