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# taz.de -- Lösegeld als Geschäftsmodell: Diesseits der Barbarei
> Geiselnehmer wie derzeit der IS haben einen sehr schlechten Ruf. Doch mit
> einem Erpresser kann man immerhin verhandeln.
Bild: Entführungen und Lösegeld-Forderungen ziehen sich durch die ganze Mensc…
Die Eintreibung von Lösegeld ist vielleicht nicht das älteste, aber
womöglich das zweitälteste Gewerbe der Welt – man denke an Montezuma,
Richard Löwenherz, Johanna von Orleans. Und es ist weniger anrüchig. Als
der junge Julius Caesar von kilikischen Piraten entführt wurde, forderten
sie 20 Talente Lösegeld. Caesar höhnte, er sei mehr wert, mindestens 50
Talente, und auch bereit, das Geld aufzubringen. Seine Gefangenschaft
verbrachte er damit, den Barbaren seine Gedichte vorzutragen – und drohte,
sie umbringen zu lassen, wenn sie sich nicht begeistert genug zeigten.
Das Geschäftsmodell islamistischer Terroristen hat also eine lange
Tradition. Geändert hat sich der Umgang derer, die das Lösegeld
aufzubringen hätten. Aus humanistischer Perspektive kann kein Lösegeld
horrend genug sein, es zur Rettung eines Lebens nicht zu zahlen.
Und doch hat die US-Regierung die Forderung der islamistischen Horden nach
130 Millionen Dollar unbeantwortet gelassen, das dem danach ermordeten
US-Journalisten James Foley das Leben hätte retten können. Aus staatlicher
Perspektive nämlich kann kein Lösegeld lächerlich genug sein, als dass es
gezahlt werden dürfte.
Eine Regierung, die zur Freigabe von entführten Bürgern oder auch
konfiszierten Gütern in die Tasche greift, die „macht sich“, so die
allgemeine Sprachregelung auch in Deutschland zu Zeiten der RAF,
„erpressbar“. Damit wäre allerdings verwischt, dass Regierungen durchaus
erpressbar sind, sich aber aus politischen Gründen in der Regel nicht
erpressen lassen – wofür vor allem der Entführte die Konsequenzen zu tragen
hat.
## Geldquellen für Islamisten
So hat unlängst US-Präsident Obama vorrechnen lassen, dass allein von den
Konten europäischer Staaten in den letzten fünf Jahren rund 125 Millionen
Euro Lösegeld an Islamisten geflossen sind – und dies eine spürbare
Unterstützung des Terrors darstelle.
So halten es die USA und auch Großbritannien. Angeblich. Nun konnte auf
Vermittlung von Katar der Journalist Peter Theo Curtis aus der Gewalt der
extremistischen Al-Nusra-Front in Syrien befreit werden. „Ohne finanzielle
Gegenleistung“, wie so betont beteuert wurde, dass man annehmen muss, gutes
Zureden habe den Ausschlag gegeben.
Die Bundesregierung wiederum hat, wie jetzt bekannt wurde, im Juni einen
von Aktivisten des Islamischen Staats (IS) vor einem Jahr verschleppten
Brandenburger „für eine substanzielle Gegenleistung“ befreien können. Auch
Israel „tauscht“ dann und wann Gefangene mit der Hamas, wobei auffällt,
dass immer nur sehr wenige Israelis gegen sehr viele Palästinenser
ausgetauscht werden. Das ist eben der Kurs.
Wer solche Zahlungen aus Staatsräson verurteilt, verkennt einen nicht
unwichtigen Aspekt. Wer erpresst, setzt noch nicht das Messer an. Der
verrät doch, dass es für ihn noch einen anderen Gott gibt neben Allah. Der
muss verhandeln und mit dem kann verhandelt werden. Auch wird hier der
Geisel immerhin einen Wert beigemessen, und sei er auch nur finanziell.
Die Forderung nach Lösegeld mag tückisch sein, siedelt aber noch diesseits
einer Barbarei, die schließlich auch nur im Auge des Betrachters liegt.
Caesar übrigens wurde seinerzeit für 50 Talente ausgelöst. Er stellte
umgehend eine kleine Privatflotte zusammen und nahm die Piraten gefangen,
um sie sogleich alle ans Kreuz zu nageln. Weil der Ehrenmann sie ja
persönlich kennengelernt hatte und sie nicht leiden sollten, ließ er ihnen
zuvor generös die Kehlen durchschneiden.
25 Aug 2014
## AUTOREN
Arno Frank
## TAGS
Geschäftsmodell
James Foley
Rote Armee Fraktion / RAF
Geiselnahme
DHL
Schwerpunkt Syrien
Steven Sotloff
James Foley
Katar
Schwerpunkt Syrien
Pakistan
Jemen
Mexiko
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