Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Jüdisch-muslimische Paare in Israel: Wenn die Heirat unerwünscht …
> Weil er eine zum Islam konvertierte Jüdin heiratet, zieht ein
> muslimischer Israeli den Zorn der Rechten auf sich. Demos begleiteten die
> Hochzeitsfeier.
Bild: Nicht nur die Gegner, auch Befürworter der Hochzeit demonstrieren in Ris…
JERUSALEM taz | Dass seine Hochzeitsfeier in einem Gerichtssaal beginnen
würde, hätte sich der arabisch-muslimische Israeli Mahmud Mansur niemals
träumen lassen. Wie es das Schicksal wollte, fiel die Wahl seines Herzens
auf eine Jüdin. Die 23-jährige Morel Malka konvertierte zum Islam und
nährte damit den Zorn der Gruppe „Lahava“ (Initialwort für die
„Verhinderung von Assimilation im Heiligen Land “) vermutlich nur
zusätzlich.
Das Paar aus Jaffa bekam Morddrohungen, musste Telefonnummern und
E-Mail-Konten ändern. Die Hüter der Töchter Israels kündigten zur geplanten
Hochzeit am Sonntagabend eine Demonstration an. Mansur sollte, um die
Feierlichkeiten zu schützen, auf Anordnung der Polizei private
Sicherheitsleute engagieren, was ihn umgerechnet mehrere tausend Euro
gekostet hätte. Deshalb zog er vor Gericht.
Richterin Iria Mordechai vom Friedensgericht Rischon LeZion fand einen
Kompromiss. Die Demonstration durfte nur im sicheren Abstand von wenigstens
200 Metern von der Hochzeitsfeier entfernt stattfinden und musste
polizeilich bewacht werden – auf Staatskosten. Ein paar Hundert
Rechtsaktivisten kamen schließlich mit Israel-Fahnen und Plakaten. „Töchter
Israels dem Volk Israels“, stand dort. Die Demonstranten bliesen den
Schofar und riefen „Tod den Linken“. Die Polizei nahm kurzfristig einige
Männer in Haft. „Es ist schade um das Geld“, sagte Richterin Mordechai noch
am Morgen. „Wir hätten es besser für die Eisenkuppel (das
Raketenabwehrsystem Iron Dome) verwenden können.“
Seit fünf Jahren ist das Paar zusammen. Einen ungünstigeren Zeitpunkt
hätten die beiden für ihre Hochzeit nicht wählen können. Nach fünf Wochen
Raketen aus dem Gazastreifen und und Kämpfen stehen die Zeichen nicht auf
Versöhnung zwischen Juden und Arabern. Mischehen sind in Israel nur
möglich, wenn einer der Partner konvertiert oder wenn die Ehe im Ausland
stattfindet.
## „Wir lesen Bücher, wir wissen doch, was dort passiert“
Um eine Vermischung der Konfessionen zu verhindern, kann in Israel nur beim
Rabbiner, beim Imam oder in der Kirche geheiratet werden. Standesamtliche
Eheschließungen sind bis heute nicht möglich. Der Soziologe Sammi Samooha
von der Universität Haifa rechnet mit nur rund 1.000 Fällen seit der
Staatsgründung 1948. Das größte Problem sind meist die Familien der
Brautleute. Mansur versteht nicht, was die „Lahava“ von ihm will: „Sie
kennen uns doch noch nicht einmal.“
Für die jüdischen Extremisten ist die aktuelle Stimmung im Land Wasser auf
ihre Mühlen. „Wir rufen dazu auf, heute Abend zu kommen, um zu
protestieren“, sagt Fanni Danino. Die 50-Jährige trägt die Kopfbedeckung
einer religiösen Jüdin. Sie ist extra am Sonntag zum Gericht gekommen, um
auf das Brautpaar einzureden und sie von ihrer Heirat abzubringen. „Wir
sind doch längst verheiratet“, kontert Mansur. Die muslimische
Eheschließung habe schon stattgefunden. Nur die Hochzeitsfeier stehe noch
aus. Danino wettert, man dürfe „den Arabern keine Bühne geben“, was werde
aus den Kindern der Mischehe und was aus der „armen Frau“, die bald nur
noch Kinder gebären und den Haushalt führen dürfe. „Wir lesen Bücher, wir
wissen doch, was dort passiert“, ruft sie, bis eine Beamtin sie aus dem
Gerichtssaal verweist.
Bräutigam Mansur zeigte sich zufrieden über den Kompromiss. „Wir wollen
nichts anderes, als friedlich zusammenleben“, meint er. Während der ganzen
Zeit, die er mit Morel zusammen sei, habe er „niemals solchen Rassismus
erlebt“ wie in diesen Tagen. Staatspräsident Reuven Rivlin bezeichnete die
Hetze gegen die Brautleute auf seiner Facebookseite als „ärgerlich und
beunruhigend“.
18 Aug 2014
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Israel
Gaza
Hochzeit
Juden
Muslime
Ramallah
Israel
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
Tel Aviv
Israel
Gaza
Krieg
## ARTIKEL ZUM THEMA
Mail aus Jerusalem, Teil 1: Ramallah, Bethlehem und Retour
Eine berufstätige Mutter im Auto, die versucht, Arbeit und Kind unter einen
Hut zu bekommen – ganz normal? Der Teufel steckt im Detail.
Aktivist über Friedensbewegung in Israel: „Es gibt enormen Hass“
Der Aktivist Itay Mautner über die Perspektiven der Friedensbewegung in
Israel, das abgesagte Jerusalemer Kulturfestival und traumatische
Ereignisse.
Krieg in Gaza wieder voll entbrannt: Die Feuerpause ist vorbei
Aus der Feuerpause wurde im Gaza-Konflikt keine dauerhafte Waffenruhe.
Palästinenser feuerten Raketen auf Israel. Bei Luftangriffen gab es mehrere
Tote.
Krieg in Nahost: Weitere 24 Stunden Feuerpause
Die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas wurde zunächst nur um 24
Stunden verlängert. Doch es zeichnet sich eine Vereinbarung ab – trotz
Differenzen.
Schwieriger Dialog über Nahost-Waffenruhe: Unmögliche Forderungen
Die Gespräche über eine Verlängerung der Waffenruhe zwischen der Hamas und
Israel drohen zu scheitern. Am Montagabend endet die bisherige Feuerpause.
Proteste in Israel: Tausende für den Frieden
Benjamin Netanjahu gerät immer mehr unter Druck, auch international.
Demonstranten in Tel Aviv fordern neue Verhandlungen mit den
Palästinensern.
Debatte Israelkritik: Feigheit vor dem Freund
Wenn in Deutschland über die israelische Politik gestritten wird, geht es
immer auch darum, wer ein guter Deutscher ist. Leider.
Leben im Gaza-Streifen: Keine Aussichten auf Zukunft
Die Bewohner leben auf der Straße. Es gibt kaum Wasser, keinen Strom und
keine medizinische Versorgung. Essen kriegt nur, wer auf der richtigen
Liste steht.
Debatte Krieg in den Medien: Die große Verunsicherung
Angesichts der Kriegsmeldungen aus aller Welt wächst auch hierzulande die
Angst. Parallel dazu wächst der Wunsch nach klaren Verhältnissen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.