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# taz.de -- Kolumne Macht: Es geht nicht um Befindlichkeiten
> Bei einem Völkermord hat die Staatengemeinschaft nicht nur das Recht,
> sondern sogar die Pflicht zur Intervention. Sagt das Völkerrecht.
Bild: Berlin sollte handeln.
Geht das gleichzeitig: sich viel zu wichtig nehmen – und nicht wichtig
genug? Einfach ist das nicht, aber möglich. Die Bundesregierung beweist in
diesen Tagen, dass sie auch schwierige Aufgaben bewältigen kann. Sie kriegt
das hin.
Internationale bewaffnete Konflikte eignen sich hierzulande gut als
Projektionsfläche für die eigene Befindlichkeit und für eine Wertedebatte.
Übrigens nicht nur für die Politik, sondern auch für Stammtische und
Medien. Kriegstreiber versus naive Pazifisten, alle werfen sich gegenseitig
Herzlosigkeit und Zynismus vor. Schön vertraut.
Allerdings gilt der Mechanismus nur für neue und deshalb interessante
Kriege. Wenn Leute in Gegenden sterben, aus denen oft Grausamkeiten
gemeldet wurden, dann wendet sich das Publikum gelangweilt ab. In dieser
Hinsicht sind die Verbrechen der Terrorgruppe IS ideal, um eine alte
Diskussion zu beleben.
Den Opfern des sogenannten Kalifats wird die Kontroverse vermutlich wenig
nutzen. Waffenlieferungen an irakische Kurden können den Flächenbrand in
der Region nicht löschen. Leider ist es nicht einmal sicher, dass die sechs
Bundeswehrsoldaten, die jetzt in den Nordirak geschickt wurden, die
militärische Wende herbeiführen werden.
Wenn man der Bundesregierung nicht unterstellen möchte, durch Aktionismus
lediglich Tatenlosigkeit verschleiern zu wollen, dann zeugen alle
bisherigen Initiativen von Selbstüberschätzung. Was Deutschland im
Alleingang unternimmt, ist nämlich ziemlich egal. Berlin sollte sich nicht
so wichtig nehmen.
## Waffenlieferungen an irakische Kurden
Aber vielleicht doch wichtiger als bisher. Deutschland ist eine ziemlich
bedeutende Mittelmacht. Die deshalb durchaus Einfluss ausüben kann –
beziehungsweise: könnte. Auf Verbündete, beispielsweise.
Das Klima zwischen den Großmächten USA, Russland und China ist derzeit kühl
bis eisig. Dennoch konnten sich alle Mitglieder des UN-Sicherheitsrats auf
eine Verurteilung des IS einigen. Alle. Eigentlich ist das eine Sensation.
Und welche Konsequenzen wurden daraus gezogen? Keine.
Bei einem Völkermord hat die Staatengemeinschaft nicht nur das Recht,
sondern sogar die Pflicht zur Intervention. Sagt das Völkerrecht. Deren
Urheber nicht so blauäugig waren, wie heute gerne behauptet wird.
Der Völkermord in Ruanda ist 20 Jahre her. Die Selbstbezichtigungen, dass
man damals mehr hätte tun können und müssen, liegen gerade mal ein paar
Monate zurück. Konsequenzen? Wiederum: keine.
Selten – vielleicht nie – seit dem Zweiten Weltkrieg standen die Chancen so
gut, durch gemeinsames Vorgehen und im Einklang mit geltendem Recht einem
Völkermord Einhalt zu gebieten. Es bedürfte nur eines entsprechenden
UN-Mandats. Pech für die Opfer, dass daran wieder einmal kaum Interesse zu
bestehen scheint.
29 Aug 2014
## AUTOREN
Bettina Gaus
## TAGS
Irak
Weltsicherheitsrat
Flüchtlinge
USA
Nigeria
WM 2014
Krieg
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