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# taz.de -- Debatten im Bundestag: Schnarch
> Die Grünen im Bundestag wollen erreichen, dass die Fragestunde im Plenum
> interessant wird. Die anderen Fraktionen zeigen sich gesprächsbereit.
Bild: Mitarbeiter des Bundestags: ganz kurz eingenickt.
BERLIN taz | Am kommenden Mittwoch ist es wieder so weit. Im Bundestag
finden die Regierungsbefragung und die parlamentarische Fragestunde statt.
Es werden aller Voraussicht nach zweieinhalb Stunden gähnende Langeweile.
Die Regierungsbefragung mittwochs nach der Kabinettssitzung soll eigentlich
dazu dienen, dass Abgeordnete Auskunft über die besprochenen Vorhaben
erhalten. In der anschließenden Fragestunde darf jeder Abgeordnete pro
Sitzungswoche zwei Fragen an die Bundesregierung richten. Klingt gut.
Die Realität sieht folgendermaßen aus: Im Plenum lungern ein paar
versprengte Abgeordnete, auf der Regierungsbank haben die Staatssekretäre
Stellung bezogen und verlesen eine halbe Stunde lang, was ihre Ministerien
zu aktuellen Vorhaben zu sagen haben. Anschließend ruft die Präsidentin die
Fragen der Abgeordneten auf, die diese bereits Tage zuvor schriftlich
eingereicht hatten. Die Antworten lesen die StaatssekretärInnen ab: „Ich
beantworte Ihre Frage wie folgt …“
Die Rede ist dann von „nichttarifären Handelshemmnissen“, „offenen
Konsultationsprozessen“ und „Abwägungen der Aufwendungen“. Das Ganze ist
ein tristes Schauspiel, das die Reichstagsbesucher auf der Tribüne glauben
machen könnte, im Bundestag säßen einem Verwaltungskerker entsprungene
Sprechmaschinen. Selbst der Bundestagspräsident hat einmal in einem
Interview bekannt, er halte die Fragestunde in dieser Form für „politisch
sinnlos“.
## Merkel grillen
Seit Jahren wollen die jeweiligen Oppositionsparteien die Fragestunde
attraktiver machen. Jetzt haben die Grünen einen neuen Vorschlag gemacht.
In einem Brief an Bundestagspräsident Norbert Lammert und die anderen
Fraktionen schlagen sie vor, die unzähligen Reglementierungen zu
beseitigen. „Das auch nach außen hin gut sichtbare Zeitfenster“, schreibt
die Parlamentarische Geschäftsführerin Britta Haßelmann, „müssen wir als
Parlament gemeinsam besser nutzen, um das Verständnis für den politischen
Prozess und den öffentlichen Austausch von Argumenten zu fördern.“
Haßelmann verweist auf andere europäische Länder, wo die Fragestunde „eine
wesentlich höhere Wertschätzung“ erfahre. In Spanien, Frankreich und
Großbritannien etwa sei es selbstverständlich, dass sich die
Regierungschefs den Fragen der Abgeordneten stellen und Fragen persönlich
beantworten.
Der taz sagt Haßelmann: „Ein öffentliches Forum, in dem Abgeordnete und
Regierungsmitglieder in einen direkteren Austausch miteinander treten,
sollte eigentlich normal sein.“ Statt von Parlamentarischen
Staatssekretären Regierungsstatements verlesen zu lassen, sollten künftig
Kanzlerin und Minister Rede und Antwort stehen. „Das, was bei jeder
Bundespressekonferenz vor Journalisten möglich ist, muss doch auch
selbstverständlich für Parlamentarierinnen und Parlamentarier sein.“
Tatsächlich kommt die Bundeskanzlerin regelmäßig in die
Bundespressekonferenz und beantwortet alle auftretenden Fragen. Diese
Termine führen dort regelmäßig zur Überfüllung; das Interesse an
unmittelbaren Auskünften der Regierungschefin ist beim Publikum
ungebrochen.
## Die Opposition könnte die Regierung vorführen
Was sagen die anderen Fraktionen zum Grünen-Vorstoß? Bei der SPD rennt
Britta Haßelmann quasi offene Türen ein; die Sozialdemokraten hatten
bereits einen ähnlichen Vorschlag unterbreitet, als sie noch in der
Opposition waren. Eine Sprecherin der Union sagt der taz, man sei
gesprächsbereit und offen für Verbesserungen. Vor allem die Fragestunden
könnten effizienter gestaltet werden, sodass die tatsächliche
Informationsvermittlung ins Zentrum gerückt werde.
Petra Sitte, die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, begrüßt
„alle Vorschläge, den trockenen Fragerunden im Bundestag mehr Lebendigkeit,
Spontaneität und Direktheit zu vermitteln“. Man müsse aber noch klären,
wann sich die Bundeskanzlerin den Fragen stellen muss: in regelmäßigen
Abständen oder generell bei besonders herausragenden Themen. Die Grünen
hatten vorgeschlagen, immer vor den Sitzungen des Europäischen Rates Fragen
zu ermöglichen.
Die Linke, so Sitte, habe immer gefordert, dass auch eine Fraktion allein
bestimmte Regierungsmitglieder herbeirufen können soll. Und anders als die
Grünen fordert sie nicht nur eine „Mitbestimmung“ des Bundestags, sondern
dass die Themen im Wechsel zwischen Opposition und Regierungsfraktionen
festgelegt werden.
Für die kommende Woche haben sich die FraktionsgeschäftsführerInnen zum
Gespräch verabredet, um Gemeinsamkeiten herauszufinden. Im Fall einer
Einigung müsste die Geschäftsordnung geändert werden. Klar ist: Das größere
Interesse daran hat die Opposition. In echten Frage-und-Antwort-Situationen
hätte sie die Chance, die Regierung vorzuführen.
22 Sep 2014
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Bundestag
Schwerpunkt Angela Merkel
Opposition
Grüne
Große Koalition
oppositionsrechte
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