# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Der „Spiegel“ auf der Plastiktüte | |
> Wird der „Stern“ eine gut geschmückte Braut? Und: Warum britische | |
> Zeitungen trotz Dauerfeuer zum 1. Weltkrieg in der Krise sind. | |
Bild: Seltsamer Fleck im Konferenzraum eines Hamburger Verlags. | |
Hallo taz-Medienredaktion! | |
Um genau so anzufangen wie in meiner letzten Kolumne: Kann ich nicht mal | |
kurz das Land verlassen, ohne dass hier alles drunter und drüber geht? Ohne | |
dass im Geheimen ausgetüftelte Pläne zum Rausschmiss namhafter | |
Chefredakteure ihre Umsetzung finden? | |
Wobei die interessante Frage vor allem ist, warum Stern-Chef Dominik | |
Wichmann [1][ausgerechnet jetzt rausgeschmissen] wird. Und warum er durch | |
Christian Krug ersetzt wird, den Mann, der mit Hajo Schumacher mit dem | |
Versuch, aus der Zeitschrift Max eine ernst zu nehmende Konkurrenz für den | |
Stern zu machen, kolossal gescheitert ist? Kann es sein, liebe Julia Jäkel, | |
dass Krug, der als wenig zimperlich gilt, geholt wird, Ihre | |
Personalabbaupläne umzusetzen, damit der Stern wie eine gut geschmückte | |
Braut dasteht, wenn es um den möglichen Verkauf von Gruner & Jahr (G&J) | |
geht? | |
Sehr lustig finde ich, dass es Plastiktüten gibt, auf denen die | |
deutschsprachigen G&J-Produkte aufgedruckt sind und auf denen auch das Logo | |
des Spiegel prangt. Gerade so, als würde neben Geo, PM und Brigitte auch | |
der Spiegel bei G&J erscheinen. Tut er aber nicht. G&J ist nur mit 25,25 | |
Prozent am Spiegel beteiligt. Aber man kann ja mal so tun, als würde man | |
noch was mit Journalismus machen. | |
Auf der anderen Seite passt das, was mal ein Nachrichtenmagazin war und | |
sich nun zum Focus der Gegenwart entwickelt, gut ins G&J-Portfolio. | |
Schließlich kann der Spiegel mit seinem überaus erfolgreichen Titel | |
„Bewegung“ nahtlos an Hefte wie Stern gesund leben und Mom anschließen. | |
Aber Obacht!, möchte ich den KollegInnen vom Orangefarbenen zurufen. Nicht, | |
dass Bertelsmann, zu 74,9 Prozent Eigentümer von G&J, euch gleich mit | |
verscherbelt. Immerhin seid ihr ja schon auf der Plastiktüte … | |
## Urlaub in England | |
Ach nee, ach nee! Dabei hatte ich in meinem Urlaub so eine schöne Zeit! | |
Meine Gastgeber, die Engländer, begingen das hundertjährige Jubiläum zum | |
Eintritt des Königreichs in den Ersten Weltkrieg mit so viel Liebe und | |
Detailversessenheit, dass man gar nicht glauben mag, dass der Krieg schon | |
vorbei ist! Da laufen die Zeitungen zu Höchstform in ihren | |
Darstellungsformen auf, dass man sich fragt: Warum Zeitungskrise? Kann ein | |
Krieg je hinreichender und eindrucksvoller dargestellt werden, als die | |
britische Presse es vermag? | |
Da macht es auch nichts, dass man keine Information über die Abstimmung der | |
Schotten über mögliche Autonomie erhält und dass einem keiner sagen kann, | |
ob so eine Autonomie auch den Austritt aus dem Königreich bedeutet – völlig | |
egal, in Anbetracht der Kreativität, die dieser auch nach 100 Jahren noch | |
so faszinierende Weltkrieg freizusetzen vermag! | |
Da kann man sich nur wundern, dass tatsächlich einige Briten auf die Idee | |
kommen, ihre Kinder nach den Figuren der TV-Serie „Game of Thrones“ zu | |
benennen … | |
Allerdings sind nicht alle auf der Insel im gedanklichen Dämmertörn | |
gefangen. So beklagten sich LeserInnen beim Chefredakteur der Times über | |
die Kommentierung des Umstands, dass Angela Merkel ein blaues Kleid zum | |
zweiten Mal auf einem öffentlichen Anlass getragen hat. Auch einigen | |
deutschen Medien war dieser Umstand dumme Kommentare bzw. die bloße | |
Erwähnung wert. Und auch ihnen begegnete ein solcher LeserInnengroll, dass | |
man annehmen kann, dass bald auch die allerblödesten KollegInnen kapiert | |
haben werden, dass man mit Zurschaustellung seiner geistigen Beschränktheit | |
den Kampf um Leserinnen und Leser nicht gewinnen kann. | |
Ach, wie schön, langsam werde ich wieder warm! Und damit zurück nach | |
Berlin! | |
20 Aug 2014 | |
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