# taz.de -- Freie Mitarbeiter mucken auf: Massenkündigung bei Ver.di | |
> Den Seminarleitern der Ver.di-Jugendbildungsstätte Konradshöhe in Berlin | |
> wurde gekündigt. Die sehen das als Versuch, Mitbestimmung auszuhebeln. | |
Bild: Das gilt auch für uns, finden die Mitarbeiter, die im Namen von Ver.di a… | |
BERLIN taz | Solidarität wird großgeschrieben bei der | |
Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Zumindest auf der eigenen Webseite: | |
„Solidarität ist für uns ein hoher Wert – sie beginnt im Kleinen und wirkt | |
noch im Globalen“, heißt es dort. Doch die Solidarität im Kleinen wird | |
Mitarbeitern der Ver.di-Bildungsstätte Konradshöhe in Berlin gerade zum | |
Verhängnis. Im Juni kündigte die Hausleitung überraschend allen 17 | |
Seminarleitern. „Ohne Abmahnung, ohne Gespräch, ohne Ankündigung“, wie es | |
in einer gemeinsamen Erklärung heißt. | |
Die Seminarleiter sehen in der Massenkündigung einen Versuch der | |
Hausleitung, mehr Mitbestimmung freiberuflicher Mitarbeiter zu verhindern. | |
Die jedoch wertet das als angemessene Reaktion auf einen anonymen | |
Boykottaufruf. Vorausgegangen war ein Streit übers Geld. | |
In Konradshöhe in idyllischer Havel-Lage finden Seminare und Tagungen für | |
Schulklassen und Jugendgruppen statt. Der Berliner Senat unterstützt die | |
Jugendbildungsstätte mit jährlich 166.000 Euro. Ver.di ist nur noch im | |
Namen und im Vorstand präsent. Die Seminare werden von freien Mitarbeitern | |
geleitet zu einem Tageshonorar von rund 100 Euro. Für einige von ihnen ist | |
das die Haupteinnahmequelle. | |
Zu Jahresbeginn gründeten die Seminarleiter einen Teamrat und vereinbarten | |
mit der Hausleitung einen Rahmenvertrag. Ein erster Versuch, | |
Arbeitsbedingungen festzuschreiben und gewerkschaftliche Mitbestimmung der | |
Freien zu gewährleisten. Dies ist ihrer Meinung nach von der Hausleitung | |
bestraft worden. „Wie in anderen Bildungsstätten deutet in Konradshöhe | |
alles darauf hin, dass die Kündigung eines gesamten Hausteams mit dem | |
Wunsch der Teamenden nach einer Rahmenvereinbarung und nach Mitbestimmung | |
im Betrieb im Zusammenhang steht“, schreiben die SeminarleiterInnen in | |
ihrer Erklärung. | |
Aus Sicht der Hausleitung hat sich der Streit dagegen an einem | |
„Boykottaufruf“ entzündet. Bildungsreferentin Anne Pusch-Bundt berichtet, | |
dass man Seminarleiter für ein Medienseminar gesucht habe. Allerdings habe | |
man nicht mehr den erhöhten Tagessatz von 140 Euro zahlen können. Die | |
eigenen Seminarleiter hätten sich geweigert, das Seminar wieder anzubieten. | |
Später erfuhr die Hausleitung von einer anonymen Mail, die an andere | |
Bildungsstätten verschickt wurde. | |
Darin heißt es: „Wir bitten euch, sich nicht auf das Teamendengesuch zu | |
melden. Vielen Dank für die Solidarität.“ Absender: unbekannt. „Wir haben | |
uns danach entschlossen, den Rahmenvertrag für alle Beschäftigten zu | |
kündigen“, sagt Pusch-Bundt. „Wir wollten ein politisches Zeichen setzen.�… | |
Ver.di-Sprecherin Eva Völpel sagte, der Vorfall sei bedauerlich, aber | |
letztendlich trage die Hausleitung die Verantwortung für das operative | |
Geschäft. | |
Als die Hausleitung zur Teamversammlung einlud und nach dem Absender der | |
Mail fragte, hatte keiner der Seminarleiter mit dem Finger auf die anderen | |
gezeigt. War die Massenentlassung also eine Art kollektive Strafmaßnahme? | |
Nein, meint Pusch-Bundt. „Es ist ja nichts passiert.“ Man sei bereit, mit | |
den allermeisten Beschäftigten wieder Verträge abzuschließen. „Aber wir | |
behalten uns vor, nicht mit jedem Einzelnen zusammenzuarbeiten.“ | |
Die 17 Seminarleiter wollen sich nicht spalten lassen. Die Forderung „Alle | |
oder keiner“ stehe im Zentrum ihres Anliegens. | |
12 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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