# taz.de -- Indiens unruhiger Nordosten: Hungerstreikende soll freikommen | |
> Die indische Menschenrechtsaktivistin Irom Chanu Sharmila muss laut einer | |
> Gerichtsentscheidung freigelassen werden. Seit 14 Jahren wird sie | |
> zwangsernährt. | |
Bild: Studierende in Guwahati im nordöstlichen Bundesstaat Assam demonstrieren… | |
BERLIN taz | Ein Gericht im nordöstlichen indischen Bundesstaat Manipur hat | |
am Dienstag die Freilassung der Menschenrechtlerin Irom Chanu Sharmila | |
angeordnet. Dies erklärte ihr Anwalt gegenüber indischen Journalisten. | |
Die „eiserne Lady von Manipur“ genannte Aktivistin hatte am 5. November | |
2000 einen Hungerstreik begonnen. Mit dem protestiert sie bis heute gegen | |
ein Massaker indischer Sicherheitskräfte. Das haten diese im Jahr 2000 an | |
Passanten verübt, die an einer Bushaltestelle gewartet hatten. | |
In Manipur und anderen Regionen des zwischen Bangladesch und Birma | |
liegenden indischen Nordostens kämpfen verfeindete Guerilla- und | |
Volksgruppen sowohl gegeneinander als auch gegen den indischen Staat. Der | |
schlägt mit großer Brutalität zurück. | |
Sharmila arbeitete damals in einer Menschenrechtsorganisation und war es | |
leid, immer wieder Tötungen zu dokumentieren, die nie geahndet wurden. | |
Deshalb verkündete sie, fortan solange hungerfasten zu wollen, bis ein | |
AFSPA genanntes Sondergesetz abgeschafft ist. Denn das garantiert | |
Menschenrechtsverletzern in Uniform Straflosigkeit. | |
## Gericht: Hungerstreik ist politischer Protest | |
Jetzt erklärte das Gericht in Manipurs Hauptstadt Imphal nach Angaben des | |
Anwalts, die Behörden hätten nicht nachweisen können, dass Scharmila sich | |
mit dem Hungerstreik töten wolle. Vielmehr sei dies doch ein politischer | |
Protest. | |
Indische Gerichte hatten bisher Sharmilas Hungerstreik, der sich an Mahatma | |
Gandhis historischem Hungerfasten gegen die britische Kolonialmacht | |
orientiert, bisher stets als versuchten Suizid gewertet. Da dies nach | |
indischem Gesetz mit einem Jahr Haft bestraft werden kann, ermöglichte das | |
den Behörden, Sharmila in einem bewachten Krankenhaus über einen Schlauch | |
in der Nase zwangszuernähren. | |
Nach einem Jahr musste sie freigelassen werden. Da sie ihren Hungerstreik | |
fortsetzte, wurde sie erneut festgenommen und für weitere zwölf Monate | |
zwangsernährt. So geht das seit knapp 14 Jahren. Offen ist, ob die | |
42-jährige Heldin der manipurischen Zivilgesellschaft jetzt wirklich | |
freikommt. | |
## Noch Berufung möglich | |
Die Behörden haben jetzt noch die Möglichkeit zur Berufung. Bisher gibt es | |
auch keine Anzeichen, dass Sharmila ihren Hungerstreik beendet. Denn das | |
bisher nur in Kaschmir wie dem Nordosten angewandte AFSPA-Sondergesetz gilt | |
weiter. | |
Dabei hatte eine von der Regierung eingesetzte Kommission, die wegen | |
Sharmilas Hungerstreik eingesetzt worden war, schon im Jahr 2005 zur großen | |
Überraschung Delhis die Abschaffung des drakonischen Gesetzes gefordert. | |
19 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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