Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Zumutung: Ein Beutelchen am Wegesrand
> Im Wald und auf der Heide: warme Haufen, geruchssicher verpackt in
> Plastiktüten als Installation im öffentlichen Raum.
Bild: Die Kacke zwar verpacken – aber dann noch in Plastiktüten. Gilt es di…
An diesem Wochenende hab ich es wieder gesehen. Das war im Wald. Erst lief
der Hund ins Bild, ein Golden Retriever, dann sein Besitzer. Und als die
beiden hinter der nächsten Wegbiegung verschwunden waren, sah ich sie: ihre
Hundekacketüte.
Fein säuberlich oben zugeknotet lag das dunkle Beutelchen am Wegesrand. Der
Inhalt: Exkremente eines ausgewachsenen Fleischverdauers, geruchssicher
verpackt in einer Plastiktüte, anheimgegeben Mutter Natur, auf dass sie –
vielleicht aber auch die örtliche Forstverwaltung – die Scheiße beseitigen
möge.
Schon wahr, es ist vieles besser geworden in den zurückliegenden Jahren.
Die Zeit der massenhaften Tretminen darf als im Großen und Ganzen beendet
betrachtet werden. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal mit leichtem
Rutschen der Sohlen und einem leise gefluchten „Oh neeein!“ in Hundekacke
getreten bin. Erfreulich also, dass sich Hundebesitzer unter dem Druck der
Ordnungsämter besonnen haben und den Dreck wegmachen, den ihre vierbeinigen
Begleiter nun mal machen müssen.
Relativ neu ist jedoch das geradezu obsessive Verpacken der Ausscheidungen
in Plastiktüten. Geradezu blödsinnig ist dies meiner Ansicht im Wald und
auf der Heide, wo Hundekacke eine Art natürlichen Dünger darstellt. Die
Wildschweine, Füchse und Hasen lassen da ja auch alles rumliegen. Absolut
schwachsinnig finde ich jenes oben beschriebene Gebaren: die Kacke zwar zu
verpacken, dann aber daraus eine Installation im öffentlichen Raum zu
errichten. Und das auch noch in Plastiktüten. Gilt es die nicht zu
vermeiden?
76 solcher Tüten verbraucht jeder Bundesbürger pro Jahr. Zugegeben, Peanuts
gegen den Durchschnittseuropäer, bei dem sind es 198. Aber Plastiktüten
sind schlimm, ganz schlimm. Nachdem in Deutschland bereits der Zucker, das
Nikotin und der Alkohol geächtet wurden, sind jetzt die Tüten dran. Bei
irgendwas muss man sich schließlich schuldig fühlen.
Vor ein paar Wochen fand deshalb in der Hauptstadt – dieser bei genauerem
Hinsehen unfassbar dreckigen Metropole – ein Schuld-und-Sühne-Event namens
„Berlin tüt was“ statt. Tüt was – Wortwitz! Es war also auch eine
Veranstaltung mit ökologischem Augenzwinkern.
Eifrige Berlinerinnen und Berliner knoteten an diesem Tag mehr als 30.000
Plastiktüten zusammen und bildeten aus den so entstandenen 9 Kilometern ein
… na? Ein Ausrufezeichen natürlich. Das „Du, du!“ der Deutschen. Auf Fot…
von dieser Aktion, die selbstredend ein Weltrekord war und nun Platz im
Guinnessbuch der Rekorde finden soll, sind jede Menge Schulkinder zu sehen.
Zweierlei kann ich mir sehr gut vorstellen. Erstens: wie zuvor die
übermotivierten Kinder im Supermarkt an der Ecke ein paar Rollen
Gemüsetüten haben mitgehen lassen. Zweitens: wie die Mitarbeiter bei
Guinness World Records in London die Berliner Bewerbungsunterlagen sichten,
die Stirn runzeln und leise fluchen: „Crazy Krauts“. Gerade sind für den
Guiness-Rekord 1.600 gewienerte Oldtimer durch die versmogte Mexiko-Stadt
gerollt. Das hatte Stil.
14 Oct 2014
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Hunde
Plastiktüten
Ökologie
Spießer
Ausbildung
Bäume
Kinder
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne Zumutung: Sagt Herr Spießer zu Frau Spießer
Wenn es um Flüchtlinge geht, muss man manchmal barsch solidarisch sein. Bis
einem ein Supermarktbesuch die ganzen braven Vorurteile pulverisiert.
Kolumne Zumutung: Fickt euch!
Dass eine Ausbildung zum Hotelfachmann/-frau glücklich machen kann, können
Akademikerkinder kaum glauben. Ihre Eltern auch.
Kolumne Zumutung: Pflanz dein verdammtes Bäumchen
Omnipräsent, sehr laut und übermotiviert: Dieser Felix Finkbeiner kann
einem aber auch auf die Nerven gehen!
Kolumne Zumutung: Wer rettet Maja?
Küsschen, Mama! Satt und sauber ist das Kind der neuen Laubennachbarn. Aber
sonst ist alles schrecklich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.