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# taz.de -- Prozess Nazi-Proteste in Dresden: Bewährung für Steinewerfer
> Während der Demo gegen den Nazi-Aufmarsch in Dresden im Februar warf
> Maximilian W. Steine Richtung Polizei. Nun hat er eine Bewährungsstrafe
> bekommen.
Bild: Nicht immer gut aufeinander zu sprechen: Polizei und Demonstranten in Dre…
DRESDEN taz | Im ersten Strafverfahren gegen einen Steinewerfer der
Anti-Nazi-Proteste vom 19. Februar 2011 in Dresden ist der 19-jährige
Angeklagte Maximilian W. zu einer Jugendstrafe von acht Monaten auf zwei
Jahre Bewährung verurteilt worden. Das Jugendschöffengericht am Amtsgericht
folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Es verfügte außerdem die
Ableistung gemeinnütziger Arbeitsstunden. Die Verurteilung erfolgte wegen
schweren Landfriedensbruchs, der Vorwurf der versuchten gefährlichen
Körperverletzung wurde fallen gelassen.
In der Hauptverhandlung räumte der Angeklagte ein, in der Dresdner
Südvorstadt zwei bröckelige Putzsteine auf einen Geldautomaten und danach
in Richtung einer weiter entfernt stehenden Polizistengruppe geworfen zu
haben. Die Steine hatten er und sein Bruder sich bereits einige Zeit vorher
in die Tasche gesteckt, was das Gericht als erschwerend wertete. W. räumte
auch ein, einen Gitterzaun auf eine Straße gezogen zu haben. Sein Bruder,
der am Tag der Naziproteste auch wegen Steinewerfens festgenommen worden
war, hatte ihn bei der Polizei angeschwärzt.
In der Verhandlung kamen die schwierige Kindheit und auch fünf Vorstrafen
des Angeklagten zur Sprache. Positiv wertete das Gericht, dass sich W. vom
Alkohol gelöst und seinen Hauptschulabschluss nachgeholt habe – man könne
eine günstige Sozialprognose stellen. Als gefühlter, aber nirgendwo
organisierter Linker nahm W. schon mehrfach friedlich an Protesten gegen
Nazi-Aufmärsche teil. Deshalb fuhr er auch am 19.Februar aus der Stadt
Döbeln mit Freundin und Bruder nach Dresden. „Wir wollten es uns nicht
antun, dass solche Menschen frei durch Dresden laufen dürfen“, begründete
er die Reise.
W. betonte aber seine ursprüngliche Absicht, erneut friedlich zu
demonstrieren. Orientierungslos habe man sich von einer größeren Gruppe
Linksautonomer mitziehen lassen, die schließlich Gewaltbereitschaft gezeigt
habe. In ihm persönlich seien Aggressionen gewachsen, als er beobachtete,
wie ein Polizist eine Frau mit Kind umriss. Beweise für gezielte Würfe des
Angeklagten gibt es jedoch nicht.
In der Urteilsbegründung ließ Richter Markus Vogel Sympathie für das
ursprüngliche Anliegen erkennen, gegen die Nazis zu demonstrieren. Die Art
und Weise aber sei „völlig falsch“ gewesen. „So machen sie das
Demonstrationsrecht kaputt“, redete Vogel dem Verurteilten ins Gewissen.
Gewalt zum Dresden-Gedenken müsse aufhören. Maximilian W. nahm das Urteil
noch im Gerichtssaal an.
Während seiner Vernehmung hatte er ungewollt den Jenaer Jugendpfarrer
Lothar König belastet, der mit seinem legendären Lautsprecherwagen
ebenfalls am 19. Februar 2011 in der Dresdner Südvorstadt unterwegs war.
Der Lautsprecher hätte „die ganze Zeit gegen die Polizei gehetzt“, dazu
aufgefordert, sich nicht zurückdrängen zu lassen und sich schützend um den
Wagen zu scharen. W.´s Bruder konnte den VW-Bus zunächst als Fluchtfahrzeug
nutzen, bevor dieser durch eine Barrikade gebremst wurde und die Polizei
zugreifen konnte.
7 Dec 2011
## AUTOREN
Michael Bartsch
## TAGS
Dresden
Schwerpunkt Überwachung
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