# taz.de -- 20 Jahre Zirkus Cabuwazi: Der Traum vom Auftritt in der Manege | |
> Seit 20 Jahren lernen junge Menschen im Cabuwazi waghalsige Akrobatik und | |
> lustige Kunststücke. Am Sonntag wird gefeiert. | |
Bild: Lang ist's her: Der Comedian Ingo Oschmann übt 2008 mit Kindern des Zirk… | |
Eins, zwei, drei. Sandro taxiert das Seil, nimmt zwei Schritte Anlauf und | |
springt dann mehrere Flickflacks im Rhythmus des Seils, das von zwei | |
Mädchen geschlagen wird. Er springt sie so leicht und elegant, als würde er | |
nie etwas anderes machen. Der 18-Jährige ist seit zehn Jahren beim | |
Kinderzirkus Cabuwazi dabei, keiner springt so viele Flickflacks wie er. | |
Über ein Schulprojekt ist er damals zu Cabuwazi gekommen. „Es macht | |
Riesenspaß, mit Menschen ein Programm zu entwickeln“, sagt Sandro. „Auch | |
das Schauspielern finde ich toll: Ich kann mir jetzt viel besser Sachen | |
merken.“ Um beim Kinderzirkus mitzumachen, fährt Sandro zweimal pro Woche | |
aus Teltow, wo er mit seinem Vater hingezogen ist, eineinhalb Stunden nach | |
Marzahn. Er wollte das nicht aufgeben. | |
An diesem Sonntag feiert der Kinderzirkus Cabuwazi sein 20-jähriges | |
Jubiläum. Jeder der fünf Standorte hat dafür eine kleine Showeinlage | |
geplant, die er auf einem Fest in der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg zum | |
Besten geben wird. In Marzahn sind es bis auf Sandro nur Mädchen, die | |
mitmachen – und der zehnjährige Eduard. Er hat eine Sonderrolle: Alle | |
anderen werden am Sonntag schwarz-weiße Kostüme tragen, er etwas Buntes. | |
Während Eduard geschickt Bälle und Ringe durch die Luft wirbelt, ruft | |
Trainer Harald Lindner ein paar Mädchen am Rand zu: „Beeilt euch, ihr seid | |
gleich dranne.“ Die Mädchen heben kichernd ihre Einräder auf. Lindner hat | |
den Kinderzirkus in Marzahn 1992 gegründet und fünf Jahre später dem | |
Cabuwazi angeschlossen. Leiter ist er schon lange nicht mehr, aber er kommt | |
noch viermal die Woche, um beim Trainieren zu helfen. | |
Die Mädchen fahren in hohem Tempo auf ihren Einrädern zu schnellen Beats in | |
einem immer enger werdenden Kreis umeinander herum. Währenddessen zieht | |
Trainer Lindner ein Treppchen auf die Bühne, und die Mädchen hüpfen mit | |
ihren Einrädern Stufe für Stufe hinauf. Oben auf dem kleinen Podest | |
springen sie dann Seil. | |
## Eigentlich ein Angebot für arme Kinder | |
Eigentlich ist der Cabuwazi ein Freizeitangebot für Kinder, deren Eltern es | |
sich nicht leisten können, sie an teuren Musikschulen oder im Sportverein | |
anzumelden. Hier kostet der Sportunterricht nichts. Der Bezirk zahlt dem | |
Cabuwazi einen Betrag, aber der reiche noch nicht mal, um die | |
Personalkosten zu decken, so Trainer Lindner. Man sei auf Sponsoren | |
angewiesen. | |
Zumindest am Standort Marzahn kommen die meisten Kinder nicht aus sozial | |
schwachen Familien und nicht aus solchen, in denen die Eltern sich nicht | |
dafür interessieren, was ihre Kinder machen. „Die Eltern sind schon | |
dahinterher, dass ihre Kinder etwas Sportliches machen“, sagt Bernd | |
Fettback, pädagogischer Leiter vom Cabuwazi in Marzahn. Aber es gebe eben | |
auch Fälle, in denen Kinder im Cabuwazi eine Art neue Heimat und durch | |
Bühnenpräsenz Selbstvertrauen gefunden haben. | |
Vor 20 Jahren sollen ein paar Kinder mit ihren Einrädern in einem | |
Kreuzberger Hinterhof die Idee für einen Kinderzirkus entwickelt haben. Sie | |
haben sich den Zirkus chaotisch, bunt und als Wanderzirkus vorgestellt. Aus | |
den vorderen Silben dieser Attribute entstand der Name Cabuwazi und auch | |
die Institution, die mittlerweile mehrere zehntausend Kinder auf ihrem Weg | |
zum Erwachsenwerden begleitet hat. Allein in Marzahn kommen derzeit rund | |
120 Kinder in der Woche. Vormittags organisieren die Zirkustrainer | |
Schulprojekte. Durch dieses Angebot werden die Kinder auf den Zirkus | |
aufmerksam gemacht. Einige von ihnen kommen wieder, so wie | |
Flickflack-Akrobat Sandro. | |
Nachdem die Akrobaten den Ablauf in Marzahn einmal geübt haben, fehlt der | |
Vorführung noch der Schluss. Der kleine Eduard soll mit einem lauten Hupen | |
die Mädchenkette auseinanderbringen. Er steht auf einer großen Kiste, muss | |
aber immer wieder lachen. Schließlich richtet er sich auf und ruft laut | |
„Huuphuuuup“: Beleidigt drehen sich die anderen um und machen ihm Platz. Er | |
schiebt eine große Holzkiste auf Rädern nach vorn, aus der er vorher schon | |
sein Jongliermaterial geholt hat. Am Tag der Aufführung soll unter dem | |
Deckel ein Schild stehen, mit der Aufschrift: 20 Jahre Cabuwazi. | |
10 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Anna Bordel | |
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