| # taz.de -- Anti-Nazi-Proteste in Dresden: Nächste Runde im Prozesstheater | |
| > In Dresden beginnt ein neuer Wettkampf vor Gericht. Es geht um Blockaden, | |
| > Fahnen und eine spannende Frage: Hat Sachsens Justiz dazugelernt? | |
| Bild: Protest am 19. Februar 2011 in der sächsischen Landeshauptstadt. | |
| BERLIN taz | Markus Tervooren gehört nun auch dazu. Der 51-Jährige ist | |
| Geschäftsführer der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes | |
| (VVN-BdA) und hat viel zu tun. Für die Vereinszeitung Unser Blatt muss das | |
| Vorwort geschrieben werden, und die traditionelle Gedenkdemonstration am 9. | |
| November in Berlin-Moabit steht an. | |
| Doch heute kommt anderes auf ihn zu: Mit einem Prozess vor dem Dresdner | |
| Amtsgericht gegen ihn beginnt eine neue Phase aufsehenerregender Prozesse, | |
| die in den kommenden Wochen wieder alte Fragen aufwerfen: Wer trägt die | |
| Schuld an den Randalen in Dresden vom Februar 2011? Und: Ist Sachsens | |
| Justiz zu fairen Verfahren in der Lage? | |
| Die Dresdner Staatsanwaltschaft wirft Tervooren vor, bei Protesten gegen | |
| Neonazis am 19. Februar 2011 in Dresden als Rädelsführer aufgetreten zu | |
| sein, und macht ihn für schweren Landfriedensbruch verantwortlich. An | |
| diesem Tag hatten Tausende Menschen in Dresden gegen Neonazis demonstriert, | |
| teils kam es dabei zu Straßenblockaden und Auseinandersetzungen. Mit der | |
| blau-weißen Fahne seines Verbands soll Tervooren dabei Demonstranten | |
| aufgewiegelt haben, behauptet die Staatsanwaltschaft. Tervooren dagegen | |
| sagt, er sei schlicht mit seiner Fahne auf einer Demo gewesen. | |
| Der Widerspruch reizt, weil die Staatsanwaltschaft auf eine Reihe | |
| spektakulärer Misserfolge in ihrem inzwischen bundesweit berüchtigten Kampf | |
| gegen vor allem linke Demonstranten zurückblickt. Zuletzt musste die | |
| Staatsanwaltschaft mehrere prominente Verfahren einstellen, die sie | |
| jahrelang bei fragwürdiger Sachlage gegen eine angeblich existierende | |
| kriminelle Vereinigung linker Aktivisten führte. Im Schatten dieser | |
| Ermittlungen hatten die Behörden teils gesetzeswidrig die | |
| Handyverbindungsdaten Tausender Demonstranten erhoben und unter anderem | |
| Anwaltsbüros gestürmt. | |
| In einem weiteren Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft ebenfalls für | |
| Aufsehen gesorgt: [1][als es um den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König | |
| ging]. Der viel beachtete Prozess gegen ihn war im Juli 2013 wegen | |
| haarsträubender Beweisführung geplatzt. Als nach sechs Verhandlungstagen | |
| weitere 200 Stunden polizeilichen Videomaterials auftauchten, das klar | |
| entlastende Szenen enthielt, beendete der Richter den Prozess. Der wird | |
| nun, ab dem 10. November, neu aufgerollt. Trotz massenhaft neuen Materials | |
| hält die Staatsanwaltschaft dabei unverändert an ihrer Anklageschrift fest. | |
| Am 8. Dezember beginnt dann auch das Berufungsverfahren von Tim H. vor dem | |
| Landgericht. [2][Der linke Aktivist aus Berlin war vom Dresdner Amtsgericht | |
| zu 22 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden] – weil auch | |
| er für den Verlauf der Blockaden verantwortlich gemacht wurde. Freunde | |
| vielseitiger Gerichtsgeschichten dürfen sich also freuen: In Sachsen | |
| beginnt die nächste Runde. | |
| 15 Oct 2014 | |
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| ## AUTOREN | |
| Martin Kaul | |
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