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# taz.de -- Die Wahrheit: Die Waffen der Tugend erschließen
> Beim nächsten Schuss aus Fehlern lernen. Wo Schulen scheitern, bieten
> Waffen erfrischend unkonventionelle Lösungen.
Der Mann sieht aus wie ein Soldat nach Feierabend, wie überhaupt immer mehr
Männer aussehen wie Soldaten nach Feierabend. Klamotten in Camouflage, die
soziale Signatur unserer Zeit. Es gibt nicht viele modische Statements, die
das Auge so sehr erfreuen wie Flecktarn. Nun gut, außer Dünnpfiff in
Unterhosen oder Erbrochenem auf Feinripp vielleicht.
Neben ihm hält ein neunjähriges Mädchen mit Pferdeschwanz etwas in der
Hand, das man zunächst nicht richtig erkennt, dann absurderweise fast für
eine Maschinenpistole halten könnte. Jetzt erklärt der Mann, die Pranke auf
dem Rücken des Kindes: „Okay, wir müssen das hier gedrückt halten, sonst
schießt die Kanone nicht. Stell dieses Bein nach vorne, so ist’s richtig,
genau so. Okay, gib mir einen Schuss.“
Dann macht es PATSCH und das Kind hat seinen ersten Schuss mit einer
vollautomatischen Maschinenpistole abgegeben. Eine Uzi ist das und, hey,
„weit verbreitet“, wie es nachher beschwichtigend heißen wird, also
ungefähr so weit verbreitet wie Messer, Gabel, Schere, Licht.
„Alriiiight!“, ermuntert der Soldat nach Feierabend und legt an der Uzi ein
Hebelchen um: „Okay, jetzt Vollautomatik.“ Das sind seine letzten Worte.
Das Bild blendet aus, der Ton läuft weiter, den Lehrer mäht es um, das Kind
brüllt.
Nun könnte man als sich zivilisiert wähnender, gleichwohl steindumme Videos
sich reinziehender Mensch bequem den inneren Antiamerikaner von der Leine
lassen und denken: Herrgott, muss das denn sein, da kleine Kinder mit
Knarren spielen zu lassen? Das wäre freilich falsch gedacht und
unterschlüge den pädagogischen Wert von Kriegsspielzeug.
Zugegeben, gerade schwächliche Kinder sind oft schon rein physisch vom
Gewicht und dem mächtigen Rückstoß einer weit verbreiteten Handfeuerwaffe
überfordert. Eben deshalb sollte, wer seine knuddeligen Sprösslinge
behutsam zu verantwortungsvollen Menschen erziehen will, ihnen eher
stationäre Waffen zur Verfügung stellen.
Transport und Einrichtung eines schweren Maschinengewehres etwa stellen
hohe Anforderungen an die Ausdauer und das Durchhaltevermögen der kleinen
Racker. Einmal installiert, bestreicht so eine Waffe solide und sicher den
anvisierten Bereich. Erst wenn sie das beherrschen, die Knirpse, sollten
sie im nächsten Schritt an Mörser und Haubitzen herangeführt werden. Hier
geht es vor allem um Konzentrationsfähigkeit und ballistisches
Einschätzungsvermögen. Geduld ist gefragt und das Talent, beim nächsten
Schuss aus Fehlern zu lernen: „Alriiiiight, jetzt zielen mal wir weiter
rechts auf die Hügelkette!“
Wie die jüngere Vergangenheit lehrt, kann man auch den sachgerechten Umgang
mit Flugabwehrraketen nicht früh genug erlernen. Teamwork in
spezialisierten Gruppen, Verantwortung übernehmen und gemeinsam an einem
Ziel arbeiten: Solche Tugenden werden Kindern im späteren Berufsleben sehr
von Nutzen sein. Wo Schulen scheitern, wird eine einzige Feindfahrt in
einem U-Boot mit nuklearen Sprengköpfen zum, äh, Kinderspiel.
29 Aug 2014
## AUTOREN
Arno Frank
## TAGS
Schusswaffen
Kinder
Militär
Schwerpunkt Rassismus
Fußball
Flughafen
Israel
Internet
Boko Haram
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