# taz.de -- Debatte US-Luftangriffe in Syrien: Hau drauf und dann? | |
> Die Strategie der Luftschläge bleibt zweifelhaft. Sie werden die | |
> Verhältnisse nicht grundlegend ändern und stützen sich auf zweifelhafte | |
> Verbündete. | |
Bild: Piloten der US-Airforce vor ihrem Start in einem Kampfflugzeug. | |
Es ist ein ungeschriebenes Gesetz: Bei jeder militärischen Planung muss | |
nach dem strategischen Ziel einer militärischen Aktion gefragt werden. Bei | |
den Luftschlägen in Syrien ist dieses Ziel nicht definiert. | |
Welches Ziel haben die Luftangriffe in Syrien? IS soll bekämpft werden. | |
Doch schlimmstenfalls könnte sich der IS auf eine Guerillataktik verlegen, | |
womit er noch schwerer zu bekämpfen wäre. Rein militärisch ist dem IS nicht | |
beizukommen. Soll also erreicht werden, dass weniger Flüchtlinge über die | |
Grenzen kommen? Ein zweifelhafter Versuch. Denn die Menschen fliehen nicht | |
nur vor den Dschihadisten des IS, sondern auch vor den Luftangriffen. | |
Will man dafür sorgen, dass keinen weiteren westlichen Journalisten und | |
Mitarbeitern von Hilfsorganisationen vor laufenden Kameras der Kopf | |
abgeschnitten wird? Wahrscheinlicher ist das Gegenteil: Die Brutalität wird | |
zunehmen. Soll verhindert werden, dass die internationalen | |
Dschihad-Touristen nach Syrien reisen und später in ihren Heimatländern | |
Unheil anrichten? Das lässt sich aus der Luft schwer verhindern. | |
Stattdessen dürften die Dschihad-Touristen durch die Angriffe weiter | |
radikalisiert werden und die Gefahr von Anschlägen steigen. Will man den | |
Menschen in der Region helfen? Da muss man sich die Frage gefallen lassen, | |
warum man den Krieg in Syrien jahrelang einfach hat laufen lassen. | |
Luftschläge können nur Teil einer größeren militärischen Strategie sein, | |
die am Ende auch Bodentruppen beinhaltet. Da im Moment [1][kein Land der | |
Welt bereit ist], Truppen in den syrischen Sumpf zu schicken, wird | |
verzweifelt nach „moderaten“ syrischen Rebellen gesucht, die man bewaffnen | |
kann. Nachdem man vier Jahre lang Mord und Totschlag in Syrien zugelassen | |
hat, ist dort naturgemäß nicht viel Moderates übriggeblieben. | |
[2][Die Rebellen sind zersplittert und fast allesamt ideologisch | |
islamisiert]. Denn ohne Hilfe von außen blieb den meisten nur der Glaube | |
und die Motivation, als Märtyrer im Paradies zu enden. Das Leben unter dem | |
täglichen Bombardement des Assad-Regimes hat dazu geführt, dass ein Teil | |
der verbliebenen Syrer den IS als Erlöser ansieht. | |
## Nach den Ursachen fragen | |
Jeder Versuch, den IS zu bekämpfen, wird scheitern, wenn man sich nicht | |
damit beschäftigt, wie diese Terrorgruppe entstanden ist. Und da landet man | |
schnell beim Assad-Regime und der großen Gefahr, dass man dem Diktator ein | |
nächstes Geschenk macht, indem man einen Teil der Opposition gegen ihn | |
wegbombt. | |
Man muss in Syrien nicht nur effektive Rebellen-Bodentruppen gegen den IS | |
aufbauen, sondern auch eine vernünftige politische Alternative zu Assad. | |
Denn die Syrer, die am Regime festhalten, tun das meist aus Angst vor dem, | |
was danach passieren könnte. | |
Und wo wir schon bei den Ursachen für die Entstehung des IS sind: | |
Sicherlich macht es Sinn, die [3][arabischen Staaten militärisch | |
einzubinden]. Und mit dem Einsatz jordanischer, saudischer und emiratischer | |
Luftwaffen beugt Obama dem Vorwurf vor, dass es sich wieder um einen | |
Kreuzzug des Westens handele. | |
Das Problem dabei ist, dass er auch den Bock zum Gärtner macht. Denn die | |
undemokratischen arabischen Regime, gerade die Golfstaaten mit ihrem | |
erzreaktionären Islamverständnis, haben einen guten Teil an der Entstehung | |
des IS beigetragen. Insofern sind sie weniger Teil einer kurzfristigen | |
militärischen Lösung als vielmehr langfristig ein Teil des Problems. | |
Hier kämpft der Westen mit den altbekannten Mitteln militärischer Macht, | |
mit denen er es bislang noch nie geschafft hat, die Kräfteverhältnisse in | |
seinem Sinne zu verändern, gemeinsam mit überkommenen undemokratischen | |
arabischen Königen und Emiren gegen reaktionäre Dschihadisten, die das Rad | |
der Geschichte mit aller Macht bis in die Zeiten des Propheten Mohammed | |
zurückdrehen wollen. Irgendwie stinkt das Ganze vom Kopf her. Wie ein | |
alter, vergammelter Fisch. | |
27 Sep 2014 | |
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## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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