# taz.de -- Indische Aktivistin Irom Sharmila: Nach zwei Tagen wieder in Haft | |
> Mit Knast begegnet die indische Regierung seit 14 Jahren dem Hungerstreik | |
> einer Aktivistin. Nach zwei Tagen Freiheit wurde sie erneut festgenommen. | |
Bild: Die seit knapp 14 Jahren zwangsernährte Irom Chanu Sharmila während ihr… | |
BERLIN taz | Ihr erneuter Hungerstreik währte nur zwei Tage: Am Freitag | |
Vormittag ist die indische Menschenrechtsaktivistin Irom Chanu Sharmila | |
erneut von der Polizei festgenommen worden. Nach indischen Medienberichten | |
nahmen rund 30 Polizistinnen die 42-Jährige in Imphal, der Hauptstadt des | |
ostindischen Bundesstaates Manipur, fest. Dabei anwesende Unterstützer | |
Sharmilas konnten das Vorgehen der Polizei nicht verhindern. | |
Als Grund der erneuten Festnahme wurde „geplanter Suizidversuch“ genannt. | |
Dies ist nach indischem Gesetz ein Vergehen und kann bis mit bis zu einem | |
Jahr Gefängnis bestraft werden. „Wir können sie nicht sterben lassen“, | |
erklärte ein Behördenvertreter. | |
Noch am Dienstag hatte ein Gericht in Imphal entschieden, dass Sharmilas im | |
November 2000 begonnener Hungerstreik eben nicht den Suizid zum Ziel habe, | |
sondern eine legitime politische Aktion darstelle. Schon Indiens | |
Nationalheld Mahatma Gandhi hatte mit seinem Hungerfasten die britische | |
Kolonialmacht das Fürchten gelehrt. | |
Am Mittwoch musste die Aktivistin auf Anordnung des Gerichts freigelassen | |
werden. Doch gestand das Gericht in seinem Urteil auch den Behörden zu, | |
„angemessene Maßnahmen“ zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit Sharmilas | |
zu ergreifen. „Die Verschlechterung meines Gesundheitszustandes kümmert | |
mich nicht“, sagte Sharmila nach ihrer Freilassung laut der Times of India. | |
„Aber ich versuche nicht mein Leben zu beenden.“ | |
## Gericht erlaubt „angemessene Maßnahmen“ | |
Mit ihrer Aktion protestiert die als „Eiserne Lady von Manipur“ bekannte | |
Aktivistin gegen das drakonische Sicherheitsgesetz AFSPA (Armed Forces | |
Special Powers Act). Das Sondergesetz garantiert Polizei, Paramilitärs und | |
Militärs in Indiens unruhigem Nordosten de facto Straffreiheit für | |
Menschenrechtsverletzungen. Sharmila hatte ihren Hungerstreik nach einem | |
Massaker staatlicher Sicherheitskräfte an zehn Zivilisten begonnen. Dafür | |
wurde bis heute niemand zur Rechenschaft gezogen. Sharmila erklärte erneut, | |
erst nach Abschaffung des AFSPA wieder Essen zu wollen. | |
Seit November 2000 war die Aktivistin knapp ein Dutzend Mal für jeweils ein | |
Jahr durch einen Schlauch in der Nase zwangsernährt worden. Darauf musste | |
sie jeweils freigelassen werden, setzte ihren Hungerstreik aber fort und | |
wurde darauf wieder festgeńommen und ein weiteres Jahr zwangsernährt. | |
Nach ihrer jetzigen Freilassung am Mittwoch erklärte Sharmila mit | |
stockender geschwächter Stimme, ihren Hungerstreik fortsetzen zu wollen. | |
Dies tat sie dann auch in einem provisorischen Lager in unmittelbarer Nähe | |
des Krankenhauses, in dem sie die letzten Jahre eingesperrt und | |
zwangsernährt worden war. | |
## Volksheldin in Indiens Nordosten | |
Sharmila gilt in Indiens ökonomisch wie politisch abgehängtem Nordosten als | |
Volksheldin. Die Strategie der Regierung bestand bisher darin, sie durch | |
die Zwangsernährung unter Bewachung von der Öffentlichkeit zu trennen. Denn | |
ihr Hungerstreik kann nur dann volle politische Wirkung entfalten, wenn er | |
öffentlich wahrgenommen wird. | |
Sharmila sagte dann auch nach ihrer Freilassung: „Ich brauche keine | |
Menschen, die ein Loblied auf mich singen, sondern die mich unterstützen. | |
Der wahre Sieg liegt in der Erfüllung meiner Forderungen. Dafür habe ich | |
die letzten 14 Jahre so viel gelitten“. Die Regierung fürchtet aber auch | |
große Proteste, sollte die hartnäckige Aktivistin sterben. | |
22 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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