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# taz.de -- Die Wahrheit: Couchsurfing auf „Sofa Hermann“
> Manche teilen ihre Nachnamen mit Nazigrößen, andere nennen ihre Möbel
> nach ihnen, und ein CDU-Stadtrat hetzt gegen Juden. Hitler heißt nie
> jemand.
Hieß eigentlich jemals jemand Hitler? Außer Adolf und seiner Familie?
Wahrscheinlich nicht, denn der Name wurde quasi für Hitlers Vater erfunden.
Dieser kam als uneheliches Kind unter dem Namen Alois Schicklgruber auf die
Welt und nahm später den Namen des Mannes an, den seine Mutter Jahre nach
seiner Geburt heiratete. Dieser Mann hieß allerdings nicht Hitler, sondern
„Hiedler“, aber man geht davon aus, dass sich der Standesbeamte beim
Eintrag der Namensänderung schlicht verhört hat. Aufgrund dieser
Namensneubildung gab es vermutlich schon früher keine Hitlers jenseits der
Schicklgruber-Nachkommenschaft.
Nicht ganz ausgestorben sind die Namen anderer Nazigrößen. Da gibt es die
Historikerin Katrin Himmler, Großnichte des SS-Führers, und den Architekten
Albert Speer junior. Im Rheinland gibt es einige Goebbels, hier und da
findet man einen Heydrich, sogar Mengeles gibt es im Schwäbischen ein paar.
Gruselig ist die Vorstellung, einer der Letzteren würde mal eine Arztpraxis
eröffnen. Aufs Ganze gesehen sind diese Namen jedoch so selten, dass
anzunehmen ist, dass viele ihrer ehemaligen Träger den weisen Weg der
Namensänderung gegangen sind.
Nur der Name eines NSDAP-Granden ist nach wie vor häufig anzutreffen:
Göring. Sofort fällt einem dazu Katrin Göring-Eckardt ein, die diesen
Namensteil allerdings erst durch die Ehe mit einem evangelischen Pfarrer
erwarb. Auch im realen Leben bin ich mehreren Görings begegnet. Warum sich
deren Eltern oder Großeltern nicht umbenannten, ist mir ein Rätsel.
Vermutlich nahm man den fetten Morphinisten und Reichsjägermeister nicht
als richtigen Nazischurken ernst. Man sah ihn mehr als Witzfigur, der in
Fantasieuniformen und mit einem Baby-Löwen an der Leine in seinem Haus
„Carinhall“ auf und ab stolzierte, gemeinsam mit seiner Frau Emmy, die in
ihrem früheren Leben als Schauspielerin laut einer Kollegin für „eine Tasse
Kaffee und Zweimarkfuffzich“ zu haben gewesen sei. Diese Verniedlichung
wird der Bedeutung Görings allerdings nicht gerecht, der als zweiter oder
dritter Mann im Staate für alle Nazi-Verbrechen mitverantwortlich war.
Es gibt allerdings auch Leute, die grundsätzlich keine Berührungsängste mit
Nazinamen haben. Vor einigen Jahren schaltete ein Hildesheimer Möbelhaus
eine Anzeige, in dem es nicht nur die „Anbauwand Rommel“ und die „Eckbank
National“ anbot, sondern auch eine „Polstergarnitur Adolf“ und ein „Sofa
Hermann“. Der Möbelhaushändler erklärte, er habe sich dabei nichts gedacht,
sondern nur die Namen vom Hersteller übernommen.
Das klingt für mich so schlüssig wie die Entschuldigung des CDU-Stadtrats
von Seesen, Werner Mroz, der kürzlich auf Facebook postete „Juden sind
scheiße“. Nachdem das nicht alle so richtig toll fanden, sagte er: Ja, das
täte ihm leid, aber er sei bestimmt „kein Antisemit“. Nee, er kann halt nur
Juden nicht leiden. Wäre interessant zu erfahren, worauf Herr Mroz sitzt,
wenn er abends seine Guido-Knopp-Sendungen schaut. Seesen ist nicht weit
von Hildesheim entfernt.
30 Jul 2014
## AUTOREN
Hartmut El Kurdi
## TAGS
Adolf Hitler
Katrin Göring-Eckardt
Statistik
Stefan Raab
Musikkultur
Fußballfans
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