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# taz.de -- Nach der türkischen Präsidentschaftswahl: Fantastischer Zugewinn …
> Bei der Verabschiedung einer neuen Verfassung wird die Partei des
> kurdischen Kandidaten Demirtas das Zünglein an der Waage sein.
Bild: Wahrscheinlich die Einzigen, die sich rundum über das Ergebnis der Präs…
ISTANBUL taz | „Wir sind sehr zufrieden. Wir haben alles bekommen, was wir
erwarten konnten“, sagte Saruhan Oluc, einer der Wahlkampfmanager
Selahattin Demirtas’ am Montag der taz. „Der Zugewinn von 6 auf fast 10
Prozent ist fantastisch.“
Tatsächlich sind die Anhänger des kurdischen Kandidaten an diesem Montag
wahrscheinlich die Einzigen, die sich rundum über das Ergebnis der
Präsidentenwahl freuen. Während Sieger Erdogan seine eigenen Erwartungen
klar verfehlte und das säkulare Lager mit seinen Nichtwählern hadert, haben
Demirtas’ Leute ihr Potenzial weitgehend ausgeschöpft.
„Endlich ist es uns gelungen“, so der Kandidat in einer ersten
Stellungnahme, „die ethnischen Grenzen zu sprengen und in einem relevanten
Umfang auch Stimmen aus der türkischen Linken zu bekommen.“ Saruhan Oluc
untermauert das mit Zahlen: „In Istanbul, in Izmir und in Ankara, in den
westlichen Großstädten also, konnte die HDP ihre Stimmen verdoppeln. Neben
Kurden haben uns als dort auch viele Türken gewählt.“
Wenn Demirtas und seine Demokratische Volkspartei HDP, zu der neben der
kurdischen Friedens- und Demokratiepartei BDP auch einige kleinere
türkische linke Gruppen gehören, diesen Erfolg fortsetzen wollen, steht
ihnen in den kommenden Monaten eine schwierige Gratwanderung bevor. Bislang
war eine Allianz zwischen der größten nationalen Minderheit und türkischen
Linken immer daran gescheitert, dass die Kurden ihr Übergewicht in der
Allianz letztlich doch dafür einsetzten, zuerst einmal rein kurdische
Interessen durchzusetzen.
Das zeigte sich ganz deutlich im letzten Sommer: Während die gesamte
türkische Linke am Gezipark gegen Erdogans Polizei anrannte, hielten sich
die Kurden zurück, weil sie den Friedensprozess mit der PKK nicht stören
wollten. Das hat den Protest geschwächt und dazu geführt, dass es bei den
Kommunalwahlen im März in Istanbul keine Allianz zwischen Kurden und
Säkularen gab.
## Mittelfristige oder kurzfristige Erfolge
Jetzt kommt auf Demirtas eine noch größere Herausforderung zu: Er kann
entweder versuchen, mittelfristig in der Türkei eine echte linke Partei
jenseits ethnischer Grenzen aufzubauen; oder er kann bei den kommenden
Gesprächen mit Erdogan und seiner AKP auf kurzfristige Erfolge für die
Kurden setzen.
Die Stimmen der HDP werden bei der Verabschiedung einer neuen Verfassung
das Zünglein an der Waage sein. Voraussichtlich wird Erdogan den Kurden
mehr Rechte auf regionaler Ebene anbieten, damit sie im Gegenzug einer
Präsidialverfassung zustimmen, die ihn zum Alleinherrscher auf Zeit macht.
Mit einem solchen Deal aber würde die HDP sofort die Unterstützung der
türkischen Linken verlieren. Zudem wären die Aleviten, die größte religiöse
Minderheit des Landes, die traditionell für die CHP stimmt und bei der
Präsidentenwahl für Ekmeleddin Ihsanoglu votierte, auch künftig nicht
bereit, mit den Kurden zusammenzuarbeiten. Auch säkulare und progressive
Kurden blieben gespalten – was letztlich die Garantie für die kommenden
Wahlsiege der AKP wäre.
11 Aug 2014
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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