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# taz.de -- ZDF-Doku-Serie „House of Love": Männern reicht ein 1:1
> Eine Filmreihe streift durchs Haus auf der Suche nach Rezepten für
> erfolgreiche Beziehungen. Und das ZDF erfüllt damit sogar seinen
> Programmauftrag.
Bild: Ernst ist lustig. Zumindest muss Erna lachen.
Der unterschätzten, schon einige Jahre alten HBO-Serie „Tell Me You Love
Me“ liegt die Idee zugrunde, das Wesen der Partnerschaft zu ergründen,
indem sechs Menschen unterschiedlichen Alters, drei Paare in verschiedenen
Phasen ihrer Beziehung parallel porträtiert werden. Eine Fiktion.
Dramaturgisches Bindeglied ist die von allen konsultierte Paartherapeutin.
Vielleicht hat die Serie die Macher der neuen vierteiligen dokumentarischen
ZDF-Reihe mit dem englischen Titel „House of Love“ inspiriert. Anstelle der
Therapeutin gibt es animierte Einspieler mit Off-Text: „Soziologen sagen …�…
Der Versuchsaufbau ist aber der gleiche: sechs Menschen unterschiedlichen
Alters, drei Paare – allerdings pro Folge. In vier (nur) halbstündigen
Folgen bekommt es der Zuschauer also mit zwölf Paaren zu tun. Wenig Zeit
und viele Leute.
Die vier Folgen setzten einen eher konventionellen Wohnungsgrundriss voraus
und stellen – beziehungsweise legen – je drei Paare in die Küche, ins Bad,
ins Schlafzimmer und ins Wohnzimmer: „die Orte einer Wohnung, die in jeder
Beziehung eine Rolle spielen“. Intim im engeren Sinn wird es aber nicht
etwa erst im Schlafzimmer und wird es dort keineswegs in erster Linie. Zum
Beispiel haben die beiden Österreicher Martin (52) und Peter (42) „beide
sehr gern Sex“. Probleme gibt es aber, wenn Peter vom Bett aus seine
ferngesteuerten Hubschrauber fliegen will:
Martin: „Das hat er mir verschwiegen bei der Hochzeit.“
Peter: „Ja. Und er glaubt irgendwie, dass das eine Art von Kinderpsychose
ist.“
Martin: „Ist mir egal. Aber ich will nicht, dass hier herumgespielt wird!“
## Schatten von Safran
Dass die Schlafzimmer-Folge (am 22. 9.) der – komische – Höhepunkt der
Reihe ist, hat wenig mit dem Ort und viel mit den Protagonisten zu tun.
Während Peter und Martin sich bei Kleidung wie Bettwäsche konsequent an die
österreichischen Nationalfarben halten, kommen Sigrid (60) und Günter (70)
nur Schattierungen von Safran ins Haus und ins Bett. Die beiden, beide
Paartherapeuten, sehen aus, als hätten sie sich in einem Aschram
kennengelernt. Sie reden auch so: Sigrid: „Also für mich ist sehr wichtig,
in unserem Schlafzimmer, dass möglichst wenig Reize da sind. Also kein
Fernseher, kein Radio, kein Telefon, Handy oder so was.“
Nächste Einstellung: Die Israelin Yasmin (33) und der Palästinenser Osama
(33), der für sie den Kosenamen „Hitler“ hat, liegen im Bett, dazwischen
ihre Tochter Leila – alle drei selig in ihre Laptops und Smartphones
vertieft. Der Schnitt von Regisseur Daniel Moshel – jede Folge hat einen
anderen Regisseur – zeigt: Es gibt offenbar verschiedene Wege zum
Beziehungsglück. Diese Einsicht konterkariert nicht nur Tolstois
Anna-Karenina-Prinzip („Alle glücklichen Familien gleichen einander …),
sondern auch die Soziologie-Einspieler, die sagen: „Entscheidend ist, dass
positive und negative Interaktionen im Verhältnis 5:1 stehen. (…) Männer
sind auch mit einem Verhältnis von 1:1 zufrieden.“ Die Zeichentrickbilder
sorgen für die gebotene Ironisierung der Erkenntnisse.
Die Soziologen sagen auch, „die Lust, den Partner mit Essen glücklich zu
machen, ist der Kitt, der uns in unserem Alltagsleben zusammenhält“. Der
erste Film geht deshalb in die Küchen und ist etwas sperriger als die
folgenden. Das liegt wiederum weniger an den Küchen als an den Paaren. Erna
(69) und Ernst (68) sind nun seit über 40 Jahren verheiratet, aber es
wundert Erna doch, wenn Ernst jetzt sagt: „Ich mag eigentlich lieber zwei
Käse statt fünf.“
Dennoch wird Ernst ebenso wenig vorgeführt wie alle anderen Porträtierten.
Und der Zuschauer muss sich nicht fremdschämen wie bei RTL II. Und das
öffentlich-rechtliche Fernsehen erfüllt tatsächlich einmal einen
wesentlichen Aspekt seines Programmauftrags: Aufklärung.
8 Sep 2014
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
Paare
Beziehung
Liebe
ZDF
Dokumentation
Serie
Landlust
Serie
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